„Dann wird’s ungemütlich“

Ex-Kapitän Stefan Effenberg rät Bayern-Coach Klinsmann im Exklusiv-Interview, Hilfe von den Bossen anzunehmen – und warnt den Trainer-Novizen: „Bei Bayern zählen nur Ergebnisse“.
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Mit Stefan Effenberg als Kapitän gewannen die Bayern zum letzten Mal die Champions League.
dpa Mit Stefan Effenberg als Kapitän gewannen die Bayern zum letzten Mal die Champions League.

Ex-Kapitän Stefan Effenberg rät Bayern-Coach Klinsmann im Exklusiv-Interview, Hilfe von den Bossen anzunehmen – und warnt den Trainer-Novizen: „Bei Bayern zählen nur Ergebnisse“.

AZ: Herr Effenberg, Stichwort Lyon. Hat’s geschmeckt damals auf dem Champions-League-Bankett 2001 nach dem 0:3 gegen Olympique?

STEFAN EFFENBERG: Natürlich nicht wirklich. Das war eine brutale Niederlage damals. Und Franz Beckenbauer hatte ja das Recht, uns zu kritisieren. Für uns als Mannschaft aber war der Abend gelaufen, wir sind geschlossen aufgestanden und auf unsere Zimmer gegangen. Aber wir haben die richtige Reaktion gezeigt. Und als wir dann in Mailand zwei Monate später den Pott in Händen hielten, habe ich zum Franz gesagt: „Na, nicht schlecht für eine Uwe-Seeler-Traditionself, oder?“ Er hat nur gegrinst.

Heute geht es für die Bayern wieder gegen Lyon. Ist bei einer Pleite ein erneuter Wutausbruch von Beckenbauer zu erwarten?

Nein, es gibt ja kein Bankett (lacht). Im Ernst: Die Bayern haben einen Vorteil, so banal das klingt. Sie haben schon drei Punkte nach dem 1:0 in Bukarest. Im Heimspiel müssen sie nachlegen – mit sechs Punkten bist du fast durch.

Ein lockerer Sieg ist aber nicht zu erwarten von den Bayern nach dem 0:1 in Hannover.

Sie sind in einer ungewohnten Situation. Sonst hatten sie doch national fast keine Probleme, aber zwei Niederlagen in den ersten sechs Spielen sind schon heftig. Jetzt müssen sie Antworten geben.

Klinsmann muss Antworten geben.

Das wird er. Zunächst wird er wieder zurückrotieren, wohl Schweinsteiger, Zé Roberto und Lucio bringen. Aber danach, da bin ich mir sicher, wird er nicht mehr so viel rotieren. Denn das war zu früh in der Saison und zu extrem. Das habe ich nicht verstanden habe. Die Belastung mit den vielen englischen Wochen kommt doch erst noch.

Fehlt Klinsmann als Vereinstrainer-Anfänger da noch das richtige Maß, das Gespür für eine angemessene Rotation?

Schwer zu sagen, es ist nur eines wichtig – auch in seinem Auftreten gegenüber der Mannschaft und den Bossen: Er muss immer von den Dingen überzeugt sein, die er macht. Du musst dazu stehen, darfst nicht zurückrudern. Sonst machst du dich angreifbar. Aber Klinsmann hat ja kompetente Leute um sich.

Wie meinen Sie das?

Da sind Franz Beckenbauer, Uli Hoeneß, Karl-Heinz Rummenigge – die haben alle früher Fußball gespielt.

Und die soll Klinsmann um Rat fragen? Leidet darunter nicht seine Autorität?

Nein, warum denn? Auch Ottmar Hitzfeld hat mit Uli oft Fachgespräche geführt, da ist nichts dabei.

Hoeneß wirkt angespannt.

Ist doch klar. Normal sind sie die Gejagten – nicht wie derzeit die Jäger. In den nächsten Wochen wird sich zeigen, wo der FC Bayern steht.

Klinsmann aber glaubt, dass sein „Projekt“ könne ein bis zwei Jahre dauern könnte.

Ach, das nimmt doch in München niemand wirklich ernst, das weiß Klinsmann selbst. Bei Bayern zählen immer nur Ergebnisse. Und zwar sofort. Wenn die nicht stimmen, dann wird es unangenehm.

An der Extrem-Rotation war auch Mark van Bommel beteiligt. Wurde er als Kapitän da nicht zu sehr geschwächt?

Wenn ein Trainer sich festhält, kann er seinen Kapitän nicht raussetzen. Dann muss der unangefochten sein. Und wenn er mal nicht spielen sollte, sage ich ihm als Trainer: „Bis morgen! Geh heim zu deiner Familie.“ So gibt es die ganzen Fotos, bei denen er auf der Bank sitzt und süß-sauer schaut. Aber van Bommel hat auch Fehler gemacht.

So? Welche denn?

Mal ein Späßchen mit Kollegen hier, ein Späßchen da – das geht nicht. Er muss ein wenig Distanz aufbauen – nur dann bekommt ein Kapitän Respekt. Was ich erwarte, sind Kampfansagen. Einer sollte sich jetzt mal hinstellen und sagen: So, jetzt zeigen wir es euch allen. Das fehlt mir.

Interview: Patrick Strasser

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