Bayerns schlechtere Hälfte: Wo die Probleme liegen

München - Auch für den FC Bayern gibt es noch Rekorde, die noch nicht gebrochen wurden – schau an, schau an. 3:0 nach zwölf Minuten – so schnell hat eine Mannschaft in der Bundesliga-Geschichte auswärts bisher nie mit drei Toren geführt.
Und bei 18:1-Torschüssen in der ersten Halbzeit im Stadion der bemitleidenswerten Kölner, die noch nie in ihrer Liga-Historie nach zwölf Minuten 0:3 zurücklagen und für die daher schon an diesem Sonntag Aschermittwoch zu sein schien, hätte es schlimmer kommen müssen. "Die erste Halbzeit war richtig, richtig gut. Wir hätten mit 4:0, 5:0 in die Kabine gehen können", bemängelte Joshua Kimmich.
Manuel Neuer verärgert über 4:1-Endstand
Und nach dem unterm Strich mickrigen 4:1-Endstand zeigte sich Nationaltorhüter Manuel Neuer verärgert – und dementsprechend kritisch: "Wir hätten bis zu zehn Tore schießen können. Hier war auf jeden Fall mehr drin. Mich ärgert einfach, dass wir nicht konstant so weitergespielt haben wie in der ersten Halbzeit, weil wir uns das Leben dann selber schwer machen."

Zum wiederholten Male, der Knick nach der Pause ist ein wiederkehrendes Muster in dieser Rückrunde. 3:0-Führung im vorherigen Liga-Auswärtsspiel in Mainz, Endstand (sogar schmeichelhaft) 3:1. Kurz darauf, noch eklatanter: der 4:1-Vorsprung im Pokal-Achtelfinale gegen Hoffenheim, aus dem am Ende beinahe ein 4:4 geworden wäre. Mit dem tatsächlichen 4:3 schrammte man, Thomas Müller und Robert Lewandowski waren zur Schonung bereits ausgewechselt worden, an einer Peinlichkeit namens Verlängerung vorbei. Köln war Fall Nummer drei.
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Hansi Flick: Auftritt nach der Pause "pomadig"
"Pomadig" nannte Flick den Auftritt nach dem Wechsel in Köln und bilanzierte: "Die zweite Hälfte war so, dass man eher ein bisschen verärgert über die 90 Minuten ist." Deutlicher wurde Thomas Müller, der in der ersten Halbzeit "einen super Fußball" sah, es sei "zum Mit-der-Zunge-Schnalzen" gewesen.
Konkret: "Ich habe uns selten so spielfreudig gesehen. Wir hatten Kombinationen, an denen alle Spieler beteiligt waren, gute Laufwege und waren technisch sauber. In den ersten zwölf Minuten waren wir extrem effizient." 3:0 – das Spiel war gelaufen, später liefen die Bayern nicht mehr so viel.
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Faulheit? Schlendrian? Nachlässig im sicheren Gefühl des Sieges? Oder cleveres Runterschalten mit Blick auf die kommenden Aufgaben in der Meisterschaft, in Pokal und Champions League? Fehlende Konzentration, nachlassende Körperspannung angesichts der hohen Führung – für Müller "menschlich". Sein Vorwurf an die eigene Mannschaft: "Wir machen es uns zu gemütlich, weil wir uns einfach zu sicher fühlen." In der Champions League dürfe man sich das "absolut nicht erlauben".
Ein weiterer Punkt: Wenn Schlüsselspieler wie Joshua Kimmich (ab der 59. Minute) ausgewechselt werden und leistungsmäßig nicht annähernd (durch Corentin Tolisso) ersetzt werden können, bröckelt das Gebilde. Doch Herausforderungen wie Gegner Chelsea dürften den Bayern die Schludrigkeit austreiben. "Das Gute ist, dass wir es in der eigenen Hand haben", erklärte Müller hoffnungsvoll, "wir müssen eben an die hundert Prozent herankommen und diese Gemütlichkeit ablegen und mit dieser Mentalität ins Spiel gehen. Wenn wir dazu in der Lage sind, sehe ich uns auf einem guten Weg. Die Kehrseite der Medaille wollen wir nicht mehr allzu oft sehen."
Weil die Top vier der Tabelle allesamt gewannen, sieht Müller einen "schönen Vierkampf an der Spitze, es bleibt spannend". Man wolle jedoch "irgendwann in den nächsten Wochen – wenn es so läuft, wie wir es uns vorstellen – den Vorsprung ausbauen". Dafür muss Bayern künftig seine bessere Hälfte zeigen – in beiden Spielhälften.
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