Bayerns Neuer Thiago: Jetzt legt er richtig los

Pep Guardiola hatte vor der Saison seinen Wunschspieler gefordert: "Thiago oder nix." So tickt er privat: Tortillas-Kochen, Spaziergänge mit Zwergpudel Babi, Bruno Mars
MÜNCHEN Thiago Alcántara steht da und grinst. "Super Pass? Ich habe Arjen doch fast umgebracht", sagt er und lacht. Gerade eben hat der FC Bayern Dortmund 3:0 besiegt und er, der Neuzugang, hatte mit seiner Vorlage zum 2:0 gehörigen Anteil. Ein Wahnsinnspass, den Thiago da spielte, 50 Meter weit übers Feld, genau in Robbens Lauf. Ein super Pass? Thiago winkt ab. "Ach, ich habe nur ein rotes Trikot gesehen", sagt er und blickt zu Boden. "Gott sei Dank ist Arjen so schnell."
Schnell, das ist das Stichwort. In Dortmund hat Thiago vor zehn Tagen gerade erst sein Comeback als Joker nach drei Monaten Pause und seine erste Torvorlage gegeben, eine Woche später ist er im Ligaspiel gegen Braunschweig (2:0) schon die zentrale Figur im Mittelfeld, hat 154 Ballkontakte. Auch im Pokal-Spiel gegen Augsburg (bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe noch nicht angepfiffen) wird er wieder von Beginn an auflaufen. Und man ahnt, warum Pep Guardiola ihn unbedingt haben wollte, die Bayern ihm den 25-Millionen-Wunsch auch erfüllten. Jetzt kann er endlich auspacken – Pep Guardiolas Geschenk legt los.
"Thiago verkörpert, was so wichtig ist für das Spiel von Guardiola", schrieb Günter Netzer in "Bild". "Er ist variantenreich, immer anspielbereit, hat eine hohe Ballsicherheit. Er kann schnelle, entscheidende Pässe spielen, kann das Tempo variieren." Fazit: "Thiago hat mich begeistert, obwohl er so lange verletzt war." Seine Anwesenheit garantiere, "dass Guardiolas Fußball-Philosophie eins zu eins umgesetzt wird".
Besonders macht Thiago, dass er wirklich immer den Ball haben will. "Ich habe den Fußball so vermisst", sagt er, "jetzt bin ich wieder glücklich." Wenn er spielt, ist das Mittelfeld der Bayern noch ballsicherer. Sein Stil – unverkennbar: Durchgedrückter Rücken, Hintern raus. Es sieht elegant aus, wenn er den Ball führt, fast lässig. Der Schnellste ist Thiago nicht, das macht er aber durch seine perfekte Technik wett.
Dass man nun erst im Dezember zu sehen bekommt, warum Pep Guardiola im August vor seiner Verpflichtung "Thiago oder nix" forderte, lag am Verletzungspech, an einem Syndesmosebandriss. Gerade mal 17,2 Prozent aller Pflichtspielminuten stand er bisher für Bayern auf dem Rasen. Zum Vergleich: Toni Kroos, mit dem er im Mittelfeld die Fäden zieht, kommt auf 85,8 Prozent. "Wir brauchen ihn sobald wie möglich", sagte Pep Anfang November, als auch noch Bastian Schweinsteiger ausgefallen war. Zuvor hatte es wegen Thiago Behandlung schon ein Streitgespräch zwischen Guardiola und Vereinsdoc Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt gegeben. Jetzt sagt Thiago: "Der Knöchel fühlt sich gut an."
Überhaupt scheint sich der 22 Jahre alte spanische Nationalspieler, der im Sommer aus Barcelona, seinem Jugendverein, fort ging, in München sehr wohl zu fühlen. Zusammen mit Freundin Julia nimmt er Deutsch-Stunden, sein Lieblingswort scheint wie bei Guardiola "unglaublich" zu sein – so beschreibt er die Stimmung in deutschen Stadien.
Als er verletzt war, legte er beim Tortillas-Kochen selbst Hand an oder spazierte mit Freundin und deren Zwergpudel Babi durch den Englischen Garten. Überhaupt scheint diese Julia Vigas eine wohltuende Erscheinung zu sein, kein Modepüppchen oder TV-Starlet, nein, sie ist Mitbetreiberin eines Hotels an der Costa Brava (gehörte dem Vater) und geht nebenbei zur Uni. Gemeinsam besuchten sie vor kurzem auch ein Konzert von Bruno Mars. All das dokumentiert Thiago gerne in sozialen Netzwerken: Bei der Fotocommunity "Instagram" hat er 217 000 Follower, bei Twitter über 1,8 Millionen. Eine gute Basis – um jetzt voll durchzustarten.