Bayern verliert das Finale - Aber: "Es gibt noch viel zu träumen"

MADRID - Sie haben das Triple verpasst, ein einziger Sieg fehlte den Bayern, um diese Saison als eine historische enden zu lassen! Doch nach dem 0:2 gegen Inter denkt Präsident Uli Hoeneß ans Finale 2012 - und nimmt Anleihe am Last-Seconds-Drama von 1999.
Sie blieben auf dem Platz. Während oben auf der Ehrentribüne Uefa-Präsident Michel Platini den blau-schwarz gekleideten Spielern gratulierte, saßen die Bayern-Stars auf dem Rasen im Santiago Bernabeu. Bei manchem baumelte um den Hals noch die Medaille für den zweiten Platz. Bayern hat am Samstag die historische Chance zum Triple in Madrid verpasst, durch die 0:2-Niederlage gegen Inter Mailand im Champions-League-Finale. Doch Trainer Louis van Gaal und seine Spieler gratulierten fair, ehe sie mit erhobenen Köpfen vom Platz gingen. Sie wussten, dass sie alles gegeben hatten – und können deswegen trotzdem auf sich stolz sein.
"Bayern ist heute an seine Grenzen gestoßen“, sagte DFB-Sportdirektor Matthias Sammer, „aber wir wissen ja, dass die Bayern, wenn sie ein Finale verlieren, in der Regel zwei Jahre später den Pott holen.“ Und auch Uli Hoeneß sagte: „Es erinnert vieles an 1999.“ Eine Anspielung auf das in der Nachspielzeit verlorene Finale gegen ManU und den Triumph zwei Jahre später gegen Valencia von 2001. Der Bayern-Präsident meinte: „Wenn ich da ans Finale in München 2012 denke – es gibt also noch viel zu träumen!“
Allerdings war die Niederlage gegen Inter im Vergleich zum Last-Seconds-Trauma gegen ManU verdient. Bayern spielte zwar dominant, hatte weit mehr als 60 Prozent Ballbesitz. Das war nicht das Problem. Auch der Einsatz der Double-Helden stimmte. Doch sie, die sich in den letzten Wochen an ihrem Selbstbewusstsein berauscht hatten, waren nervös. Vor allem schienen sie überrascht. Davon, dass Mourinhos Spieler eben doch nicht nur verteidigen können. „Ich erwarte nicht, dass Inter das Spiel machen möchte“, hatte Louis van Gaal vor dem Spiel gemeint.
Doch genau das taten die Spieler der Mailänder Weltauswahl. Phasenweise schien es so, als ob Mourinho, von 1997 bis 2000 van Gaals Assistent bei Barca, seinem früheren Lehrmeister beweisen wollte, dass er sich eben nicht nur die defensive Organisation von ihm abgeguckt hat. Inter tat mehr fürs Spiel – und die Mia-san-Mia-Bayern zerbrachen an den Inter-Kämpen.
Immer wieder stießen die Mailänder, angeführt vom holländischen Regisseur Wesley Sneijder, blitzschnell in die Spitze, spielten den Ball meist mit nur einer Ballberührung weiter. „Bei Inter geht es platsch, platsch, platsch“, befand Stefan Effenberg, „die Bayern dagegen spielen nicht schnell genug.“
Auch, weil Arjen Robben meist von drei Inter-Spielern gleichzeitig gedeckt wurde. Gut zehn Minuten dauerte es, bis Robben zum ersten Mal zu einem seiner gefürchteten Tempodribblings ansetzen konnte. Doch seine Flanke war für Olic zu scharf. Bayern fand danach ins Spiel, kam durch Robben noch mal zu einer Chance (22.), doch Inter blieb durch zwei Hammer-Freistöße von Sneijder gefährlich (18./26.).
Und so entwickelte sich in dieser ersten Hälfte dann doch ein zwar von der Taktik geprägtes, aber eben doch enges und spannendes Finale – bis in der 35. Minute Diego Milito den guten Bayern-Keeper Butt überwinden konnte. Nach Julio Cesars Abschlag verlor Demichelis zunächst das Kopfballduell gegen seinen Landsmann Milito, dann konnte Philipp Lahm Sneijder nicht am Steilpass zu Milito hindern, der Butt überwand.
Mit nur drei Spielstationen hatte Inter Bayern ausgespielt – und beinahe schon besiegt. Schließlich war dieses Gegentor genau das, was sie unbedingt verhindern wollten. Und so wirkten sie geschockt, schafften in der ersten Hälfte nach dem Gegentor nichts mehr – und hatten Glück, dass Sneijder nach einer Milito-Vorlage an Butt scheiterte (43.).
Keine 20 Sekunden nach dem Ende der Pause keimte Hoffnung auf, als Thomas Müller allein vor Julio Cesar auftauchte. Doch Inters Keeper parierte Bayerns beste Chance, die nächste setzte Altintop neben den Pfosten (54.). Bayern versuchte es, doch nach einem Konter traf Milito zum 2:0 (70.) – und sicherte Inter den ersten Triumph im wichtigsten europäischen Klubwettbewerb seit 45 Jahren. Und Bayern? „Sie müssen jetzt aufstehen“, sagte Stefan Effenberg, „auch aus so einer Niederlage kann eine Ära entstehen.“
fil, ps, G.J