Butt: „Ich bleibe die Nummer 1“

Bei der Nationalmannschaft ist Jörg Butt nur der dritte Torwart, dennoch genießt er die Zeit in Südafrika. Er sieht das Training bei Jogi Löw als Vorbereitung für die neue Saison beim FC Bayern. Dort hat er ein klares Ziel: Stammtorhüter sein.
von  Abendzeitung
„Ich will immer gewinnen. Auch in jedem Trainingsspiel“: Bayerns Torhüter Hans-Jörg Butt, der in der Nationalmannschaft Torwart Nummer drei ist.
„Ich will immer gewinnen. Auch in jedem Trainingsspiel“: Bayerns Torhüter Hans-Jörg Butt, der in der Nationalmannschaft Torwart Nummer drei ist. © dpa

Bei der Nationalmannschaft ist Jörg Butt nur der dritte Torwart, dennoch genießt er die Zeit in Südafrika. Er sieht das Training bei Jogi Löw als Vorbereitung für die neue Saison beim FC Bayern. Dort hat er ein klares Ziel: Stammtorhüter sein.

AZ: Herr Butt, Sie haben als dritter Torhüter die geringste Wahrscheinlichkeit aller Spieler auf einen WM-Einsatz. Ist das nicht frustrierend?

JÖRG BUTT: Wenn man sich auf das Spielen reduziert, ist es eine schwierige Situation. Ich reduziere mein Leben aber nicht auf den Fußball. Sportlich bist du natürlich enttäuscht, wenn du auf der Bank sitzt. Generell aber ist es eine Riesensache, bei so einem Turnier dabei zu sein.

Die Mannschaft wird unterrichtet über Südafrika, seine Geschichte und die Bedeutung dieser WM für das Land. Ist Ihnen das wichtig?

Ja, natürlich. Vorher habe ich über Südafrika kaum etwas gewusst. Ich kannte Nelson Mandela und wusste, wo das Land liegt. Es ist sehr interessant, die Geschichte des Landes und der Apartheid vor Ort mitzuerleben. Wenn du das daheim in einem Geschichtsbuch liest, ist das doch sehr weit weg. Wir haben einen Vortrag gehört von einem Mitarbeiter der deutschen Botschaft. Da haben wir sehr viel über das Land gelernt, die Bedeutung des Fußballs und die Auswirkungen der WM auf die Bevölkerung und die verschiedenen Gruppen.

Kommt es Ihnen manchmal wie im Traum vor, was in den vergangenen Monaten in Ihrer Karriere passiert ist?

Nein, weil ich es mir ja durchaus zugetraut habe, beim FC Bayern zu spielen. Es war auch ja mein Ziel, mit den Bayern Titel zu gewinnen. Es ist natürlich sehr, sehr gut gelaufen. Das konnte man so nicht erwarten. Es freut mich natürlich riesig, hier zu sein und so ein Ereignis noch mal miterleben zu dürfen. Das ist eine Bestätigung meiner Leistungen des vergangenen Jahres.

Ist es Ihre Aufgabe hier in Südafrika, mit Ihrer Erfahrung und Ihrer Gelassenheit dem jungen Team weiterzuhelfen?

Vorneweg: Mein Ziel ist es, hier zu spielen. Wenn du dabei bist bei einer WM, willst du auf dem Platz stehen. Aber man kann trotzdem der Mannschaft auch außerhalb des Platzes helfen. Nicht mit irgendwelchen schlauen Tipps, sondern generell mit deinem Verhalten. Wie man trainiert etwa. Es ist wichtig, im Training zu zeigen, wie man in mit einer solchen Situation umgehen muss.

Die Reihenfolge der Torhüter steht offiziell: Manuel Neuer als Nummer eins, Tim Wiese dahinter und Sie als die Drei.

Ich sehe so eine Reihenfolge für mich persönlich nicht, wenn ich ins Training fahre. Wenn ich hier bin, will ich gewinnen. Wenn wir ein Trainingsspiel machen, will ich das auch gewinnen. In diesem Moment will ich mit meinem Trainingsteam erfolgreich sein. Das Training hier ist ja auch schon Vorbereitung für die nächste Saison mit dem FC Bayern. So sehe ich das hier. Was ich damit sagen will: Ich gehe als Nummer drei ja nicht ins Training und sage: Mir ist das egal hier. Ich will mich immer verbessern.

Der Motivationsslogan des DFB heißt „Power within“. Was halten Sie davon? Inwieweit stärkt so etwas tatsächlich ein Mannschaftsgefüge?

Ich glaube, dass im Fußball viele Dinge passen müssen, um erfolgreich zu sein. Fußball ist sehr komplex, es ist nicht alles vorhersehbar. Aber du musst eben versuchen, den Faktor Zufall weitgehend auszuschließen. Der Slogan ist ein Versuch, das Team zusammenzuschweißen. Doch das ist eben nur ein Teil von vielen. Ich will das nicht überbewerten. Doch das ist ein wichtiger Mosaikstein.

Glauben Sie an die Kraft des Unterbewussten? Etwa an CDs, die mit kaum hörbaren Stimmen ins Unterbewusstsein vordringen sollen?

Es gibt Mannschaften wie die Dänen 1992, die werden Europameister und waren vorher bei Mc Donald's essen. Die haben sicher nicht irgendwelche CDs mit Stimmen gehört. Andere wiederum haben mit diesen Methoden Erfolg. In erster Linie muss das funktionieren, was sich auf dem Platz abspielt: Taktik, Fitness, Teamgeist. Da zeigt sich, was ein Team ausmacht, wie ich es 2002 bei der WM erlebt habe. Doch wenn die Typen sich nicht verstehen, hilft auch ein Slogan nicht oder eine CD.

Beim Handball gelten die Torhüter als Team im Team. Ist das beim Fußball ähnlich?

Im Handball ist es so, dass Torhüter häufiger gewechselt werden. Dadurch müssen sie sich auch in der Öffentlichkeit nicht so extrem positionieren. 2002 war ich mit Oliver Kahn und Jens Lehmann dabei. Damals wurde absolut vernünftig und professionell miteinander gearbeitet. Da wurde auch normal kommuniziert. Da hat jetzt nicht der eine dem anderen das Bein gestellt. Wenn der zweite oder dritte Mann versucht, dem ersten das Leben schwer zu machen, dann bringt das niemandem etwas.

Wissen Sie heute schon, dass Sie als Nummer eins beim FC Bayern in die letzte Saison Ihrer Karriere gehen werden bevor Sie Nachwuchskoordinator werden?

Beim FC Bayern wird immer über alle Positionen spekuliert. Du musst bei Bayern in jedem Training Topleistung zeigen, um anerkannt zu sein. Du darfst dir keine Fehler leisten. Aber ich gehe davon aus, dass ich die Nummer 1 bleibe.

Vor gut vier Wochen haben Sie das Champions-League-Finale gegen Inter Mailand verloren. Ärgert Sie das noch?

Normalerweise hast du in diesem Bereich höchstens einmal in der Karriere die Chance, das Triple zu holen. Diese Chance kommt nicht mehr zurück. Ich glaube, wir hätten das Spiel gewinnen können. Darüber ärgere ich mich. Andererseits ist es vorbei und man kann es nicht mehr ändern. Wenn du nur daran denkst, wie bitter so etwas ist, ziehst du dich für die Zukunft runter. Trotzdem: Das Negative bleibt hängen. Und so etwas ärgert dich.

Interview: Patrick Strasser

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