Das Bayern-Personal: Am Limit

Schön und gut, dass bei Bayern so viele Talente wie Badstuber, Alaba & Co. zum Zug kommen. Gefährlich aber, dass es (wie beim zähen 2:1 gegen den SC Freiburg zu sehen) kaum Alternativen gibt – und das vor der härtesten Phase dieser Saison
MÜNCHEN Es wird kein allzu wildes Fest geworden sein. Erstens, weil Holger Badstuber nicht der Typ für exzessive Parties ist. Und zweitens wird das Geburtstagskind nach getaner Arbeit gegen den bis zum Schluss aufmüpfigen SC Freiburg am Abend auch rechtschaffen müde gewesen sein. Badstuber ist am Samstag 21 geworden – und damit Alterspräsident in der Jugendgarde des FC Bayern.
Thomas Müller wird im Herbst 21, David Alaba ist noch bis Juni 17, und Diego Contento und Mehmet Ekici zählen gerade mal 19 Lenze. Wohl noch nie durfte beim deutschen Rekordmeister so viel Jungvolk an den Ball wie unter Louis van Gaal. Der Applaus ist dem Coach sicher, und dennoch schwebt eine gewisse Unsicherheit über dem Projekt „Jugend forscht“.
Bei der Partie gegen Freiburg saßen außer den Ausrangierten Michael Rensing, Andreas Görlitz und Anatoli Timoschtschuk noch die Jungspunde Contento und Ekici auf der Bank. Sonst niemand. Martin Demichelis und Mario Gomez fehlten verletzt, Bastian Schweinsteiger saß eine Gelbsperre ab. Nach dem Winterschlussverkauf (Luca Toni, Ottl, Breno, Sosa, Braafheid) ist der Kader des FC Bayern auf offiziell 22 Profis geschrumpft – nicht allzu viel, so kurz vor den entscheidenden Wochen der Saison.
Sportdirektor Christian Nerlinger, gewöhnlich ein eher vorsichtiger Formulierer sagte dramatisch: „Bald beginnen die Wochen der Wahrheit. Da muss die Mannschaft Unglaubliches leisten.“ Kapitän Mark van Bommel weiß auch, dass es nun allmählich ernst wird: „Hier ist etwas zusammengewachsen, und wir haben noch einiges vor.“
So baut man Druck auf.
Dabei haben gerade die Jungen im Team schon jetzt Unglaubliches geleistet. In ihrer ersten Profisaison haben Müller und Badstuber ein derartig gewaltiges Pensum absolviert, dass einem fast bange sein kann um die beiden. Müller stand seit August in 37 von 38 Bayern-Spielen auf dem Platz, Badstuber bei 36 Partien. Nur Philipp Lahm (26) absolvierte sämtliche Spiele. Hinzu kamen bei Müller und Badstuber noch mehrere Begegnungen mit der U 21 und bei Müller das Länderspiel gegen Argentinien – sowie die Aussicht auf einen Sommer ohne Urlaub, falls es noch mit der WM-Nominierung klappt.
Gerade Müller ist ein Typ, der auf dem Platz immense Strecken zurück legt, rackert wie kaum ein anderer und seinem schmalen Körper viel abverlangt. Und es kommt noch einiges auf ihn zu: mindestens elf Spiele in den kommenden acht Wochen, im günstigsten Fall sogar 15. Pausen sind nicht in Sicht: Nachrücker wie Pranjic oder Timoschtschuk wecken nicht nur beim Publikum Unmut. Sie sind keine Alternativen für die Jungen.
Kommenden Samstag warten die Frankfurter, danach drei englische Wochen. Montag und Dienstag ist trainingsfrei, aber auch an diesen Tagen ist immer ein Assistent da, falls doch einer traineren will. „Manche Spieler wollen das, damit sie ihren Rhythmus nicht verlieren“, erklärt Louis van Gaal. Sein unbedingter Jugendkurs erspart dem Verein so manche Transferausgabe, was die Festgeldabteilung natürlich freut. Aber riskant ist dieses Spiel am Limit allemal.
Thomas Becker