Beim FC Bayern stellt sich die Glaubensfrage: Weiter Risiko oder Umbau?

München - Betrachtet man die Dinge nüchtern und sachlich, stehen auf der Habenseite des FC Bayern nach dem ersten Härtetest-Dreierpack lediglich zwei Punkte. Sehr gute Ansätze, teils starke Leistungen, schwacher Ertrag. Gegen Double-Gewinner Leverkusen, vor zehn Tagen Zweiter der Tabelle, kam man über ein 1:1 nicht hinaus. Gegen Aston Villa, vorige Saison Vierter der Premier League, setzte es in der Champions League ein 0:1. Und nun verpasste man gegen Frankfurt, vor dem Spieltag Tabellenzweiter, einen Sieg, fing sich das 3:3 in der Nachspielzeit.
Aber wer betrachtet den FC Bayern schon nüchtern und sachlich? Schon gar nicht nach drei sieglosen Spielen in Folge, die im krassen Kontrast zu den Torfestivals der Wochen zuvor (6:1 in Kiel, 9:2 gegen Zagreb, 5:0 in Bremen) stehen.
Max Eberl verteidigt die Spielweise des FC Bayern
Max Eberl, der Sportvorstand, hatte einen ziemlichen Hals am Sonntagabend in Frankfurt, war sauer und geladen. Nicht auf die Mannschaft, eher auf den Fußballgott, der ihnen nach dem eindeutigen Spielverlauf übelst mitgespielt hatte. Oh Mann, Omar! Der Ägypter Marmoush hatte Bayerns Dreier-Pyramide in der Nachspielzeit zum Einsturz gebracht. Hatten die Münchner angesichts der Risiko-Taktik von Trainer Vincent Kompany den Erfolg auf Sand gebaut?
"Wir brauchen nicht viel negative Dinge finden - außer die drei Gegentore", fing Eberl sein Plädoyer pro Kompany und seine Kompagnons an und fuhr voller Feuer fort: "Wann ist Bayern München in Frankfurt sechs Kilometer mehr gelaufen? Wann hat Bayern in Frankfurt, übrigens haben wir letztes Jahr hier 5:1 verloren, so dominant gespielt? Noch nicht. Das ist der Zweite der Bundesliga gewesen und wir erdrücken sie. Das Einzige, was uns richtig ankotzt, ist das Ergebnis." Und das ist nun mal die Währung des Sports.
Aber die B-Note? Der künstlerische Wert? Eberl im Verteidigungsmodus: "Die Art und Weise, wie wir spielen, wie dominant wir auftreten, das ist schon bemerkenswert."
Joshua Kimmich sieht nicht in der Defensive das Problem des FC Bayern
Sieht auch Joshua Kimmich, der Vize-Kapitän so: "Es fühlt sich sehr gut an auf dem Platz, macht sehr viel Spaß. Jeder hat Bock, jeder ist hungrig, jeder will den Ball haben oder auch erobern." Aber: "Noch schaffen wir es aber nicht, diese gute Arbeit, die wir leisten, und diese guten Spiele in Punkte umzumünzen." Weil die Abwehr, speziell die hoch stehenden Innenverteidiger Min-jae Kim und Dayot Upamecano, die Treffer der Gastgeber per Konter ermöglichten. Erdrückt das einkalkulierte Risiko die eigenen Ergebnisse?
"Wir spielen natürlich mit Risiko", gibt Eberl, früher selbst Verteidiger, zu und meint: "Dann hast du hinten momentan diese großen Räume zu verteidigen. Das ist schwierig. Du kannst nicht vorne alles erdrücken und dann hinten auch noch mit einem Mann Überzahl stehen." Seine Forderung an die Spieler, vor allem das zentrale Mittelfeld, die Bälle in die Spitze zu unterbinden: "Wenn du in einen Flipper-Zweikampf kommst, müssen wir den Ball fressen – selbst, wenn es ein Foul ist."
Sechser Kimmich sieht woanders Nachholbedarf: "Ich habe nicht das Gefühl, dass wir hinten das Problem haben, sondern das Problem, den Gegner wirklich zu killen und das Spiel früher zu erledigen." Was nach dem 3:2 durch Michael Olise in der letzten halben Stunde drin gewesen wäre.

FCB-Offensivstar Gnabry: "Wir hatten alles unter Kontrolle"
Das Kompany-System wird zur bayerischen Glaubensfrage. Alles (außer) Kontrolle? Serge Gnabry brach es simpel herunter: "Wir hatten alles unter Kontrolle. Am Ende des Tages müssen wir mit einem Sieg heimfahren." Thomas Müller sah es so: "Wenn wir dieses Spiel 15 Mal so spielen, dann gewinnen wir es 13 Mal." Was bleibt: Das große Aber. Muss nun ein Sinneswandel einkehren? Hin zu mehr Sicherheit und Stabilität?
"Wir zweifeln nicht an unserer Spielweise, sind auf einem sehr guten Weg", betonte Kimmich. Trainer Kompany sah "eine großartige Leistung der Mannschaft. Wir hatten so viele Chancen." Er glaubt: "Wir müssen darauf vertrauen, dass das die Leistungen sind, die uns die Ergebnisse bringen. Wenn wir so weitermachen, werden wir die nächste Stufe erreichen." Seine Mahnung; "Wir müssen ruhig bleiben."
Nichts leichter als das beim FC Bayern.