"Da ist noch Luft nach oben"
Hier erklärt Vorstandsboss Rummenigge, was er von den bisherigen Auftritten der Bayern hält, warum im Winter keiner wechseln darf – und er sich selbst nicht an der Uefa-Spitze sieht.
AZ: Herr Rummenigge, Ende August wurden die Champions-League-Gruppen ausgelost, mit einer „Hammer-Gruppe“ für den FC Bayern. Hätten Sie gedacht, dass Sie als Gruppenerster zum letzten Spiel fahren?
KARL-HEINZ RUMMENIGGE: Nein, damit konnte man nicht rechnen. Je eine Mannschaft aus England, Spanien und Italien, aus den Ländern eins, zwei und vier im Ranking! Man kann Mannschaft und Trainer nur ein großes Kompliment machen, dass sie das vorzeitig so wunderbar gelöst haben.
So entspannt sind Sie wahrscheinlich noch nie nach Manchester gefahren.
Das ist richtig, aber trotzdem werden wir versuchen, dort zu gewinnen. Es gibt schließlich Punkte für das Uefa-Ranking der Klubs. Wir sind momentan Vierter - da ist noch Luft nach oben. Und wir spielen immerhin um 800<TH>000 Euro Uefa-Prämie, die es für einen Sieg gibt. Wir werden da keinen Betriebsausflug machen, sondern seriös Fußball spielen.
Bayern spielt derzeit nicht nur seriös, sondern so ansehnlich wie Real Madrid und Barcelona. Welche anderen Konkurrenten sehen Sie noch?
Es ist wunderbar, dass wir uns qualifiziert haben, aber wenn man ehrlich ist, geht die Champions-League-Saison erst mit der K.o.-Runde richtig los. Wir tun gut daran, nicht irgendwelchen Träumen nachzuhängen. Ich habe das bei der Hauptversammlung gesagt: Dass man das versuchen muss, aber das man das nicht verlangen kann. Ich bin überzeugt, dass die Mannschaft mit großer Motivation das Achtelfinale und hoffentlich noch die ein oder andere Runde spielen wird, aber das wird wahnsinnig schwierig. Wer gesehen hat, wie Barcelona eine Mannschaft wie den AC Milan zerlegt, wie Real Madrid 6:2 gegen Zagreb gewinnt, der weiß, dass diese Teams die Favoriten sind.
Was auffällt: die Schwäche der englischen Teams. Greift da schon das ab 2013 wirksame Financial Fairplay?
In diesem Jahr offenbar noch nicht. Vergangene Woche wurden ja die Zahlen veröffentlicht: Manchester City mit 228 Millionen Euro Verlust! Wie man da auf künftig 15 Millionen runter kommen will, das wird interessant zu beobachten sein. Aber die Engländer sind nach wie vor sehr stark. Die deutschen Mannschaften sind in den letzten Jahren besser geworden. Mit Bayern und Leverkusen stehen zwei Teams gesichert im Achtelfinale: Das gab's auch lange nicht. Der deutsche Fußball hat sich wieder ein Stück an Europas Spitze rangearbeitet.
Was die Finanzen angeht, ist Bayern einer der wenigen Klubs, die schwarze Zahlen schreiben. Rosige Aussichten für die nächsten Jahre, oder?
Die beiden spanischen Klubs arbeiten beide „break even“ – und eine Schuldenlast spielt beim Financial Fairplay keine Rolle. Ich glaube, dass Klubs aus England und Italien ihre finanzielle Politik extrem umstellen müssen. Das wird interessant zu sehen, wie sich das auf den Transfermarkt und die Qualität der Mannschaften auswirkt. In dieser Hinsicht steht der FC Bayern in der Zukunft vor guten Voraussetzungen.
Sie arbeiten weiter wie seit Jahr und Tag.
Wir müssen nichts umstellen, können das, was wir schon immer machen so weiter leben. Im letzten Jahr waren wir zum zwölften oder 13. Mal in Folge profitabel, und ich kann heute schon voraussagen, dass wir auch in diesem Jahr profitabel arbeiten werden.
Derzeit schlägt sich der Trainer mit Luxusproblemen im Mittelfeld rum, muss Weltklassespieler auf die Bank setzen - ein Problem oder gut für den Konkurrenzkampf?
Grundsätzlich sind wir glücklich, dass so ziemlich alle wieder an Bord sind. Zuweilen musste der Trainer mit 18 Feldspielern auskommen. Jetzt hat er zwar ohne Frage ein Luxusproblem, aber auf der anderen Seite muss man sich davon verabschieden, seine Ziele mit elf Spielern erreichen zu können. In der heutigen Zeit braucht man 15, 16 Spieler auf einem sehr hohen Niveau. Da muss der Trainer ganz einfach rotieren. Da spielen die, die unter der Woche Champions League gespielt haben, nicht automatisch am Samstag auch Bundesliga. Thomas Müller hat eine Pause mal gut getan.
Passen Marco Reus und Mario Götze noch ins übervolle Bayern-Mittelfeld?
Ich äußere mich nicht mehr über Spieler, die bei anderen Klubs unter Vertrag sind. Wir haben eine gute Mannschaft, mit der wir unsere Ziele erreichen wollen. Mir ist nicht bange um die Zukunft. Die werden wir hundertprozentig so meistern, dass wir auch in den nächsten Jahren permanent um die Titel mitspielen werden.
Ein so hochwertiger Kader erzeugt auch Unwillen bei denen, die nicht so oft dran kommen und wie Ivica Olic oder Danijel Pranjic womöglich im Winter wechseln wollen. Was sagen Sie denen?
Ich verstehe, dass Spieler unzufrieden sind, weil sie zu wenig Einsätze haben. Aber wir haben nur 20 Feldspieler: der kleinste Kader aller Champions-League-Teilnehmer! Und wir sind noch in allen drei Wettbewerben. Wir werden in der Winterpause keine Spieler abgeben. Das ist der Wunsch von Jupp Heynckes, und diesen Wunsch werden wir ihm auch erfüllen.
Zuletzt konnten mit einigen Leistungsträgern langfristige Verträge geschlossen werden. Wer fehlt noch?
Bis Weihnachten möchten wir keine Gespräche führen, damit sich die Spieler konzentrieren können. Wir wollen nämlich als Herbstmeister Weihnachten feiern. Danach werden wir mit den Spielern und ihren Beratern reden und Entscheidungen treffen.
Arjen Robben zählt auch dazu?
Ja. Es gibt einige Verträge, die 2012 oder 2013 auslaufen.
Zu Ihrer Karriereplanung: Franz Beckenbauer meinte, Sie würden einen prima Uefa-Chef abgeben.
Ich danke Franz, dass er mir das zutraut. Aber ich werde das hier noch einige Zeit beim FC Bayern machen und danach zu keinem Verband wechseln. Das ist sicher, weil Präsident eines Verbandes zu sein bedeutet, dass man eher Politiker als Fußballer ist, und diese Mutation möchte ich mir nicht mehr zumuten.