"Bayern weiß, dass der aktuelle Weg nicht so gut ankommt"

Christian Nandelstädt über seine Rede auf der Jahreshauptversammlung des FC Bayern, Pfandbecher und das Dauerthema Katar.
von  Maximilian Koch
Die Jahreshauptversammlung des FC Bayern am Freitag, bei der Christian Nandelstädt (kleines Bild) mit einem Redebeitrag auffiel.
Die Jahreshauptversammlung des FC Bayern am Freitag, bei der Christian Nandelstädt (kleines Bild) mit einem Redebeitrag auffiel. © dpa/privat/AZ

München - Die AZ hat mit Christian Nandelstädt gesprochen. Der 44-jährige Marketingexperte ist seit 1999 Bayern-Mitglied und lebt in Düsseldorf. Bei der Jahreshauptversammlung am vergangenen Freitag fiel er mit einem besonderen Redebeitrag auf, der sich mit der Politik des Vereins befasst hat.

AZ: Herr Nandelstädt, Ihr Redebeitrag auf der Jahreshauptversammlung des FC Bayern hat für viel Aufmerksamkeit gesorgt. Wie sind die Reaktionen ausgefallen nach Ihrer Kritik an der Vereinspolitik?
CHRISTIAN NANDELSTÄDT: Es gab viele positive Rückmeldungen. Eigentlich alle haben mir gratuliert und waren der Meinung, dass es mal Zeit war, diese Themen anzusprechen.

Was soll der FC Bayern konkret ändern in Zukunft?
Es ist nicht gut, beim internationalen Wachstum die Werte aus den Augen zu verlieren, die den FC Bayern besonders machen. Karl-Heinz Rummenigge hat ja gesagt, dass es zur Internationalisierung keine Alternative gibt, da gebe ich ihm recht. Aber es geht um die Art und Weise. Und da sehe ich den Klub aktuell auf dem Weg wie Manchester United oder Paris St. Germain – Klubs, die der FC Bayern für die skrupellose Geschäftspolitik ihrer Eigentürmer kritisiert. Ein anderes Beispiel ist, dass der FCB in der Arena seit 2005 16 Millionen Plastikbecher weggeworfen hat. Als Club mit Vorbildfunktion sollte er auch hier ein gutes Beispiel abgeben und auf Pfandbecher setzen.

Haben Sie das dem Klub schon einmal mitgeteilt?
Ja, das ist jetzt ungefähr ein Jahr her. Daraufhin wurde ich an die Säbener Straße eingeladen. Es war ein sehr freundliches Gespräch mit Jan-Christian Dreesen (Finanzvorstand, Anm. d. Red.). Ich hatte den Eindruck, dass es beim Verein ein Nachdenken darüber gibt, ob alles so richtig ist.

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Hat sich ein Jahr später etwas in die positive Richtung verändert?
Nein, leider nicht. Es sind noch einige Dinge seitdem hinzugekommen, es gab diesen Deal mit dem Flughafen Doha als neuem Sponsor.

Wie könnte der Klub den Spagat denn schaffen zwischen Wachstum und dem Bewahren der traditionellen Werte?
Ich glaube, die Bayern wissen, dass der aktuelle Weg nicht so gut bei den Fans ankommt. Bei der Jahreshauptversammlung hat Rummenigge ja stolz erzählt, dass der FC Bayern drei neue Sponsoren im Geschäftsjahr gewonnen hätte: Goodyear, Procter & Gamble – den dritten hat er bewusst nicht genannt: den Doha Airport. Dem Verein ist es bewusst, dass es Kritik an der Ausrichtung gibt. Aber dann gibt es dieses Denken: So ist es halt, so machen es alle, wir brauchen das Geld. Die Alternative wäre, bei jeder Geschäftsentscheidung zu überlegen: Entspricht das eigentlich auch unseren Werten?

Kann man sich eine solche Ausrichtung in der heutigen Zeit überhaupt leisten angesichts der enormen internationalen Konkurrenz?
Ich glaube, dass der Klub wirtschaftlich nicht ruiniert wäre, wenn er so agieren würde. Es gibt so viele Sponsoren, die sich gern beim FC Bayern engagieren würden, auch wenn sich der Klub anders verhalten würde.

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Haben Sie Hoffnung, dass Uli Hoeneß die Werte, die Sie nennen – Fairness, Menschlichkeit, Zivilcourage, Verantwortungsbewusstsein –, wieder mehr in den Vordergrund rückt?
Die Hoffnung ist da. Ich glaube, dass er ein Gespür für die Fans hat, für deren Wünsche, für Stimmungen. Ich kann mir gut vorstellen, dass Uli Hoeneß diese Rolle jetzt gern besetzen will nach seiner Rückkehr.

Trotzdem geht’s im Januar wieder ins Trainingslager nach Katar.
Es wäre ein gutes Zeichen, dieses Trainingslager an einem anderen Ort stattfinden zu lassen. Es wird ja so dargestellt, als wäre es unmöglich, im Winter woanders zu trainieren. Der Verein müsste es einfach nur wollen.

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