Darum verließen die Bayern-Fans den Block
Der Fan-Aufreger beim Spiel 1. FC Nürnberg gegen den FC Bayern München: Die Nürnberg-Fans zeigen eine geklaute Fahne, Bayern-Fans sind außer sich und verlassen darauf hin das Stadion. Die AZ erklärt, um was es dabei geht.
München - Fan-Zoff beim Derby zwischen dem 1. FC Nürnberg und dem FC Bayern München: Kurz vor Schluss präsentieren die Ultras des Clubs eine vor über zwei Jahren den Bayern-Fans geklaute rund 25 Meter lange Zaunfahne "Südkurve - Herz und Seele unseres Vereins", reißen sie vor den Augen der fassungslosen Bayern-Fans in Stücke.
Für den harten Kern der Bayern-Fans fühlte sich der 2:0-Sieg beim Erzrivalen so wie eine Niederlage an; als die geklaute Fahne im Club-Block präsentiert wurde, stiegen die Vorsänger der Ultras der "Schickeria" von ihrem Podest, stellten den Support ein und nahmen die "Schickeria"-Zaunfahne ab. Einige Fans verließen sogar noch vor Spielende den Block.
Warum? Weil es so Sitte ist bei den Ultras, deren Verhalten von gewissen Regeln, einem Kodex geprägt ist - auch wenn der in vielen Fällen variiert.
Das Klauen von Zaunfahnen: Es gehört zur Sitte der Ultras. Jede Ultra-Gruppierung hat ihre eigenen Fahnen, Zaunfahnen und Banner. Untereinander verfeindete Gruppen versuchen, an die Devotionalien der anderen zu gelangen, um diese dann als Trophäen auszustellen oder beim nächsten Wiedersehen im Stadion im eigenen Block zu präsentieren.
Dabei werden die Fahnen verkehrt herum, also auf dem Kopf stehend, gezeigt. Gelingt das Entwenden "ehrenhaft", so ist die beklaute Ultra-Gruppe dem reinen Kodex nach sogar angehalten, sich aufzulösen - was in der Praxis so gut wie nie vorkommt, weil sich kaum eine Gruppe diese Blöße gibt, oder wirklich an den schwammigen Kodex hält. Zumal der Begriff "ehrenhaft" dehnbar ist.
Als "ehrenhaft" gilt es auch, die geklaute Fahne nach dem Präsentieren im eigenen Fanblock wieder zurückzugeben - und nicht zu zerstören. Die "Schickeria" wird sich jedenfalls nicht auflösen, so viel steht fest - zumal die von den Nürnbergern geklaute Fahne nicht ihre Ultra-Fahne war, sondern eine gemeinsame von Ultras und Nicht-Ultras hergestellte.
Der berühmteste Fall von Fahnenklau ereignete sich übrigens 2006 in Dortmund, als ein 60-Meter-Banner mit der Aufschrift "Gelbe Wand Südtribüne Dortmund", das in luftiger Höhe unter dem Dortmunder Stadiondach angebracht war, in einer Nacht-und-Nebel-Aktion entwendet wurde.
Der BVB gründete darauf hin intern eine "Soko Fahne", das überdimensionale Stück Stoff blieb jedoch verschwunden - bis Teile davon 2009 im Block der verfeindeten Fans des FC Schalke 04 auftauchten.