Bayern: Zum Schreien

Bayerns Champions-League-Erfolg in Basel sorgt für Erleichterung. Die Art, wie er zustande gekommen ist, belegt allerdings: Das Mannschafts-Gebilde ist seltsam zerbrechlich.
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Ist zurück auf dem Trainingsplatz: Mark van Bommel
Ulmer Ist zurück auf dem Trainingsplatz: Mark van Bommel

BASEL/MÜNCHEN - Bayerns Champions-League-Erfolg in Basel sorgt für Erleichterung. Die Art, wie er zustande gekommen ist, belegt allerdings: Das Mannschafts-Gebilde ist seltsam zerbrechlich.

Eine Minute, zehn Sekunden. Länger wollte Karl-Heinz Rummenigge nicht reden nach dem spät erzwungenen 2:1-Sieg in Basel. Bayerns Vorstandschef hielt beim traditionellen Mitternachtsbankett nur eine kurze, recht sachliche Rede, aus der vor allem Erleichterung herauszuhören war.

Wer weiß, was sich die Spieler und Gäste hätten anhören dürfen, wenn es etwa zweieinhalb Stunden vorher nicht gescheppert hätte in der Gäste-Kabine im Basler Joggeli.

Zur Halbzeit war Bayern noch 0:1 zurück gelegen, ein haarsträubender Fehlpass von Abwehrchef Daniel van Buyten hatte den Treffer des früheren Dortmunders Alexander Frei begünstigt. Die Münchner, die zunächst recht gut in die Partie gekommen waren, hatten danach völlig den Faden verloren.

„Jörg Butt und ich sind in der Pause ziemlich laut geworden. Wir haben gesagt, was uns gefehlt hat – der Trainer fand das gut und hat nur sehr wenig hinzugefügt. Er hat nur gesagt, ,Hey Jungs, das geht nicht. Wir trainieren die ganze Woche, und dann kommt gar nichts von euch“, erklärte Kapitän Mark van Bommel.

Tatsächlich war die Leistung der Bayern nach dem Gegentor zum Schreien gewesen. Die in der letzten Saison noch so selbstsicheren Kicker hatten danach Glück, dass sie nur mit einem Tor Rückstand in die Kabine gingen. „Bayern ist auseinander gefallen, das war an der Körpersprache zu sehen“, analysierte auch Ex-Coach Ottmar Hitzfeld schon in der Pause bei sky.

Die laute Kabinenpredigt erfüllte ihren Zweck; nach der Pause fanden die Bayern wieder ins Spiel, dominierten das Geschehen fortan und kamen nicht nur zu den zwei Toren (jeweils nach Standardsituationen), sondern auch zu mehreren hochkarätigen Chancen.

Der Sieg war, wie die Bayern hinterher zu Recht anmerkten, verdient. Man kann van Bommels und Butts Kollegenschelte also positiv werten, die Mannschaft schaffte es, sich selbst aus dem selbst eingebrockten Schlamassel zu befreien. „In der zweiten Halbzeit haben wir den Schalter mental umgelegt und auch kämpferisch und spielerisch zugelegt“, sagte Thomas Müller.

Dass das Gebrülle überhaupt notwendig war, sagt aber auch viel aus über den aktuellen Gemütszustand der Spieler. „Es hört sich komisch an, aber es war wichtig, das 1:0 bis zur Pause zu verwalten, den Rückstand zu verteidigen“, sagte van Bommel. Bei der WM hätten er und seine Niederländer das im Viertelfinale gegen Brasilien nach dem 0:1 auch getan und am Ende gewonnen. Mag sein.

Doch hätten die Fast-Triple-Gewinner in der Vorsaison bis zum Pausenpfiff gewartet, um sich zu sammeln? Wären sie nach einem Gegentor durch einen international mäßig gefürchteten Gegner wie Basel auseinander gebrochen?

Das Mannschafts-Gebilde ist erkennbar fragil nach dem Rumpelstart in der Bundesliga mit nur zwei Siegen (übrigens beide ebenfalls erst in der Schlussminute gesichert), das ließen die Aussagen von Thomas Müller erahnen.

„Wir kommen immer ganz gut aus der Kabine, machen viel Druck, kassieren dann ein Gegentor und stehen dann wieder vor dem Scherbenhaufen“, sagte er. „Wir müssen uns wegen der Gegentore immer wieder so einen Kraftakt aus den Knochen ziehen.“ Das sei ermüdend. Wohl nicht nur körperlich.

Filippo Cataldo

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