Bereits winterfest? Der AZ-Check zu Bayerns zweiter Reihe in Kiew

Trotz neun Ausfällen sind die Bayern auch in Kiew nicht zu stoppen. Doch wie hat sich die zweite Garde geschlagen? Eine Analyse der AZ.
von  Patrick Strasser
Eiskalt in der Eiseskälte: Die Bayern um Alphonso Davies (m.) feiern den 2:1-Sieg in Champions League bei Dynamo Kiew.
Eiskalt in der Eiseskälte: Die Bayern um Alphonso Davies (m.) feiern den 2:1-Sieg in Champions League bei Dynamo Kiew. © imago images/Eibner

Kiew/München - Früh aufstehen hieß es am Mittwochmorgen für die kleine Reisegruppe des FC Bayern. Abflug vom Flughafen Boryspil war um 10.30 Uhr Ortszeit. Aber bei dem Verkehr in der ukrainischen Hauptstadt (knapp drei Millionen Einwohner, in der Agglomeration mehr als vier) braucht man von der Altstadt und dem Hotel Hyatt Regency bis zum Airport mindestens eine Stunde, je nach Verkehr zwei oder drei – so die Warnungen. Sechsspurige Straßen, drei in jede Richtung – oft alles dicht.

Stichwort abheben. Der Klaus-Fischer-Gedächtnis-Fallrückzieher zum 1:0 von Torjäger Robert Lewandowski, erzielt mit einem offenen Schnürsenkel, war das Highlight im Schneetreiben von Kiew – eine termingerechte Empfehlung für die Wahl zum Ballon-d'Or-Gewinner 2021 Montag in Paris.

Robert Lewandowski trifft sehenswert zum 1:0 gegen Kiew.
Robert Lewandowski trifft sehenswert zum 1:0 gegen Kiew. © IMAGO / Eibner

Lewandowski-Fallrückzieher und vier Bankdrücker im Fokus

"Das Tor von Lewy war sehr, sehr sehenswert", sagte Chefcoach Julian Nagelsmann mit angemessener Untertreibung. Aber bei Pflichtspieltreffer Nummer 25 in dieser Saison (in nur 19 Partien) im Grunde Normalität. Dass Lewandowski performt, überrascht nicht.

Doch beim 2:1 bei Dynamo Kiew standen andere im Mittelpunkt, die sich bei neun fehlenden Profis (gesperrt, infiziert, isoliert) zeigen durften. Bei Minusgraden und seifigem Untergrund konnten Bankdrücker und Tribünenkandidaten beweisen, ob sie winterfest sind. Die Übersicht:

Corentin Tolisso: Guter Kimmich-Ersatz

Souverän als Kimmich-Ersatz: Der französische Weltmeister CorentinTolisso überzeugte im defensiven Mittelfeld des FC Bayern.
Souverän als Kimmich-Ersatz: Der französische Weltmeister CorentinTolisso überzeugte im defensiven Mittelfeld des FC Bayern. © imago images/Eibner

Der Kimmich-Ersatz machte eine deutliche bessere Figur als Marcel Sabitzer, der in Kiew wegen Achillessehnen- und Wadenprobleme im Kader fehlte. Bei der 1:2-Pleite in Augsburg hatte der Österreicher offenbart, dass er nach seinem Wechsel Ende August von RB Leipzig nach München noch nicht wirklich angekommen ist im System FC Bayern.

Tolisso (27), der das 2:0 seines Landsmanns Kingsley Coman vorbereitete, ist seit 2017 bei Bayern und gilt fortan als zuverlässigerer Kandidat für den Platz des ungeimpften - und nun auch infizierten - Joshua Kimmich, dessen Ausfallzeit noch nicht absehbar ist. Dennoch wird Tolisso am Saisonende (Vertrag läuft aus) gehen.

Tanguy Nianzou stark – nur von Verletzung ausgebremst

Dominanter Auftritt - bis zur 85. Minute: Innenverteidiger Tanguy Nianzou (l.), der mit einer Schulterverletzung vom Platz musste.
Dominanter Auftritt - bis zur 85. Minute: Innenverteidiger Tanguy Nianzou (l.), der mit einer Schulterverletzung vom Platz musste. © picture alliance/dpa/AP

Der 19-Jährige machte bis zu seinem verletzungsbedingten Ausscheiden in der Schlussphase (85.) eine ordentliche Partie als Innenverteidiger. Doch nun droht der Franzose nach einem Sturz auf die Schulter auszufallen, da er seinen Arm nicht mehr richtig bewegen konnte. "Bei Tanguy kann es sein, dass es die Bizepssehne ist", sagte Nagelsmann, "aber das Röntgenbild habe ich noch nicht, auch wenn ich mal Doktor Schiwago zu mir gesagt habe."

Wenn Dayot Upamecano (in Kiew gesperrt) und Niklas Süle (seit Montag aus der Quarantäne entlassen) wieder zur Verfügung stehen, ist Nianzou Innenverteidiger Nummer vier – auch hinter Lucas Hernández, der in der Halbzeit "oberhalb des Knies ein bisschen ein Ziehen gespürt hat", so Nagelsmann, "das ist eine sehr blöde Stelle, wir wollten nix riskieren". Daher die Auswechslung.

Bouna Sarr: Wenig Chancen auf mehr Einsätze

Nationalspieler im Senegal, bei Bayern in der Rangordnung aber weit hinten: Verteidiger Bouna Sarr (M.).
Nationalspieler im Senegal, bei Bayern in der Rangordnung aber weit hinten: Verteidiger Bouna Sarr (M.). © imago images/Ukrinform

Der Neu-Nationalspieler des Senegal durfte nach der Pause als Rechtsverteidiger ran, hat aber trotz seines Vertrages bis 2024 keine echte Zukunft. Wird es hinter Benjamin Pavard und Josip Stanisic als Nummer drei auf seiner Position schwer haben. Der 29-Jährige dürfte den Verein zeitnah verlassen, will aber (bisher) aufgrund seines gut dotierten Angebotes und trotz einiger Anfragen nicht.

Marc Roca: Wenig Zeit für Eigenwerbung

Hatte keine halbe Stunde Zeit, um weitere Spielzeit für sich zu reklamieren: Marc Roca.
Hatte keine halbe Stunde Zeit, um weitere Spielzeit für sich zu reklamieren: Marc Roca. © imago images/Eibner

Nach 67 Minuten kam der Spanier, unter Nagelsmann bisher ohne eine Einsatzminute, zu seinem Pflichtspieldebüt in dieser Saison. Wenig Zeit für den Mittelfeldspieler, sich zu empfehlen. Ein Abgang (Verkauf oder Leihe) des 24-Jährigen in der Winterpause rückt näher – bei entsprechender Ablöse.

Im Oktober 2020 kostete Roca - mit Vertrag bis 2025 ausgestattet - neun Millionen. Unterm Strich dürften nur Tolisso und Nianzou zu mehr Einsatzzeit kommen, die Defensive erhielt eh erneut eine Rüge von Nagelsmann. Auf die Frage, warum Dynamo seine Abwehr so oft in Verlegenheit brachte, meinte der Coach lachend "Das frage ich mich auch."

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