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Neuer Bundestrainer Nagelsmann? Jetzt könnte Bewegung in die Sache kommen

Der DFB steht knapp neun Monate vor der EM im eigenen Land mit dem Rücken zur Wand. Als Nachfolger von Hansi Flick wird unter anderem Julian Nagelsmann gehandelt. Der FC Bayern würde seinen Ex-Trainer wohl ablösefrei ziehen lassen.
von  Maximilian Steiger
Julian Nagelsmann wird als möglicher neuer Bundestrainer gehandelt.
Julian Nagelsmann wird als möglicher neuer Bundestrainer gehandelt. © Augenklick/GES-Sportfoto

München - Nach dem Aus von Hansi Flick als Bundestrainer sind alle DFB-Verantwortlichen gefragt, schnellstmöglich einen geeigneten Nachfolger zu finden. Weniger als ein Jahr verbleibt bis zur EM im eigenen Land. Ein heiß gehandelter Name ist Julian Nagelsmann. Doch will der Ex-Bayern-Coach überhaupt Nationaltrainer werden?

Völler übernimmt interimsmäßig – doch wer folgt als Heilsbringer?

Für das Spiel gegen Frankreich am Dienstagabend (21 Uhr) springt zunächst DFB-Sportchef Rudi Völler in die Bresche. Ihm assistieren Sandro Wagner und Hannes Wolf. Doch das soll ein einmaliges Erlebnis bleiben, wie Völler bereits klarstellte. Er will nun gemeinsam mit seiner Taskforce so schnell wie möglich über den neuen starken Mann an der Seite der DFB-Elf entscheiden. "Es ist wichtig, schon in dreieinhalb Wochen den Richtigen zu präsentieren", sagte der 63-Jährige im Vorfeld des anstehenden Freundschaftsspiels gegen Frankreich.

Dabei setzte Völler sich und den anderen Entscheidungsträgern also selbst eine Deadline: Bis zur Länderspielpause im Oktober soll eine Entscheidung über die Flick-Nachfolge gefallen sein. Zur Debatte stehen entweder eine Übergangslösung, die den DFB bis zur Europameisterschaft übernimmt, oder ein neuer DFB-Trainer, der sofort installiert werden könnte und auch über das nächste große Turnier hinaus bleibt.

Viele Namen geistern seit Bekanntwerden der Flick-Freistellung durch Fußballdeutschland. Ein Mann, den sich wohl die meisten sehnlichst wünschen würden, hat bereits klargestellt, dass ein DFB-Job für ihn aktuell nicht infrage kommen wird: Jürgen Klopp. Er steht bei seinem jetzigen Arbeitgeber – dem FC Liverpool – noch bis 2026 unter Vertrag und schließt auch eine Doppelrolle aus. 

Im Kreise der möglichen Nachfolger von Flick verbleibt weiterhin Julian Nagelsmann. Der ehemalige Trainer des FC Bayern ist seit seiner Entlassung im zurückliegenden Frühling ohne Job, steht vertraglich noch immer beim deutschen Rekordmeister unter Vertrag – jedoch würde der FC Bayern laut "Bild" keine Ablösesumme verlangen, um Nagelsmann zum DFB ziehen zu lassen.

Eine der Voraussetzungen dafür soll allerdings sein, dass der DFB die kompletten Gehaltsforderungen von Nagelsmann übernimmt. Beim FC Bayern steht Nagelsmann noch bis 2026 unter Vertrag, dem Ex-Coach stehen also eigentlich noch einige Jahresgehälter zu. 

Doch in erster Linie stellt sich erstmal die Frage: Will Nagelsmann überhaupt zum DFB?

Julian Nagelsmann: Ein taktisches Mastermind

Nagelsmann ist einer der taktisch versiertesten Trainer Deutschlands, wenn nicht sogar Europas. Bei seinen bisherigen Trainerstationen, der TSG Hoffenheim, RB Leipzig und eben dem FC Bayern, wusste Nagelsmann stets mit taktischer Finesse zu glänzen. Mal ließ er mit Dreier-, mal mit Viererkette spielen. Auch in Sachen Angriffspressing und Offensive wussten Nagelsmanns Mannschaften des Öfteren zu glänzen. 3,04 Tore erzielten die Münchner während seiner Amtszeit im Schnitt pro Spiel. Flicks Nationalelf hingegen konnte statistisch gesehen nur 2,4 Mal pro Spiel beim gegnerischen Team einnetzen.

