Bayern vs. Dortmund: Kampf der Kulturen
Das Champions-League-Finale zwischen dem FC Bayern und Borussia Dortmund ist mehr als ein Spiel um den Henkelpott. Es geht um Mario Götze, Robert Lewandowski – und viele kleine Sticheleien.
München - Der Tag danach, früh morgens im Hotel. Jupp Heynckes bittet seine Stars noch vor dem Rückflug zur Spielanalyse. "Unser Weg ist noch nicht zu Ende", sagt er.
Später am Flughafen in Barcelona gibt es unter Fans und Sponsoren nur noch ein Thema: das Traum-Finale am 25. Mai gegen Borussia Dortmund. Thomas Müller steht auf einer Rolltreppe und fragt seinen Nebenmann: "Wer hat das hier gesagt: 'Druck? Ich spüre keinen Druck vor lauter Druuuck.'"
Die Antwort ist nicht schwer: Müller imitiert mit Quietsche-Stimme Oliver Kahn. Auch Müller, Inbegriff von Lockerheit, weiß, dass das keine normalen Wochen werden. "Jetzt kommt die wichtigste Zeit, in der die Titel vergeben werden", sagt Müller. Vor allem der eine Titel.
Denn: Bayern gegen Dortmund, das ist mittlerweile wie Real Madrid gegen den FC Barcelona, Brisanz mit einer Prise Wut. "Mein Respekt vor Bayern ist abgekühlt, da bin ich ganz ehrlich", sagt BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke. "Wieso sollten wir so tun, als ob Friede, Freude, Eierkuchen herrscht?"
Die AZ zeigt, warum so viel Gift in diesem Endspiel in Wembley steckt.
DER GÖTZE-KLAU
Der BVB nimmt den Bayern übel, dass sie ihnen zur neuen Saison Götze wegschnappen. Vielmehr noch: Dass sie vorab nicht von den Bayern in ihre Pläne eingeweiht wurden. Watzke bezeichnete dies als "nicht sehr stilbildend".
Und Heynckes hat da so eine Vorahnung. "Ich glaube schon, dass das Spiel für die Dortmunder Fans aus diesem Grund noch mal eine größere Brisanz hat", sagt er. Götze, der aktuell mit Muskelfaserriss fehlt, hofft, dass er zum Finale fit wird – und müsste dann gegen die neuen Kollegen ran.
DER LEWANDOWSKI-DEAL
Der nächste, bitte! Auch Robert Lewandowski ist sich mit den Bayern einig, will schon im Sommer nach München. Es droht eine Transfer-Schlammschlacht zwischen den Klubs. Eskaliert die Situation noch vor dem Endspiel?
DORTMUNDS LANGE NASE
Die haben Spieler und Bosse den Bayern in den vergangenen zwei Jahren rein sportlich gezeigt. Meister 2011! Bestimmt nur Zufall, eine einmalige Geschichte. Denkste! Meister 2012! Aber im Pokalfinale, da zeigen wir’s denen... Denkste! 2:5, Double-Sieger Dortmund.
Franck Ribéry sagt heute: "Das letzte Jahr war brutal. Die Vize-Titel tun immer noch weh." Jetzt will Bayern Revanche. Zumal den Offiziellen auf die Nerven ging, wie Dortmund in den vergangenen zwei Jahren Gott und der Welt erklären wollte, wie moderner Fußball funktioniert. "Wir haben den Hunger, den Ehrgeiz, die Motivation, diese Saison zu krönen", sagt Heynckes.
DER CHINA-BÖLLER
Dortmunds Trainer Jürgen Klopp hatte vor Wochen gesagt, dass das mit den Bayern ja wie in der Wirtschaft sei, in der die Chinesen von anderen abkupfern. Die Antwort von Heynckes folgte prompt. Tenor: Was willst und wer bist du denn eigentlich?
DIE REGIONALE SACHE
So hatte Präsident Uli Hoeneß den BVB bezeichnet. Es folgten Spitzen aus Dortmund. Die jüngste gestern, nachdem der BVB die Partnerschaft mit Turkish Airlines vorgestellt hatte. Watzke: "Es gibt Zipfel, in denen man denkt, dass es noch regionaler bei uns zugehen würde." 250.000 Kartenvorstellungen für das Finale sind beim BVB eingegangen, der Klub rechnet mit einer halben Million.
Uli Hoeneß hatte nach der Champions League-Auslosung gesagt: "Dortmund ist der schwächste Gegner." Wenn sich das jetzt mal nicht rächt... Und: Nach dem Sieg im DFB-Pokalviertelfinale hatte der Bayern-Präsident in der Euphorie noch getönt: "Die deutschen Verhältnisse sind geklärt!" Was er damals nicht ahnen konnte: Das sind sie (noch) nicht.