„Bei mir schießt er nie“
Arjen Robben verballert den von ihm selbst herausgeholten Elfmeter kurz vor dem Abpfiff – und erntet Kritik von Beckenbauer.
DORTMUND - Hätte, wäre, würde. Arjen Robben hätte der Held des Abends werden können, schließlich hatte er den Elfmeter herausgeholt. Arjen Robben wäre mit einem verwandelten Strafstoß in Minute 85 jener Bayern-Spieler gewesen, der die Hoffnung auf den Titel am Leben gehalten hätte. Arjen Robben würde sich wahrscheinlich heute noch feiern lassen. Hätte, wäre, würde. Stattdessen war der Holländer, der zu allem Überfluss auch noch in der Nachspielzeit eine hundertprozentige Torchance vergab, der Verlierer des Abends.
Sein Fehlschuss entschied den Titelkampf 2012 – zugunsten von Borussia Dortmund. Sein Fehlschuss beendete alle Träume – vom Triple des FC Bayern. „Da zeigt sich wieder einmal: Der Gefoulte soll nicht schießen“, motzte Franz Beckenbauer bei „Sky“ – und erntete prompt den Konter von Kommentator Marcel Reif: „Außer er trifft.“ Doch er traf eben nicht. Robben, der zuvor von Torwart Roman Weidenfeller im Strafraum gelegt worden war, verschoss. Sein Schüsschen wurde zur leichten Beute für Weidenfeller. Der eröffnete dann die Schwalben-Debatte.
„Ich glaube nicht unbedingt, dass ich Robben berührt habe“, sagte der BVB-Keeper und fügte grinsend hinzu: „Ich bin ja kein absoluter Elfmeterkiller, aber ich habe ihn gut gefangen.“ BVB-Kollege Neven Subotic brüllte den frustrierten Robben nach dessen Fehlschuss wütend an. „Ich habe ihm gesagt: Ich mag keine Schwalben“, behauptete der Serbe später dreist und meinte pathetisch:
„Ich hoffe, Gott hat das gesehen.“ Autsch. Ausgerechnet Robben, um dessen vermeintlichen Eigensinn sich diese Saison schon eine Egoismus-Debatte entwickelt hatte, verballerte also den Titel für die Bayern. Oben auf der Ehrentribüne schlug Präsident Uli Hoeneß die Hände vor den Kopf, Boss Karl-Heinz Rummenigge schüttelte entsetzt seinen. Später, eine halbe Stunde nach Abpfiff, erneuerte Beckenbauer seinen Vorwurf:
"Bei mir, wenn ich Trainer bin, schießt er nie! Das ist ein Gesetz, aber vielleicht wurde es ja geändert. Es gibt genug Spieler bei Bayern, die einen platzierten Schuss abgeben können: Schweinsteiger, Kroos...“ Robben selbst wirkte fast verzweifelt, als er sagte: „Ich habe in den letzten drei Jahren zehn, elf Elfer verwandelt, das ist der erste, den ich verschossen habe. Das ist bitter.“
Einen Vorwurf wollte ihm – außer Beckenbauer – auch keiner machen. „Wir dürfen keine Schuldzuweisung an einen Spieler machen. So etwas passiert eben im Fußball, dass man einen Elfmeter verschießt oder so eine Riesenchance vergibt“, sagte Trainer Jupp Heynckes, fügte aber hinzu: „Auch Robben hatte in der ersten Halbzeit einen schweren Stand, ehe er in der zweiten sehr gut gespielt hat.“
Sogar Beckenbauer meinte: „Das ist ein Weltklassespieler. Der wird drüber weg kommen.“ Und: „In einer solchen Situation, in dieser Phase den Mut zu haben, da hinzugehen, das muss man ihm hoch anrechnen. Trifft er, bleiben die Bayern im Titelrennen. Verschießt er, dann ist’s vorbei.“ Jetzt ist’s vorbei.