Das 1:1 des FC Bayern München gegen Hoffenheim in der AZ-Analyse

München - Natürlich war nicht alles Müll – auch wenn die gute Tat zu Wortspielen verleitete. Schließlich hatten die Bayern schon vor dem Anpfiff gegen die TSG 1899 Hoffenheim gewonnen. Weil sie Müll am Körper trugen. Die weinroten Trikots bestanden zu 100 Prozent aus recycelten Plastikabfällen der Ozean.
Die Bayern versuchten, ihre Form der letzten Wochen mit fünf Siegen in fünf Spielen zu recyclen. Klappte nicht. Das dritte Remis der Bundesliga-Saison im zehnten Spiel war anders als die vorherigen.
Das gegen Köln Anfang Oktober (1:1) war ein Unfall, das 2:2 bei Eintracht Frankfurt Mitte Oktober eine Frage der Einstellung, worauf ein Weckruf des Vorstandsbosses Karl-Heinz Rummenigge folgte.
Dieses 1:1 gegen Hoffenheim habe seine Ursache nicht in mangelnder Haltung, meinte Ancelotti, "das war eine ganz andere Mannschaft als in Frankfurt".
Und ein ganz anderer Fußball als in den letzten Jahren. Was hat dazu geführt, dass die Bayern wie am Samstag in Halbzeit eins größtenteils ideenlos und lätschern agierten?
Natürlicher Spannungsabfall
Natürlich war früher, unter Pep Guardiola, bei weitem nicht alles gut. Der Superintensiv-Fußball, den der Spanier tagtäglich lehrte, hatte auch seine Kehrseiten. Und bedingte womöglich den derzeitigen Spannungsabfall. Kein Schüler kann immer nur lernen, lernen, lernen – jede Prüfung unter Vollstress schreiben.
Die Stimmen zum 1:1 gegen Hoffenheim
Lässt der neue Lehrer ein paar Freiheiten, wissen das die befreiten Schüler sofort zu nutzen. Ergo: Die Ära des Passmaschinen-Dominanz-Fußballs ist vorbei.
Die Gegner haben gelernt
Vor allem dank schlauer Trainer wie Julian Nagelsmann.
"Wenn 200 Teams in München antreten und dabei nur verteidigen, gehen 198 als Verlierer vom Platz", sagte der Coach, "wir haben versucht, von Beginn an hoch zu pressen und den Ball in den eigenen Reihen zu halten. Denn wir wissen, dass Bayern mit Ball die gefährlichste Mannschaft Europas ist."
Termin für Ribéry-Comeback steht
Ein Lob in dem der Code steckt, den Tabellenführer zu knacken. "Wenn du den Ball hast, dann kann der Gegner kein Tor machen." Sagt Nagelsmann. Sagte Pep.
Weiße Fahne? Spiel abschenken und Spieler schonen oder vorher Sperren einhandeln, wenn es zu Bayern geht – ist nicht mehr.
Bayern zu starr, zu unflexibel
Trainer Ancelotti sah nicht, dass Alonso von den Hoffenheimer als Schwachstelle ausgemacht und attackiert wurde. Das hohe Pressing schmeckt ihm nicht, so kam er nicht zum Spielaufbau. Der Italiener stellte nicht auf Dreierkette um, Bayern gelang es nicht, Überzahl für schnelle Passkombinationen zu schaffen (eine Stärke unter Pep).
Guardiola versuchte verbissen, jedes Spiel bedingungslos zum Sieg zu coachen. Dass er dabei Positionen und Systeme laufend änderte, nervte die Spieler gegen Ende seiner Ära. Es war jedoch die hohe Kunst.
Ancelottis Hauruck-Fußball der letzten Minuten führte zu zwei Pfostentreffern von Hummels und Müller. Pech – ja. Aber die totale spielerische Dominanz ist dahin.
Das viele Rotieren
Warum musste der aus der Nationalelf zurückgetretene Philipp Lahm vor der Länderspielpause geschont werden, warum junge Kräfte wie Alaba und Kimmich?
Dass Ancelotti die Spieler aus der zweiten Reihe (Bernat, Rafinha) belohnen und bei Laune halten will, ist schön und gut, aber die A-Mannschaft muss in wichtigen Partien die Punkte holen.