Bayern-Youngster: Klick, Boom – Weiser
München - „Bei ihm hat es Klick gemacht“, sagte Sportvorstand Matthias Sammer zuletzt in Doha über Bayern-Profi Mitchell Weiser. Er selbst sagte sogar: „Es hat Boom gemacht!“ Klick oder Boom? Über das genaue Ausmaß von Weisers Leistungs-Explosion während des Trainingslagers wird der Verlauf der Rückrunde entscheiden. Mit einem Doppelpack beim 4:1 im ersten Test gegen eine Katar-Auswahl hat sich der 20-Jährige aber zumindest wieder in Erinnerung gerufen.
Der von vielen fast schon abgeschriebene und vergessene Profi des FC Bayern spielte auch beim zweiten Test (4:1 gegen Al Hilal) durch. Ein Privileg, das bei neun Auswechslungen außer ihm lediglich Juan Bernat genoss.
„Wir erkennen seit einem halben Jahr eine Wandlung bei ihm. Mitchell trainiert extrem gut und arbeitet an sich“, lobte Sammer. „Das ist auf jeden Fall eine sehr schöne Aussage von Matthias Sammer für ihn“, sagte Mitchell Weisers Vater Patrick, früher selbst unter anderem beim 1. FC Köln und dem VfL Wolfsburg aktiv, zur AZ.
Ähnlich wie Sammer hat der Ex-Profi, der jetzt die U19-Junioren beim Bonner SC betreut, bei seinem Sohn auch „in der Vergangenheit gute Leistungen“ beobachtet, „im Training und in Spielen der zweiten Mannschaft. Deshalb finde ich es schön, dass sich seine harte Arbeit jetzt auszahlt.“
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Weiser hat die Wintervorbereitung der Bayern genutzt, um auf sich aufmerksam zu machen, überzeugte in der Rolle als Rechtsverteidiger. Plötzlich ist er wieder mittendrin im Kampf um einen Platz in der Mannschaft und fordert Rafinha heraus.
„Bayern München hat ihn wegen seines Potenzials und seiner Qualität geholt“, sagt Patrick Weiser. Das ist jetzt 2,5 Jahre her. Als 17-Jähriger und eines der größten Versprechen des deutschen Fußballs wechselte Mitchell damals vom 1. FC Köln nach München.
„Er wollte das so. Es ist wichtig, dass er seine Entscheidungen trifft, dazu steht und sich dann durchbeißt. Das hat er auch gemacht“, sagt sein Vater. Durchsetzen konnte sich Mitchell aber nie, auch nicht nach der sechsmonatigen Ausleihe zum 1. FC Kaiserslautern, wo er 2013 Spielpraxis sammeln konnte. Im Profiteam der Bayern kam er bislang nicht über gelegentliche Kurzeinsätze hinaus – insgesamt stand er nur 162 Minuten auf dem Feld. Meist spielte er in der zweiten Mannschaft. Im Sommer musste Weiser sogar seine Rückennummer 23 an Ersatzkeeper Pepe Reina abtreten. Er übernahm die 24, um sie kurz danach an den zwei Jahre jüngeren Neuzugang Sinan Kurt wieder abzugeben und auf die 30 zu wechseln.
Ein Zahlenwechselspiel, das nicht von allzu großer Wertschätzung zeugt.
Genau wie der Scherz, den sich seine Kollegen am 1. April erlaubt hatten. Die hatten ihn vor der Abreise zum Champions-League-Spiel in Manchester per SMS über eine angebliche Nachnominierung informiert. Am Flughafen angekommen, lag aber keine Bordkarte für Weiser bereit. April, April!
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In der Sommerpause arbeitete der Ex-Kölner im Urlaub gemeinsam mit einem Personal-Trainer hart an sich, bevor er dann zwei Tage vor dem Trainingsauftakt bei einem Freizeitspiel einen Syndesmosebandriss erlitt und lange pausieren musste.
„Da hatte ich viel Zeit nachzudenken“, sagt Weiser: „Ich habe mich hinterfragt, ob ich alles mit 100 Prozent gemacht habe. Wenn man den Vergleich zieht, sieht man, dass es nicht immer 100 Prozent waren.“ Weiser hinterfragt sich, aber „Mitchell ist kein Zweifler“, sagt der Papa: „Ich wäre froh gewesen, damals als junger Spieler diese Charakterstärke zu haben, die Mitchell jetzt hat in seinen jungen Jahren. Da kann ich mir etwas von ihm abschauen.“
Von äußeren Umständen lässt sich der Jungprofi nicht beeinflussen, glaubt Vater Patrick Weiser: „Er hat eine gewisse Unbekümmertheit, einfach Spaß am Spiel. Das steht bei ihm im Vordergrund. Ihm ist bewusst, bei welchem Verein er spielt. Aber davon, dass er nur noch ein halbes Jahr unter Vertrag steht, lässt er sich nicht allzu sehr unter Druck setzen.“ Weisers Arbeitspapier bei Bayern endet im Sommer. Bis dahin hat er Zeit zu beweisen, dass es nicht nur Klick, sondern tatsächlich auch Boom gemacht hat.