Vom Rekordmeister gefeuert geworden zu sein, wird rückblickend von einigen Experten kritisch gesehen. Manche bezeichnen Nagelsmann sogar als größten Gewinner des Bayern-Chaos' aus der vergangenen Saison. Die beiden Entscheidungsträger Hasan Salihamdzic und Oliver Kahn mussten zum Ende der vergangenen Spielzeit ihre Hüte nehmen und auch Nagelsmann-Nachfolger Thomas Tuchel steht nach eher schwachen Monaten beim deutschen Rekordmeister bereits in seiner zweiten Saison gehörig unter Druck.

Top-Klubs mit Interesse an Nagelsmann

Nagelsmann wird derweil nicht nur mit dem DFB in Verbindung gebracht, auch internationale Top-Klubs sollen in den vergangenen Monaten ihre Fühler nach dem 36-Jährigen ausgestreckt haben. Mit dem FC Chelsea gab es in diesem Sommer sogar konkreten Kontakt, mit einem Wechsel an die Stamford Bridge wurde es für Nagelsmann aber dennoch nichts. Weil er auf etwas Größeres wartet?

Zudem geistert in der spanischen Hauptstadt immer wieder der Name des 36-Jährigen rund um das Trainingsgelände von Real Madrid umher. Er gilt als einer der potenziellen Nachfolger von Carlo Ancelotti, der nur noch bis zum nächsten Sommer bei den Königlichen unter Vertrag steht und mit dem Trainerposten bei der brasilianischen Nationalmannschaft in Verbindung gebracht wird.

Passt das Nationaltrainer-Amt in Nagelsmanns Karriereplanung?

Es stellt sich also die Frage, ob sich Nagelsmann diese lukrativen Optionen in Europas Vereinsfußball verbauen will, indem er dem DFB zusagt, um dann eine Woche pro Monat mit seinen Spielern zusammenarbeiten zu können. Lothar Matthäus denkt, "dass er die tägliche Arbeit mit der Mannschaft will und braucht" und auch deshalb mit seinen 36 Jahren "noch nicht so weit" sei.

Matthäus' Verweis auf Nagelsmanns Alter führt zudem zu einem weiteren Punkt, der Nagelsmann selbst vor einem Trainerposten bei der Nationalmannschaft abhalten könnte. Nagelsmann hat mit seinen 36 Jahren noch viele Jahre als Trainer vor sich und bei seinen bisherigen Stationen auch immer einen klaren Plan verfolgt: Mit jedem Verein ging es einen Schritt nach oben, angekommen ist er beim FC Bayern, dem Branchenprimus in Deutschland und einem der größten Klubs Europas und der Welt.

Ein kriselnder DFB, bei dem es seit dem WM-Triumph 2014 steil bergab geht und bei dem spätestens seit dem Ausscheiden in der Gruppenphase der WM 2022 jegliche Euphorie auf die anstehende Heim-EM verflogen ist, wäre wohl kein Schritt nach oben.

Zudem könnte das Risiko für Nagelsmann zu groß sein, bei der derzeit in sich total instabilen Nationalmannschaft zu zerschellen. Scheitert Nagelsmann bei der deutschen Nationalmannschaft ebenso krachend wie Hansi Flick, dürften seine Aussichten auf die großen Cheftrainerposten zumindest einen Dämpfer erhalten haben.

Nagelsmann muss sich überlegen, ob er den Schritt zum DFB wagen will

Hinzu kommt, dass der 36-Jährige beim FC Bayern während der Krise im vergangenen Frühjahr auch mit manchen Stars seine Probleme gehabt haben soll. Beim DFB mangelt es wahrlich nicht an Qualität. Stars wie Ilkay Gündogan, Marc-André Ter Stegen und Co. performen bei ihren Vereinen Woche für Woche. Im Dress des DFB mag es aber bei fast allen Stars nicht so wirklich klappen. Hierfür benötigt es Autorität und einen starken Charakter mit großer Erfahrung – da sind sich die meisten Experten einig. So wie zum Beispiel die ebenfalls kursierenden Namen Louis van Gaal oder Felix Magath.

Auch deshalb wird sich Nagelsmann im Falle einer konkreten Anfrage des DFB genau überlegen müssen, ob er diesen Schritt wagen will. Möchte er dem Vereinsfußball vorerst den Rücken zukehren und stattdessen den "Scherbenhaufen" des DFB übernehmen? Eine erste Entscheidung soll schon spätestens in wenigen Wochen – zur nächsten Länderspielpause – folgen...

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