Bayern versöhnt die Fans – und die verhöhnen Klinsmann

MÜNCHEN - Der FC Bayern München hat sich rehabilitiert für die Schmach von Barcelona, ein bisschen wenigstens. Trotz des 1:1 gegen Messi und Co. fordert die Südkurve den Rauswurf von Trainer Jürgen Klinsmann – dabei war selbst der Kaiser vom Spiel angetan.
Es hat nicht zum Sieg gereicht, natürlich nicht zum Halbfinale der Champions League. Aber die Bayern haben sich wenigstens nicht nochmal so blamiert gegen den FC Barcelona wie beim Hinspiel (0:4) vor einer Woche. Das 1:1 gegen die Zauberer aus Katalonien war – zumindest kämpferisch und in Sachen Engagement – eine kleine Wiedergutmachung.
Worüber die Fan-Gemeinde im Stadion offenbar geteilter Meinung war. Aus der Südkurve schallten in der Schlussphase immer wieder „Klinsmann raus!“-Rufe. Doch das war nicht alles, was der zumindest bei den Hardcore-Fans nicht sonderlich gut gelittene Bayerncoach zu hören bekam. „Ottmar Hitzfeld, Du bist der beste Mann“, sang die Südkurve. Das ging ja noch. Dann aber galten die „Bester-Mann“-Gesänge auch Lothar Matthäus (dem ewigen Klinsmann-Intimfeind), Hermann Gerland (dem Amateurcoach) und sogar Mehmet Scholl, der jüngst als möglicher Klinsmann-Nachfolger ins Spiel gebracht wurde. Bitterböser Spott von den treuen Fans für Klinsmann. Den Schmähungen begegnete die Haupttribüne eine Zeit lang mit Pfiffen, am Ende gab’s auch dort Hohngelächter. Und Klinsmann gab später zu, ihm habe dies weh getan.
Der Präsident aber war zufrieden. „Bayern hat sich rehabilitiert“, sagte Franz Beckenbauer. „Das 1:1 ist vom Spielverlauf in Ordnung, denn Barcelona hat sich nicht hängen lassen, hat mit hohem Tempo gespielt.“
Die Bayern gaben wirklich vom Anpfiff an Vollgas. Luca Toni hatte sogar gleich die Chance zur Führung, brachte aber nach Flanke von Sosa, der für den am Knie verletzten Schweinsteiger spielte, keinen gescheiten Kopfball zustande (6.). „Den hätte er als Torjäger aus fünf Metern machen müssen“, fand Beckenbauer, „das hätte dem Spiel eine andere Note gegeben.“
Tonis Tor zwei Minuten später wurde dann zurecht wegen Abseits von Schiedsrichter Rosetti (Italien) annulliert. Ribéry knapp drüber (14.).
Bayern dynamisch – aber (zunächst) erfolglos. Weil Toni kurz vor der Pause den Ball aus 16 Metern vorbei hämmerte (44.). Die Katalanen, die ohne Torjäger Henry (Grippe) angetreten waren, hatten bislang nur eine Chance, Daniel Alves schoss drüber (35.).
Franck Ribéry machte es kurz nach der Pause besser, ließ Barca-Keeper Victor Valdes nach einem Zuckerpass von Zé Roberto mit einer Weltklasse-Aktion keine Abwehr-Chance (46.). 1:0! Toni forderte nach einem Zweikampf mit Pique einen Elfmeter, doch Schiri Rosetti, sein Landsmann, winkte ab (66.).
Dann ließ Barca seine Klasse aufblitzen. Nach einer Traumkombination über fünf Stationen – mit dem von Klinsmann für seine Bayern angestrebten One-Touch-Fußball – vollendete Henry-Ersatz Keita zum 1:1 (73.). Leicht an den Lippen abzulesen, was Hoeneß auf der Bank fluchte. „Sch....!“ Beckenbauers Urteil: „Man hätte auch gewinnen können. Aber das war ein Anfängerfehler unserer Abwehr.“
Und danach gab’s die Klinsmann-Raus-Festspiele der Fans. Schon eigenartig: Bayern versöhnt die Fans – und die verhöhnen Klinsmann.
Weil’s auch laut Beckenbauer „nicht ganz eine Wiedergutmachung“ war für die 0:4-Pleite bei Barca? Der Bayern-Präsident: „Es hat sich eben gezeigt, dass der FC Bayern nicht gut genug ist, in der Champions League ins Halbfinale zu kommen.“ Philipp Lahm: „Wenn’s gereicht hätte, wär’s ein Wunder gewesen.“ Das blieb aus.
F.M., ps