Dardai: "Auf dem Papier hat Hertha keine Chance"
München/Berlin - Vor dem Ligaspiel der Bayern in Berlin hat die AZ hat mit Hertha-Trainer Pal Dardai gesprochen. Der 41-Jährige ist seit 2015 Cheftrainer der Hauptstädter.
AZ: Herr Dardai, fühlt man als Trainerkollege eigentlich mit, wenn in München Carlo Ancelotti entlassen wird?
PAL DARDAI: Wir sind alle Trainer und kennen unser Schicksal. Ich habe riesigen Respekt vor Carlo Ancelotti als Trainer und Mensch. Ich habe viel Positives über ihn gehört.
Die Bayern kommen mit einem neuen Trainer nach Berlin – und mit Wut im Bauch nach dem 0:3 bei Paris Saint-Germain. Wird es jetzt noch schwieriger, gegen sie zu gewinnen?
Wenn wir auf dem Papier einen direkten Vergleich machen, Etat gegen Etat, Spieler gegen Spieler, dann hat Hertha BSC gegen Bayern keine Chance. Aber wie wir alle wissen, hängt im Fußball viel von der Tagesform ab. Wir müssen vor allem diszipliniert und mutig sein. Letzte Saison waren wir sehr nahe dran an einem Sieg – bis zur 97. Minute. Dann haben wir das 1:1 kassiert. Wir versuchen es jetzt einfach nochmal, die Bayern zu schlagen. Aber wir kennen die Qualität der Bayern. Sie haben außerdem nach dem Europapokal einen Tag mehr Zeit als wir, um zu regenerieren.
Was ist Ihr Ziel für das Spiel am Sonntag?
Wir halten den Ball flach und bleiben die fleißige Hertha. Wir sind keine Top-Mannschaft, haben viele junge Spieler. Wir wollen ein gutes Spiel abliefern, vor allem für unsere Fans.
Wären Sie mit einem Punkt zufrieden?
Vor dem Spiel würde ich das nie sagen. Ich gehe in jedes Spiel, um zu gewinnen, auch gegen Bayern. Letztes Jahr war ich überhaupt nicht zufrieden mit dem Punkt. Das war ein gutes Spiel von uns, wir hatten den Sieg verdient.
Dieses 1:1, das Robert Lewandowski tief in der Nachspielzeit erzielt hat, scheint sie immer noch zu beschäftigen.
Es ist Vergangenheit, ich habe das Spiel vergessen.
Sie haben damals gesagt, dass es den Bayern-Bonus bei den Schiedsrichtern gibt. Stehen Sie mit etwas Abstand zu den Geschehnissen noch immer zu dieser Aussage?
Ich finde, es gibt in Deutschland viele gute Schiedsrichter. Wenn man so lange nachspielen lässt, muss das jeder selbst bewerten, ob es gerechtfertigt ist. Die Nettospielzeit war damals sehr hoch. Vielleicht sogar so hoch wie nie zuvor in der Bundesliga. Da kann man damals schon nachfragen, warum das so war. Aber das beschäftigt mich jetzt nicht mehr. Ich schaue nur noch nach vorne.
Bei den Bayern sitzt erstmals Willy Sagnol auf der Trainerbank. Sie haben selbst noch gegen ihn gespielt. Welche Erinnerungen haben Sie an Sagnol?
So viele sind das nicht. Ein paar Mal sind wir uns auf dem Platz begegnet, aber eine besondere Beziehung haben wir nicht. Er war ein hervorragender Rechtsverteidiger, das ist klar. Ich drücke jedem Trainer die Daumen, wenn er zum ersten Mal in der Bundesliga eine Mannschaft betreut, auch Sagnol.
Wie lautet Ihre Prognose: Wer wird dieses Jahr deutscher Meister?
Vor der Saison habe ich gesagt: Bayern oder Dortmund. Dabei bleibe ich. Aber es gibt einige Mannschaften, die die Fähigkeiten besitzen, oben mitzuspielen.
Hat Bayern seine Dominanz in der Bundesliga verloren?
Bayern hat immer noch einen Monsterkader mit Monsterspielern. Es ist genauso schwer wie früher gegen sie. Die Bayern müssen nur die Balance finden, mehr nicht. Wenn sie richtig motiviert sind und eine gute Form haben, wird es sehr, sehr schwierig.
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