Breitner:"...dann haben wir's geschafft!"

Am Mittwoch geht´s für die Bayern um den Einzug ins Finale.  Paul Breitner erklärt der AZ, wie die Bayern am Mittwoch in Madrid bestehen.
von  Interview: Patrick Strasser
Ehrenrunde mit dem Pott in Brüssel: Franz "Bulle" Roth und Paul Breitner (r.) feiern den Triumph im Wiederholungsspiel des Finals im Europapokal der Landesmeister gegen Atlético Madrid (4:0).
Ehrenrunde mit dem Pott in Brüssel: Franz "Bulle" Roth und Paul Breitner (r.) feiern den Triumph im Wiederholungsspiel des Finals im Europapokal der Landesmeister gegen Atlético Madrid (4:0). © imago

Am Mittwoch geht´s für die Bayern um den Einzug ins Finale.  Paul Breitner erklärt, wie die Bayern am Mittwoch in Madrid bestehen.

AZ: Herr Breitner, Sie sind Münchens Finalbotschafter, Sie haben den Bayern bei der Auslosung für das Achtel- und Viertelfinale den FC Basel und Olympique Marseille beschert. Nach dem 2:1 im Hinspiel gegen Real Madrid ist der Finaltraum nahe.

PAUL BREITNER: Ich habe die Chancen vor dem ersten Halbfinale auf 51:49 beziffert. Jetzt sehe ich die Chancen 55:45 für uns.

Weil man mit einem Remis am Mittwoch in Madrid weiter wäre?

Die Mannschaft hat sich und uns allen im Hinspiel gezeigt, wie sehr sie um jeden Millimeter kämpfen kann. Das war das beste Training für das Rückspiel. Real hat jetzt noch mehr Respekt vor uns.

Schon letzten Dienstag gab es neun (!) Gelbe Karten. Müssen die Spieler fürs Rückspiel im Bernabeu doppelt dicke Schienbeinschoner anziehen?

Für beide Seiten gibt es Grenzen. Es waren doch nur ein, zwei Fouls dabei, die grenzwertig waren, etwa die Blutgrätsche von Marcelo gegen Müller. Der Rest war internationaler Standard. Das ist eben der Unterschied zwischen der lieben, netten und braven Bundesliga und dem Topfußball, der in Europa gespielt wird. Aber damit kommst du nicht weiter.

Also ein Nachteil für den FC Bayern?

Nein, unsere Mannschaft weiß das, die Spieler haben sich darauf eingestellt. Wir können einstecken, aber auch austeilen. Wenn's hart auf hart kommt, können wir mithalten. Da hat keiner zurückgezogen. Die Spanier haben ein Problem.

Und zwar?

Damit, dass sie auf internationaler Bühne für Fouls oder harten körperlichen Einsatz Gelbe Karten bekommen, wofür in deren heimischen Primera Division nicht einmal gepfiffen wird. Da sind die Spanier gleich in heller Aufruhr und verstehen die Welt nicht mehr. Sie lamentieren dann: wir haben doch gar nichts gemacht. Aber: Unser Team kann man mit Härte nicht beeindrucken.

Als Sie 1974 zu Real Madrid gewechselt sind, war das die größte Umstellung, oder?

Ein Riesen-Unterschied. Günter Netzer und ich haben ein paar Spiele dort gebraucht, um zu kapieren, was Härte und Körpereinsatz in Spanien bedeuten. Das war ein Lernprozess. Wenn sie dir den Schneid abkaufen, verlierst du deine Linie, dein Spiel, deine Form.

Sie haben bei Bayern stets auf Schienbeinschoner verzichtet.

Das hatte sich bei meinem ersten Spiel in der spanischen Liga schnell erledigt. Da wurde ich ordentlich poliert. Wir spielten bei Valencia und nach ein paar Minuten hab' ich die Betreuer gebeten: Her mit den Dingern! Am besten zwei, vorne und hinten.

Sie mochten die Dinger eigentlich nicht, oder?

Es war ein Wahnsinn, ach ein Unsinn, dass ich auf die Schoner in meiner ersten Bayern-Zeit verzichtet habe - verantwortungslos. Ich hatte mir eingebildet, dass mich die Stutzen dann oben am Knie mit Schonern einschnüren, ein Schmarrn.

Sieben Bayern-Profis droht bei einer weiteren Gelben Karte eine Sperre bei Erreichen des Finals.

Das ist wie mit einer Verletzung: Wenn du ins Spiel reingehst und Angst davor hast, erwischt's dich. Du musst trotzdem sauber dagegen halten, keine Angst haben, normal spielen. Wenn du drüber nachdenkst, siehst du nach 15 Minuten Gelb.

Wie sehr sticht der Faktor Bernabeu-Stadion: Angst einflößend?

Unsinn! Heutzutage verbreitet kein Stadion mehr Schrecken, man kann vielleicht eine gewisse Abneigung haben - aber was soll denn passieren? So ein Halbfinale muss doch ein Hochgenuss sein, für das du dich manchmal zwei Jahre abrackerst, deinen Körper quälst.

Nach der 0:1-Pleite von Barcelona könnte es am 19. Mai ein Finale FC Bayern gegen Chelsea geben.

Nein. Die Engländer sind doch nach der Führung eine Stunde nicht mehr über die Mittellinie gekommen, Barca hat sie doch an die Wand gespielt, nur kein Tor erzielt. Das werden sie im Rückspiel im Camp Nou nachholen, ganz sicher.

Also Bayern gegen Barca - trotz des Vorteils von Real, zu Hause zu spielen.

Ach was! Ich hab' früher lieber zuerst zu Hause gespielt. Nach dem Motto: Was i hob', hob' i. Jetzt muss Real Risiko gehen, aufmachen, zum Teil blind marschieren. Dann können wir in aller Ruhe kontern. Wenn wir nochmal Normalform haben, also die Mannschaft in der Summe an 100 Prozent Leistungsfähigkeit herankommt, dann haben wir's geschafft. Und das hat dann nichts mit blödem Bayern-Dusel zu tun. So ein spätes Siegtor wie das von Mario Gomez, das muss man können. Das hat man intus, das hat man beim FC Bayern gelernt.

 

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.