Bayerns Samba-Tanz zum Titel

4:0 gegen Schalke, schon 15 Punkte Vorsprung! „Der Deckel ist drauf!”, sagt Effenberg, und selbst Heynckes spricht jetzt von der Meisterschaft.
MÜNCHEN Möchte jemand noch dagegen wetten? Übermütig? Zu viel Geld? Nicht mal ein Urdortmunder, der sich mit einem Urdortmunder Getränk Mut anpilst, dürfte bei 15 Punkten Rückstand noch Hoffnung haben.
Der HSV zerlegt den Meister mit 4:1, die Bayern den letztjährigen Dritten Schalke mit 4:0 – das Meisterstück. Glückwunsch, Titel Nr. 23 ist nur noch eine Frage der Zeit. „Ich habe vorher gesagt: Heute machen sie den Deckel drauf”, meinte Sky-Experte Stefan Effenberg. „Jetzt ist er drauf.”
Die Schale lassen sich die Bayern nicht mehr nehmen – eher erreicht Greuther Fürth noch die Europa League. „Das war ein richtig großer Schritt”, resümierte Arjen Robben und forderte: „Wir dürfen die Meisterschaft jetzt nicht mehr verlieren.” Noch nie büßte eine Mannschaft den Spitzenplatz ein, die 13 Runden vor Saisonende mehr als sechs Punkte Vorsprung hatte. „Deutscher Meister – sind wir schon im März”, sangen die Fans in der Allianz Arena. So wie es die AZ vor zwei Wochen prognostiziert hatte.
Die Fakten: 15 Punkte Vorsprung ist nach 21 Spieltagen ebenso Rekord wie die 54 Punkte, die man bereits eingespielt hat. „Es war ein super Spieltag für uns, aber es gibt keinen Grund, in Euphorie auszubrechen”, sagte Präsident Uli Hoeneß und meinte am Sonntag: „Wir müssen mit dem Klingelbeutel geschlagen werden, wenn wir die Meisterschaft noch verspielen.” Sein Spezl Jupp Heynckes, vor Anpfiff trotz Dortmunds Pleite nicht in Jubelstimmung und ohnehin im Hoeneß’schen Sinne unverdächtig, ein Euphoriker zu sein, spricht erstmals vom Titel: „Unser wichtigstes Ziel war immer die Meisterschaft. Und so wie die Mannschaft derzeit spielt, werden wir unser Ziel wohl auch erreichen.”
Weitere Fakten: Nur sieben Gegentore, eine Tordifferenz von plus 48 und 17 Siege, davon 15 zu null. Auch Vorstand Karl-Heinz Rummenigge bremste, er betonte, es gebe in der Kabine „Wasser und keinen Champagner. Wir nehmen noch keine Glückwünsche entgegen.” Höchstens für die furiose Show beim 4:0 gegen Schalke. Drei Bankdrücker mit Arjen Robben, Mario Gomez, Jérôme Boateng statt Thomas Müller, Mario Mandzukic und Daniel Van Buyten – kein Thema! Längst haben die Bayern andere Ziele als Punkte- oder Torrekorde. Wichtig ist: Die B-Note muss stimmen. Wer ständig jubeln muss, braucht Abwechslung.
Erst traf David Alaba per Elfmeter – zu schnöde, um auszuflippen. Einlage vertagt. Als Bastian Schweinsteiger einen Freistoß an den Innenpfosten hin-zentimeterte, rief er den Brasilianer Dante zur Tanzstunde. „Nur ein kleiner Spaß”, meinte Schweinsteiger. Rechts, links – irgendwas zwischen Cha-Cha-Cha und Schuhplattler. Zwei Augen zugedrückt: Es war Bayerns Samba-Tanz zum Titel. Dante, unter der Woche Debütant in der Selecao, meinte gar: „Bei Bayern sind wir kompakter und besser organisiert.”
Als Alaba seinen zweiten Treffer erzielte, war die Stunde des österreichisch-französischen Konkurrenzpaares gekommen. „Wir haben Spaß und Schmäh in der Kabine, das haben wir auch auf dem Platz gezeigt”, meinte Alaba. Mit Franck Ribéry führte der Wiener ein Duett aus Moonwalk und Disco-Fox auf. „Nicht einstudiert!”, sagte er. Egal. Ist ja Fasching.
„Es gibt auch bei uns immer noch Dinge, die man perfektionieren kann”, sagte Trainer Jupp Heynckes – und meinte gewiss nicht die Titel-Tänze. „Zu großen Mannschaften”, sagte er noch, „gehören Titel”. Ist bald soweit. Zumindest der erste Streich.