Contento: „Das Beten darf ich nie vergessen“
Jungstar Diego Contento (20) über Gott, den FC Bayern, Idol Maradona und die 15 Geschwister des Vaters.
AZ: Gratulation zu Ihrem Stammplatz, Herr Contento. Die Bayern werden wohl keinen neuen Linksverteidiger holen und die Chancen Ihres Konkurrenten Edson Braafheid sind laut Karl-Heinz Rummenigge „nicht so gut".
DIEGO CONTENTO: Tut mir leid, aber die Glückwünsche kann ich nicht annehmen. Edson ist noch gar nicht aus dem Urlaub zurück, auch er wird seine Chance bekommen und am Ende entscheidet das sowieso der Trainer.
Sie sind erst 20 und trotzdem schon der dienstälteste Spieler beim FC Bayern. Sie waren sogar schon im Verein, als Sie noch zu jung waren, um an Jugendspielen teilzunehmen...
Ja, stimmt. Meine zwei älteren Brüder Enzo und Domenico waren beide auch in der Bayern-Jugend. Als ich vier war, hat mein Vater mich auch mal mit an die Säbener Straße genommen. Ich habe ein bisschen mit ihm gekickt und bin einem Bayern-Jugendtrainer aufgefallen. Und so habe ich zwei Jahre lang mit Jungs trainiert, die zwei Jahre älter waren als ich. Mein erstes Spiel für die Bayern habe ich dann gemacht, als ich sechs war.
Ihre Brüder spielen heute beim FC Azzurri München in Trudering, Sie sind bei Bayern. Sind die beiden neidisch?
Nein, überhaupt nicht. Die ganze Familie ist stolz! Mein Vater hat vor einigen Jahren den FC Azzurri mitgegründet, meine Brüder sind dann dazugekommen. Auch ein paar Cousins spielen dort.
Gibt es zu Hause überhaupt andere Themen als Fußball?
Ehrlich gesagt nicht. Ich habe noch einen jüngeren Bruder, der auch Fußball spielt. Meine Mama hat es schwer mit fünf Fußballern im Haus, manchmal regt sie sich etwas auf und will, dass wir mal über etwas anderes sprechen. Aber das funktioniert nicht richtig.
Sie wohnen bei Ihren Eltern?
Wir alle wohnen noch bei unseren Eltern, und so schnell wird sich da wohl auch nichts ändern. Wir sind vor kurzem von Trudering in ein größeres Haus in Glonn gezogen, das wir alle gemeinsam bezahlt haben. Ich muss den Zusammenhalt in der Familie spüren, ich kann mir nicht vorstellen, allein zu sein. Mein Vater hat 15 Geschwister...
Wie bitte?
Ja, mein Vater hat 15 Geschwister, ein paar leben in Spanien, einige in Neapel und neun in Deutschland.
Sollten Sie irgendwann den Klub wechseln, müssten Sie die Familie mitnehmen!
Ich will ja gar nicht weg vom FC Bayern! Ich denke nicht darüber nach, was in ein paar Jahren passiert. Aber natürlich wäre es ein Traum, irgendwann bei Napoli zu spielen.
In der Stadt Ihrer Eltern, in der Stadt von Maradona.
Genau! 1990, als ich geboren wurde, ist Napoli letztmals Meister geworden. Meine Eltern haben mich dann Diego Armando genannt, Maradona zu Ehren.
Auf Ihrem Unterarm haben Sie mit chinesischen Schriftzeichen „Diego" eingestochen. Für Maradona?
Ja. Maradona ist, wie wohl für jeden Neapolitaner, mein Idol. Mein Zimmer war voller Poster von ihm – und von Ezequiel Lavezzi, der jetzt bei Napoli spielt. Mein Vorbild als Fußballer ist aber Paolo Maldini, der erste moderne Außenverteidiger. Aber auch Philipp Lahm und Bastian Schweinsteiger sind Vorbilder. Ich empfinde es als Ehre, mit ihnen spielen zu dürfen.
Besonders gut verstehen Sie sich mit Franck Ribéry...
Ja. Mit Franck habe ich mich gleich gut verstanden. Als ich die ersten Male mit den Profis trainiert habe, hat er gleich Witze gemacht, damit ich die Scheu verliere. Das war super. Franck, Daniel van Buyten und David Alaba sind bei Bayern meine besten Freunde.
Ihr Bad-Boy-Tattoo am Handgelenk ist aber nicht zufällig Ribéry gewidmet?
Nein, das ist für meinen besten Freund. Ich habe insgesamt vier Tattoos und alle haben eine Bedeutung. Eines ist noch für meine Eltern...
...und am Unterschenkel haben Sie ein großes Jesus-Bild.
Ja, ich bin sehr gläubig. Leider schaffe ich es nicht mehr so oft, in die Kirche zu gehen. Aber ich bete sehr oft, auch in der Kabine. Das gibt mir Kraft. Das Beten darf ich nie vergessen.
Sie spielen für Bayern und die DFB-Junioren-Teams, schwärmen für Maradona und Neapel, haben zwei Pässe. Für wen waren Sie bei der WM?
Eigentlich für Italien... Ich weiß, dass das schwer zu verstehen ist, weil ich ja auch einen deutschen Pass habe, Münchner bin und mich sehr wohl fühle beim DFB. Aber wenn die Squadra Azzurra mich irgendwann brauchen und rufen sollte, könnte ich mir einen Verbandswechsel durchaus vorstellen.
Interview: Filippo Cataldo