Champions League am Dienstag: Wann müllert's wieder beim FC Bayern München?

München - Um Thomas Müller und seinen Wert für die Mannschaft zu beschreiben, lohnt ein Blick zurück. Vergangenen Samstag, 17.20 Uhr. Der FC Bayern hat soeben mit 3:1 beim VfL Wolfsburg gewonnen, kann den ersten Erfolg nach vier sieglosen Spielen mit den Fans in der Kurve bejubeln.
Mittendrin Müller, im Trainingsanzug. Als Einziger derer, die keine Minute gespielt haben. Er nimmt seine Mitspieler an der Hand, lacht und diskutiert mit ihnen. Frust über die persönliche Situation? Müller lässt sie sich zumindest nicht anmerken. "Wir müssen schauen, dass wir die Einheit, die wir sein wollen, auch ausstrahlen", forderte der 29-Jährige nach dem Spiel im Gespräch mit den Journalisten.
Thomas Müller: "Ein Schritt in die richtige Richtung"
Was ebenfalls unüblich im Ego-Shooter-Business Fußball ist. Wer nicht spielt, redet nicht – so die unausgesprochene Regel, auf die sich die Kopfhörer-Träger in der Mixed Zone stets nonverbal berufen. Allerdings: Fragen zu seinem persönlichen Schicksal, seiner Versetzung auf die Bank wie bereits im Champions-League-Auswärtsspiel bei Benfica Lissabon (2:0) oder bei der 0:2-Pleite in Berlin gegen die Hertha, lässt Müller ins Leere laufen. "Wir haben, wie schon so häufig betont, einen sehr breiten Kader, der Trainer muss seine Entscheidungen nicht immer begründen", so Müller, "es gibt keinen Grund, Negatives zu äußern".
Das 3:1 sei "ein Schritt in die richtige Richtung" gewesen, "und jetzt geht’s weiter". Niko Kovac wirkt beim Thema Rotation mittlerweile leicht genervt, überspielt dies jedoch mit Charme. In Wolfsburg sagte er: "Wir haben aktuell 17 gesunde Feldspieler. Alle können spielen." (Lesen Sie hier: Alle Augen auf Joshua - Kimmich entwickelt sich zum Bayern-Boss)
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Thomas Müller: Pluspunkte in der sozialen Gruppendynamik
Anstelle von Müller begann in Wolfsburg James Rodríguez, obwohl der Kolumbianer erst am Donnerstag nach einem Atlantik-Flug wieder in München gelandet war. In Athen, beim dritten Gruppenspiel der Champions-League-Vorrunde gegen AEK am Dienstag (ab 18.55 Uhr im AZ-Liveticker) hätte Müller wieder in der Startelf stehen – auch, weil Franck Ribéry wegen einer Wirbelblockade den Flug in die griechische Hauptstadt nicht antreten konnte. Doch einmal mehr sitzt der Nationalspieler zunächst auf der Bank.
Kovac setzt Müller meist als Achter im halbrechten Mittelfeld ein, nicht ganz draußen auf dem rechten Flügel wie meist Bundestrainer Joachim Löw. Dabei sprechen aktuell eher die Pluspunkte in der sozialen Gruppendynamik für Müller, nicht seine Statistiken. (Vor dem AEK-Spiel: David Alaba beendet Training vorzeitig)
In den ersten vier Pflichtspielen der Saison startete er ordentlich, kam auf fünf Torbeteiligungen (zwei Treffer, drei Vorlagen), seither steht bei ihm in elf Einsätzen die Null – für Bayern und die Nationalelf. Macht 610 Minuten ohne eine Müllersche Torbeteiligung. Es müllert schon recht lange nicht mehr. Auch der legendäre Grundsatz von Louis van Gaal ("Müller spielt immer") gilt nicht mehr. Viele Fans fragen sich: Wird Müller wieder ganz der Alte? Bekommt er im Herbst seiner Karriere noch die Kurve?
Thomas Müller: Wann reißt bei ihm der Geduldsfaden?
Die Bedeutung von Mannschaftsspieler Müller für eine Mannschaft hatte kürzlich Löw unterstrichen, obwohl – oder vielleicht gerade, weil – er den Weltmeister von 2014 beim 1:2 in Paris gegen Frankreich erst kurz vor Spielende eingewechselt hatte. Müller sei nach wie vor "absolut wichtig", so Löw, ein "Antreiber, der andere im Training mitzieht, mit den jungen Spielern spricht und sie motiviert."
Auf diese Rolle aber will Müller, letztes Jahr in Abwesenheit des verletzten Torhüters Manuel Neuer meist Kapitän bei Bayern, nicht reduziert werden. Er will spielen, er will Tore erzielen. Präsident Uli Hoeneß hatte es als das größte Problem für den Trainer bezeichnet, dass "die Spieler, die nicht spielen, sauer sind".
Mal sehen, wann bei Müller der Geduldsfaden reißt. Oder: Ob überhaupt.