Bester Zehner! Kroos ist gesetzt

Der 21-Jährige mit der absoluten Passhoheit ist in der Schaltstelle fest gebucht. Der Trainer hält ihn für „ein Juwel”, und Ribéry profitiert von ihm.
München - Sieht man Toni Kroos dieser Tage Fußball spielen, fragt man sich jedes Mal: Wie alt ist dieser junge Mann eigentlich? 25? Na ja, 24 müsste er sein. Mindestens 23, oder? Unaufgeregt, clever und spielerisch agiert er auf dem Platz. Mit einem Wort: reif. Man hat das Gefühl, diese personifizierte Der-Pass-kommt-an-Garantie wandelt schon seit Jahren wie auf Schienen durchs Bayern-Mittelfeld. Aktuell agiert er noch sicherer, noch effizienter.
Toni Kroos ist 21. Er spielt schon seine fünfte Profi-Saison, man glaubt es kaum. Ende September 2007 debütierte er, mit 17. Momentan hat er die Befehlsgewalt im Bayern-Mittelfeld inne, die absolute Passhoheit. Beim 3:1 gegen Villarreal begnügte er sich nicht damit, die Aura des verletzt abwesenden Bastian Schweinsteiger zu ersetzen, sondern inszenierte mit seinen Vorlagen Franck Ribéry und Mario Gomez. Er macht das Spiel. Ein unbezahlbarer Zehner.
Und wertvoller auf dieser vorderen Position im Vergleich zum Sechser. Dieses Experiment hat Trainer Jupp Heynckes nach dem 0:1 gegen Dortmund wohl ad acta gelegt. Am Zehner Kroos führt kein Weg mehr vorbei, alles andere wäre fahrlässig. „Natürlich bin ich dort an mehr Offensivaktionen beteiligt”, sagte Kroos nach einem seiner besten Spiele im Bayern-Trikot am Dienstagabend und beschrieb sein Aufgaben-Gebiet: „Ich versuche, immer im Spiel zu bleiben, viele Ballkontakte zu haben und wenn es geht, vorne mit reinzugehen.” Und er weiß, was ihn unterscheidet von Thomas Müller, gegen den BVB Aushilfs-Spielmacher – ein falscher Zehner ist der, eher ein kreuzgefährlicher, langbeiniger Lückenfinder. Kroos über ihn: „Thomas spielt das ein bisschen anders, weiter vorne mit weitaus weniger Ballkontakten. Er startet dafür öfter ohne Ball hinter die gegnerische Abwehr.”
Kroos steht für Präzision, für Torvorbereitungen. Und mittlerweile für unverzichtbare Sicherheit. „Mir kann nicht viel passieren, wenn ich meine Leistung abrufe”, meinte er kürzlich. Diesen Toni Kroos kann man nicht mehr aus der ersten Mannschaft nehmen, das wissen Jupp Heynckes und Bundestrainer Joachim Löw.
„Toni ist mental sehr stark. Jetzt hat er auch physisch deutlich zugelegt. Er hat Power”, lobte ihn Heynckes, sein größter Förderer, „er ist ein Juwel. So wie er spielen nicht viele Menschen auf der Welt Fußball. Ich habe mit 21 Jahren jedenfalls nicht so guten Fußball gespielt wie Toni – und Uli Hoeneß und Kalle Rummenigge auch nicht.” Womöglich würde sich Kroos nach lediglich ein, zwei Trainingseinheiten auch im Mittelfeld der Passmaschinen Iniesta und Xavi beim FC Barcelona zurechtfinden. Die Teamkollegen bei Bayern wollen auf ihren Spielmacher nicht mehr verzichten. Am Mittwoch meinte Ribéry, le profiteur: „Wenn er den Zehner spielt, ist es für mich besser.” Für Franck, für Bayern, für alle.
„Toni wird immer dominanter. Sein Charakter befähigt ihn dazu, zum absoluten Führungsspieler zu werden”, meinte DFB-Sportdirektor Matthias Sammer bei Sky. Zu verdanken hat Kroos seinen Aufschwung: Heynckes. „Er weiß, wie er mich zu nehmen hat”, erzählte Kroos und erklärte: „Wann ich ein Lob und wann den berühmten Tritt in den Hintern brauche. Aber über allem steht das Vertrauen, das er mir schenkt. Natürlich muss ich zuerst einmal gut spielen, aber man geht anders auf den Platz, wenn man dieses Vertrauen spürt. Das ist bei Jupp Heynckes der Fall. Da hat man nicht das Gefühl, dass man nach einem nicht so guten Spiel gleich wieder aus der Mannschaft genommen wird.” Wird so schnell nicht passieren.