CL-Sieg vor 10 Jahren: Wie die AZ den Pott heimbrachte
"Die AZ bringt den Pott heim" - So berichtete die AZ am 26. Mai 2001
"Ich will den Pott mitnehmen. Wir haben das ganze Jahr dafür gerackert”, krächzte Stefan Effenberg im Terminal Z des Flughafens München mit Reibeisenstimme. Gleich sollte es losgehen, wollten die Bayern abheben mit Maschine LH 410 (11.25 Uhr) nach New York. Doch da gab es ein Problem: Der Pott war zwar da, von Effes Frau Martina angeschleppt, durfte nicht mit. Weil sie ihn nicht verlieren wollen in den USA – und weil Bayern-Vize Kalle Rummenigge ihn bei der Kommunion seiner Tochter präsentieren will.
Bilder: Die Nacht von Mailand
Manager Uli Hoeneß also unnachgiebig: „Der Cup bleibt hier, Stefan!” Leicht nuschelnd, leicht lallend machte sich Effe mit Ehefrau Martina Richtung Flieger davon. Begleitet von Ulis mitleidigen Blicken: „Uiuiui, ist der in einem Zustand. Den Pott müssen wir jetzt bunkern. Kann ihn jemand in die Geschäftsstelle fahren?”, fragte Hoeneß.
Die Abendzeitung übernahm gerne den Botendienst. Motto: Wir bringen den Cup nach Hause. Der AZ-Reporter behütete die Trophäe vor einer Menschentraube, die alle einmal den Pokal anlangen wollten, und brachte ihn zusammen mit einem Kollegen von der „Süddeutschen Zeitung” im Taxi zur Geschäftsstelle.
Mit einem kleinen Umweg über die Sendlinger Straße, (damaliger Sitz der AZ). Taxi-Fahrer Ludwig Fuß konnte nicht glauben, dass der Pott auf seinem Rücksitz chauffiert wurde: „Wahnsinn! Darf ich ihn mal berühren?” Durfte er. So kam der Pokal sicher zurück nach München und auf den Tisch von Geschäftsführer Karl Hopfner. Der war sprachlos: „Danke”, stammelte er.
Gern geschehen.
Bilder: Das wurde aus den Helden von Mailand
Das Objekt der Begierde ist etwas ramponiert. Weißbierreste, Glassplitter und Haare kleben im Inneren, außen haben Kussmünder und Schmierhände eine dicke Fett-Schicht hinterlassen. Hoeneß: „Da wird unsere Frau Meissner lange putzen müssen, bis der Pott wieder strahlt.” Tut die 90-Jährige gerne.
So sehen also Helden aus: Übermüdet, verkatert. Mit klitzekleinen Augen erschien Alexander Zickler als erster um 10.34 Uhr am Flughafen. Bereit für den New York-Trip. Dort geht’s am Samstag (13.00 Uhr MEZ) gegen die New York/ New Jersey MetroStars, Ex-Klub von Lothar Matthäus. Zickler: „Ich schätze Trainer Hitzfeld wird uns vor dem Spiel in einen Alkomaten blasen lassen. Wer über zwei Promille hat, spielt nicht, die anderen müssen ran.”
Einer muss sicher nicht ran – Carsten Jancker. Er hatte seinen Reisepass vergessen. Und der Hüne (1,93m) wurde von Hoeneß abgekanzelt wie ein kleiner Schulbub: „Mann o Mann, Carsten, fahr nach Hause. Wiederschauen!” Mit hängendem Kopf trollte sich Carsten zurück ins Bett.
Thema Bett: Ein von den Bayern in diesen feuchtfröhlichen Tagen schwer vernachlässigtes Möbelstück. Nur Verteidiger Thomas Linke war kaum aus dem Bett zu kriegen, er hatte die erste Nacht nach dem Valencia-Triumphmit dem teuren (Wert 26000 Mark) Freudenobjekt verbracht. Zickler: „Ich glaube, er hat sogar seine Frau Antje dafür aus dem Bett geworfen.”
Ihrer Vergnügungssucht wollen Torsten Fink, Michael Wiesinger, Mehmet Scholl, Hasan Salihamidzic und Masseur Fredi Binder nachgehen. Das lustige Quintett düst Sonntag in die Spielerstadt Las Vegas. Das perfekte Pflaster für die bayerischen Glücksritter. Fink: „Bei dem Dusel, das wir zur Zeit haben, sollte ich alles auf eine Zahl setzen. Aber ich spiele nur Black Jack.” Da wird er mit den 400000 Mark Prämie für den Champions-League-Titel länger zocken können.
Der Pott kommt nach Hause: Die AZ-Redakteure Michael Schilling, Gunnar Jans, Franz Meier, Matthias Kerber, Rudolf Schröck und Patrick Strasser (v.l.) sowie Taxifahrer Ludwig Fuß präsentieren die original Champions-League- Trophäe, die Uli Hoeneß einem Mitarbeiter am Flughafen in die Hand drückte, vor der Abendzeitung.
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