Champions League: Bayern-Star Vidal und seine Rolle beim Aus gegen Real
Der Platzverweis gegen Arturo Vidal läutet die Niederlage des FC Bayern gegen Real Madrid ein. "Er muss etwas cleverer sein", kritisiert Thomas Müller den Chilenen, der bereits im Hinspiel ein Elfmeter verschossen hatte.
München - Arturo Vidal konnte es nicht fassen, wollte und wollte nicht gehen. Da hatte er doch tatsächlich den Ball gespielt, nicht gefoult und nichts falsch gemacht und dann schickte ihn Schiedsrichter Viktor Kassai in der 84. Minute mit Gelb-Rot vom Feld.
Just in dem Moment, als die Bayern in dem Champions-League-Drama ihre stärkste Phase hatten, drauf und dran waren, mit dem 3:1 kurz vor Ende der regulären Spielzeit für den Knockout von Real Madrid zu sorgen. Am Ende war es nicht Kassai, der Vidal vom Platz beförderte, sondern der Spanier Sergio Ramos, der ihn wie einen Stuhl packte und neben die Seitenlinie verfrachtete.
Die Bayern waren ab sofort in Unterzahl, dahin war der Schwung nach dem 2:1 und als neue Marschroute stand fest: Ab in die Verlängerung, hinten dicht machen und dann ins Elfmeterschießen retten.
Die Wucht war dahin
Daher nahm Trainer Carlo Ancelotti Mittelstürmer Robert Lewandowski kurz vor Beginn der Verlängerung raus, brachte Joshua Kimmich als weitere Absicherung. Somit fehlte ab diesem Zeitpunkt mit Torjäger Lewandowski der einzige Spieler, der mit dem Rücken zum Tor Bälle festmachen, verteidigen und verteilen kann – auch wenn er nicht zu 100 Prozent fit ist.
Der Schwerpunkt des Bayern-Spiels hatte sich verlagert, die Wucht war dahin. All das hatten sie Arturo Vidal und seinem Übereifer zu verdanken. "Als wir 2:1 führten, hatten sie Angst", sagte Vidal über die Madrilenen. Doch er war es ja, der Real im unfreiwilligen Duett mit Kassai zurück auf die Siegerstraße brachte.
Von Thomas Müller kassierte er dafür einen Rüffel: "Arturo war nah dran an Gelb-Rot und hätte schon vorher vom Platz gehen können, aber in dieser Situation nicht. Wenn wir mit elf Mann in die Verlängerung gehen können, muss er etwas cleverer sein."
Alonso ausgewechselt - statt Vidal
Natürlich war Gelb-Rot für das letzte Einsteigen Vidals unberechtigt, dennoch war es eben die eine Aktion zu viel. Der wie aufgedreht und zu übermütige Chilene hätte schon nach einem Check gegen Casemiro in der 49. Minute heruntergestellt werden können. Da beließ es Referee Kassai bei einer Ermahnung.
Man muss allerdings auch Ancelotti ankreiden, dass er den gefährdeten Vidal nicht vorzeitig aus der Hitze des Gefechts entfernte. Stattdessen nahm der Trainer Xabi Alonso runter, auch weil der 35-Jährige von Minute zu Minute abgebaut hatte.
Dennoch war nicht Alonso, sondern Arturo Vidal die tragische Figur dieses Viertelfinals – im Hin- und Rückspiel. Ein selbsternannter Krieger ("King Arturo") im Selbstzerstörungsmodus. Vor einer Woche in München hatte der 29-Jährige beim Stand von 1:0 einen – allerdings unberechtigten – Handelfmeter derart vehement übers Tor geballert, dass man sich fragte: Warum so? Und warum er?
Vidal findet seine Rolle nicht
Nun ja, er war eingeteilt als Schütze. Und zweitens pochte Adrenalin durch seine Adern, weil er zuvor das 1:0 per Kopfball-Torpedo erzielt hatte. Immerhin. Im Sommer 2015 kam Vidal, den einst schon Jupp Heynckes nach München holen wollte, für 37 Millionen Euro Ablöse von Juventus Turin zum FC Bayern, erhielt einen Vertrag bis 2019.
Doch sein Output und Einfluss auf die Mannschaft, vor allem in großen Spielen, lässt am Ende der zweiten Saison zu wünschen übrig. In 85 Pflichtspielen erzielte er 15 Treffer, lieferte 16 Vorlagen. Als Achter findet er seine Rolle nicht, ohnehin marschiert er stets in den gegnerischen Strafraum, agiert oft als Zehner.
Lauffreudig und zweikampfstark ist Vidal, aber hat er auf höchstem Niveau wirklich die Klasse, die Bayern braucht? Sollte der FC Chelsea oder ein anderer Premier-League-Verein im Sommer eine unvernünftige Ablösesumme aufrufen, könnte es sein, dass Bayern zu überlegen anfängt.
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