Darum geht's beim Südkurvenstreit
München - Für den Donnerstag erhoffen sich alle Beteiligten des FC Bayern eine harmonische Jahreshauptversammlung. Warum auch nicht - finanziell steht der Verein besser als zuvor da, dazu läuft sportlich nach der Vize-Vize-Vize-Saison wieder alles rund.
Finanzchef Karl Hopfner hat schon die nächsten "Rekordzahlen" angekündigt, das neue Präsidium mit Uli Hoeneß an der Spitze wird ohne Zweifel (und Zweifler!) im Amt bestätigt werden.
Beim Tagesordnungspunkt "Wortmeldungen", der den Mitgliedern und deren Meinungen vorbehalten ist, könnte jedoch nochmal das Thema Südkurvenprotest hochkochen, auch wenn die daran beteiligte Fanvereinigung, der "Club Nr. 12", zu einer harmonischen Sitzung aufruft.
Die AZ erklärt vorab, wie es zum aktuellen Konflikt kommen konnte - und welche Konsequenzen er haben könnte.
Worum geht's?
So sieht’s der Verein: Im mittleren Bereich der Südkurve, genauer in den Blocks 112 und 113, sind wegen des Stehplatzverbots der Uefa bei internationalen Spielen nur 1385 Fans zugelassen – anders als bei Bundesligaspielen (1800).
Kontrollen haben jedoch ergeben, dass bei den Europacupspielen bis zu 500 Fans mehr als erlaubt in den Blöcken 112/113 stehen – das stellt aus Sicht des FC Bayern und der Polizei ein Sicherheitsrisiko dar.
"Wenn die Uefa gewisse Vorschriften macht, wie viele Leute dort sitzen dürfen, dann wird sich der FC Bayern daran halten", sagt Präsident Uli Hoeneß. Und: "Auch der FC Bayern muss sich an die Gesetze halten."
So sehen’s die Protestler: Dass die Sicherheit gewährleistet sein muss, sehen alle ein. Der "Club Nr. 12" fragt sich allerdings, wieso die in Deutschland gültigen Platzbestimmungen nicht auch für Uefa-Spiele gelten. Ein weiteres Argument: Ohne die betroffenen Fans sei die Stimmung in der Arena gänzlich beim Teufel.
Es gebe ohnehin "nur einen kleinen Prozentsatz" der bereit sei, das Team "akustisch zu unterstützen, insbesondere auch dann, wenn ein Spiel einmal nicht 6:1 gewonnen wird. Diese Fans stehen beim Anfeuern gerne zusammen. Das ist nicht nur beim FC Bayern so", so die Argumentation.
Die stimmungsbereiten Fans verstehen nicht, wieso der Verein keine Lösung anstrebe, sondern den Riegel vorschiebe.
Was wurde unternommen?
So sieht’s der Verein: Um zu verhindern, dass Fans einfach von links und rechts in die Blöcke 112/113 steigen, wurden vergangene Saison die Zäune zu den angrenzenden Blocks an beiden Seiten erhöht.
Da sich Fans durch das Übergeben der Eintrittskarten aber weiter in den Bereich schmuggelten, wurden nun extra Einlasskontrollen mit einem zusätzlichen Check-in-Schalter veranlasst. Dort müssen sich die Fans nun einzeln ihre Zutrittskarten abholen.
So sehen’s die Protestler: Sie können die Maßnahmen des Vereins überhaupt nicht verstehen.
"Die Vereinsführung wäre jahrelang in der Lage gewesen, diese Situation zu entspannen und dabei auf die Erhöhung der Zäune oder das Verschärfen der Eingangskontrollen zu verzichten", schreibt der "Club Nr. 12" in seinem offenen Brief an Präsident Uli Hoeneß – deswegen der stille Protest zuletzt.
Gibt es Alternativen?
So sieht’s der Verein: Für den FC Bayern ist das Einhalten der Uefa-Bestimmungen alternativlos.
"Wenn man auf der Landstraße 100 fahren darf, kann man ja auch nicht 130 fahren und dann sagen: ’Es ging, die Straße war ja frei’", sagt Vorstands-Vize Karl Hopfner.
So sehen’s die Protestler: Man habe dem Verein zahlreiche Vorschläge geliefert, "um dieses Problem kurzfristig zu mindern, oder langfristig zu lösen", sagt der "Club Nr. 12". Der Verein könnte beispielsweise darauf drängen, gänzlich auf die Zäune zwischen den einzelnen Blöcken verzichten zu dürften. Die stimmungsbereiten Fans könnten dann in der Mitte zusammenrücken.
Zu Hopfners Straßenvergleich meinte der "Club Nr. 12": "Wir können nicht verstehen, dass es auf einem Straßenabschnitt mit einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h nur deshalb ein Sicherheitsrisiko darstellen soll, mit 130 km/h zu fahren, weil im Autoradio gerade ein internationales Lied gespielt wird."
Andere Fans fordern gar, das Gesamtkonzept mit Süd- und Nordkurve komplett neu zu überdenken.
Wie geht’s weiter?
So sieht’s der Verein: Der FC Bayern ist der Meinung, dass sich die Fans den Bestimmungen fügen müssen, signalisiert aber Dialogbereitschaft. "Die Tür des Vorstands für konstruktive Gespräche ist immer offen und wird auch immer offen bleiben", sagt Hoeneß.
So sehen’s die Protestler: Sie streben ebenfalls Gespräche mit der Vereinsführung an. "Wichtig ist nur, dass man eine langfristige Lösung findet, die die Sicherheitsinteressen und die Wünsche der Fans berücksichtigt. Wir sind zuversichtlich, dass das möglich ist", sagt "Club Nr. 12"-Vorstand Gregor Weinreich der AZ.
Sollte es unverrückbar dabei bleiben, dann überlegen sich die betroffenen Fans, in andere Bereiche des Stadions auszuweichen. Gegen Lille war beispielsweise schon eine lautstarke Gruppe im Oberrang der Südkurve zu hören gewesen.
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