Bayerns Traum - Löws Problem
100 Tage vor der EM in Polen und der Ukraine sind die Planungen des Bundestrainers Joachim Löw nahezu abgeschlossen. Allerdings bereitet die wichtige Vorbereitungsphase noch Sorgen.
Bremen - Für Bayern München ist es der große Traum, für Joachim Löw könnte es ein großes Problem werden: Sollte der deutsche Fußball-Rekordmeister ins Finale der Champions League am 19. Mai in München einziehen, würde die Vorbereitung der Nationalmannschaft auf die EM in Polen und der Ukraine (8. Juni bis 1. Juli) erheblich gestört werden.
Entsprechend befindet sich der Bundestrainer auf seiner Titel-Mission auch „im Zwiespalt“, wie er vor dem Länderspiel am Mittwochabend in Bremen gegen Frankreich einräumte. „Grundsätzlich freut es mich natürlich, wenn die Bayern ins Endspiel kommen. Aber es würde die Vorbereitung einengen. Natürlich wäre es ideal, mit dem kompletten Kader in die Vorbereitung zu gehen“, sagte Löw.
Deshalb war er schon jetzt bemüht, dem (noch) möglichen Fall auch etwas Positives abzugewinnen: „Für die Spieler wäre es ein gutes Gefühl, wenn sie im Endspiel der Champions League stehen würden. Das wäre auch positiv für uns, wenn sie vielleicht sogar mit einem Sieg zu uns kommen würden.“ Nach momentanem Stand wären acht Bayern-Profis (Schweinsteiger, Lahm, Gomez, Kroos, Badstuber, Neuer, Boateng, Müller) aus dem EM-Kader betroffen.
Der „worst case“ für Löw wäre, wenn neben den Bayern auch noch Real Madrid mit Mesut Özil und Sami Khedira das Finale erreichen würde – dann würden gleich zehn Spieler einen Großteil der wichtigen Vorbereitung verpassen. Schlimmer träfe es nur die Spanier, falls Madrid und der FC Barcelona im Finale stünden. Doch damit nicht genug der Widrigkeiten für Löw. Schon seit einigen Wochen sorgt ein für den 22. Mai angesetztes Freundschaftsspiel zwischen dem FC Bayern und der niederländischen Nationalmannschaft für reichlich Aufregung.
Die Münchner haben sich verpflichtet, mit der bestmöglichen Mannschaft gegen den deutschen EM-Rivalen anzutreten. Auch das würde die Trainingsarbeit behindern. „Das ist nicht ideal, aber wir müssen das akzeptieren“, sagte Teammanager Oliver Bierhoff lapidar. Dem Deutschen Fußball-Bund (DFB) sind die Hände gebunden. Er muss die Kröte schlucken, da die Vereine ihre Spieler offiziell erst ab dem 25. Mai abstellen müssen.
Die Bayern, sagte Bierhoff, „haben die Möglichkeit genutzt und uns darüber informiert“. Die Vorbereitung auf die Europameisterschaft startet die DFB-Auswahl am 11. Mai mit einem Regenerations-Trainingslager auf Sardinien. Schon dort werden zunächst einige Akteure wegen des DFB-Pokal-Finales am 12. Mai fehlen.
Betroffen sein könnten nach derzeitigem Stand die Bayern, die Stars von Borussia Dortmund (Götze, Hummels, Schmelzer, Sven Bender) oder Marco Reus von Borussia Mönchengladbach. Anschließend geht es am 19. Mai von Sardinien nach Südfrankreich, wo bis 31. Mai der Feinschliff folgen soll. Am 4. Juni ist der Abflug ins EM-Quartier nach Danzig geplant. Für Löw ist die Vorbereitung der Schlüssel zum Erfolg. „Da werden die Grundlagen gelegt.
Die Vorbereitung entscheidet über die Form, wie man eingespielt ist, über wichtige Kleinigkeiten und auch größtenteils über den Verlauf des Turniers“, betonte der Bundestrainer. Gern führt Löw immer wieder Beispiele wie Lukas Podolski oder Miroslav Klose an, die ohne Form zur Nationalmannschaft gekommen waren, nach einer gezielten Vorbereitung aber ein überragendes Turnier spielten – wie bei der WM 2010 in Südafrika.
„Das ist manchmal ein schmaler Grat“, merkte Löw an, „wie man Spieler auf den Punkt genau in Höchstform bringt.“ So bleibt Löw die Hoffnung, dass seine bereits bis ins Detail durchgeplante EM-Vorbereitung von allzu großen Problemen verschont bleibt. Sicher ist bisher nur, dass er mit der Nominierung seines EM-Kaders bis nach dem letzten Bundesligaspieltag am 5. Mai warten wird.
Ob er dann bereits sein endgültiges Aufgebot mit 23 Spielern beruft, ließ der 52-Jährige in den vergangenen Tagen jedoch offen. Derzeit dürfen sich 27 Spieler Hoffnungen auf ein EM-Ticket machen. Nominierungsschluss bei der Europäischen Fußball-Union (UEFA) ist der 29. Mai.
Dass einige Leistungsträger verletzt sind und andere ihrer Form hinterherlaufen, sieht Löw indes weniger problematisch. „Da bin ich gelassen. Wir haben noch einige Wochen Zeit, bis die Vorbereitung beginnt.“ Doch genau die könnte zum Problem werden.