Christian Nerlinger: "Die Familie ist mir heilig"
Hier erzählt Christian Nerlinger, wie seine zwei Kinder sein Leben verändert haben und was er heute wohl machen würde, wenn er nicht Sportdirektor beim FC Bayern geworden wäre.
Herr Nerlinger, lassen Sie uns über Ihr Jahr 2010 sprechen, das beruflich wie privat intensiv war für Sie, oder?
CHRISTIAN NERLINGER: Intensiv, das trifft es. Es war wunderschön, sowohl privat als auch beruflich.
Es ging ja schon gut los bei Ihnen.
Ja, mit der Geburt von Quirin, meines zweiten Sohnes. Am 3. Januar, um 15.25 Uhr. Das hab ich mir gemerkt, weil es immer samstags um 15.30 Uhr unsere Ankickzeit ist.
So gesehen kam er fünf Minuten zu früh.
Und 14 Stunden später saß ich im Flugzeug nach Dubai, ins Trainingslager der Mannschaft. Da saß ich im Flieger und dachte mir: Was machst du eigentlich hier? Da ist gerade dein Kind auf die Welt gekommen und du bist schon wieder unterwegs – aber okay, das bringt der Job so mit sich. Das sind Momente, die Kraft kosten. Aber diesen Job kannst du nur ganz oder gar nicht machen.
Hat das Familienleben gelitten?
Nein, das lasse ich nicht zu. Die Familie ist mir heilig. Ich würde nie riskieren, die Familie für den Beruf zu verlieren. Es muss beides gehen. Und es geht auch beides, das funktioniert sehr gut. Wenn ich die Haustüre hinter mir zumache, widme ich mich total der Familie, auch wenn ich natürlich noch telefonisch erreichbar bin. Ich habe ein sehr intaktes und glückliches Familienleben und bin auch im Beruf sehr zufrieden.
Können Sie jetzt im Urlaub auch mal abschalten und den Job vergessen?
Wenn ich Ferien habe, lasse ich das Telefon klingeln und sammel' die Anrufe. Dann rufe ich en block zurück. Man muss auch mal zur Ruhe finden, das ist ganz wichtig.
Quirin ist ja nun das zweite Kind. Erleben Sie das Vatersein nun anders, auch weil Sie einen zeitintensiven Job haben?
Das erste Kind ist gekommen, als ich Student war. Als Prüfungen anstanden, war's auch stressig. Ich bin erstmals Vater geworden mit 32, ein mittleres Alter, nicht zu jung, nicht zu alt. Es war faszinierend für mich. Ich habe das alles sehr bewusst aufgenommen. Und das mache ich jetzt auch wieder. Vater zu sein hat mein Leben total geändert.
Es kann ja auch anstrengend sein.
Selbst wenn's mal in der Nacht etwas unruhig wird, bringt mich das auch nicht aus der Ruhe. Ich mache das alles gerne mit – das gehört dazu, die Kinder haben mich noch kein einziges Mal genervt.
Wie sind Sie eigentlich auf den Namen Quirin gekommen?
Das ist ein schöner bairischer Name. Meine Frau Christiane kommt aus dem Dorf von Sepp Maier, aus Anzing, und sie spricht auch ein bissl bairisch. Ich ja auch, wenn ich will. Ich fühle mich als echter Münchner, obwohl ich in Dortmund geboren bin und schätze die Münchner Lebensqualität schon sehr.
Studiert haben Sie aber in Südtirol.
Ich war an der Munich Business School, mein Auslandssemester habe ich in Bozen gemacht. Die anderen jungen Kerle sind mit 20 nach New York oder Melbourne – ich war gerade Vater geworden und bin deshalb nach Bozen, aber die Monate waren eine fantastische Zeit.
Ein Studium nach der Fußball-Profi-Karriere, das ist ja eher ungewöhnlich.
Das Studium habe ich um des Studierens Willens gemacht, ich habe nach der Karriere eine Aufgabe gebraucht, die mich zufrieden stellt. Fußball ist ja in erster Linie körperliche Arbeit. Deshalb sucht ich nach der Karriere die geistige Herausforderung.
Wollten Sie Fußball-Manager werden?
Nein. Sportdirektor war nicht mein Ziel. Ich hätte noch ewig weiter studieren können, das hat mich sehr befriedigt – aber dann kam der Ruf des FC Bayern dazwischen. Und dieser Herausforderung konnte ich natürlich nicht widerstehen.
Schauen wir in der nähere Zukunft. Was wünschen Sie sich für 2011.
Nur Gesundheit. Privat für die Familie und für die unsere Mannschaft. Dann läuft alles.
Interview: Gunnar Jans, Patrick Strasser