Das Bernabeu Stadion: Ende der Tragödie
MADRID - Das Estadio Santiago Bernabeu ist ein grauer Klotz, dessen Inneres einem Luxushotel gleicht.Für deutsche Mannschaften war hier selten etwas zu holen – der FC Bayern will dies nun ändern.
Das Bernabeu putzt sich raus. Gut, um aus dem betongrauen Klotz im Norden von Spaniens Hauptstadt ein architektonisches Schmuckstück zu machen, bräuchte es in etwa so viel Zeit wie die Ewig-Baustelle der Sagrada Familia in Barcelona fertig zu stellen. Aber wenn Europas beste Fußballmannschaften kommen, um am Samstagabend an der Avenida Concha Espina 1 ihren Champion zu küren, dann kann man sich schon mal ein bisschen Mühe geben.
Tennisplatzgroße Plakate umhüllen die mächtigen Eckpfeiler des Estadio Santiago Bernabeu, „Final Madrid 2010“ steht darauf. Doch es ist nicht das heimische Team des Real Madrid Club de Fútbol, das hier um den wichtigsten Pokal des europäischen Vereinsfußballs streitet. Nur einmal konnten die Königlichen den Pokal in der eigenen Arena gewinnen: 1957, mit einem 2:0 gegen Florenz, vor der Rekordkulisse von 124000 Zuschauern. Diesmal heißt der Sieger entweder Inter Mailand oder FC Bayern. Und so prangen nun mehrere Wappen der beiden Klubs direkt unter dem Namensschriftzug des Stadions.
Für deutsche Teams war es bislang eher selten eine Stätte des Triumphs. Die Bilanz des FC Bayern gegen Real Madrid im Bernabeu: sechs Niederlagen, zwei Siege, ein Unentschieden. Meist ging es hoch her: 1976 sprang ein Fan über den Zaun und griff den Schiedsrichter an – Sepp Maier klärte die Situation mit beherztem Zugriff. Zehn Jahre später sah Klaus Augenthaler früh die rote Karte; Steine, Batterien und Eisenstangen flogen Torwart Jean-Marie Pfaff um die Ohren. Ein schlechtes Bild gab Mark van Bommel vor drei Jahren ab, als sich der Ex-Barca-Profi beim Erzfeind einen reichlich provokativen Torjubel nicht verkneifen konnte. Für die Deutschen endeten viele Spiele in Barnebeu mit einere Tragödie, die Bayern wollen das jetzt ändern.
Die deutsche Nationalmannschaft erlebte 1982 ein bitteres 1:3 im WM-Finale gegen Italien; Karl-Heinz Rummenigge musste beim Stand von 0:2 in der 70. Minute Hansi Müller Platz machen. Zwei Jahre zuvor verpasste der HSV mit Kargus, Keegan und Felix Magath den Europapokal der Landesmeister durch ein 0:1 gegen Nottingham Forest. Noch schlimmer erwischte es 1986 die Kölner: 1:5 ging der FC im Uefa-Cup-Finale gegen Camacho, Butragueno & Co. unter; da nutzte auch das 2:0 im Rückspiel nichts mehr.
Ein Video-Zusammenschnitt des Hinspiels flimmert heute auf einer Leinwand im Trophäensaal des Stadions. Bis Montag fällt die beliebte Stadion-Tour jedoch aus. 15 Euro kostet der Spaß, ist aber jeden Cent wert. Zunächst geht es per Aufzug in den Oberrang, der einen sensationellen Blick bietet. Zwei Stockwerke unter der gigantischen Trophäensammlung liegen die Umkleidekabinen des Stadions. Schon Ferenc Puskas und Alfredo di Stefano haben sich hier den Heldenschweiß abgeduscht. Allerdings gab es damals noch nicht diese schicken blau-weißen Fliesen, die azurblauen Massagebänke und auch nicht die edelstählerne Spielertoilette, deren Gediegenheit eher zu einem Luxushotel passt.
Von da aus geht es einmal links rum, dann rechts, zwölf Stufen hinunter, genau so viele wieder hinauf: Dort wartet dann der Gegner und 80 000 Zuschauer auf den Rängen. Sotero Aranguren und Alberto Machimbarena weisen den Weg zum Spielfeld. Die beinahe mannshohen Bronze-Statuen zweier Fußball-Heroen, die zur Zeit des Ersten Weltkrieges Reals Ruhm mehrten, stehen am Fuß der Treppe. Als Mahnmal, das die Stars von heute lehren soll: Wer hier Großes leistet, macht sich unvergesslich.
Das gelang allerdings auch einem schnöden Stück Aluminium: Vor dem Halbfinale zwischen Real und Borussia Dortmund fiel 1998 ein Tor um - am 1. April.
P. Strasser, T. Becker