Bayern und die Zeit nach Uli Hoeneß
München - Eine Nacht hatte Uli Hoeneß drüber geschlafen. Sicher schlecht. Es dürfte keine ruhige, keine einfache Nacht gewesen sein. Am frühen Freitagmorgen machte er dann reinen Tisch: Rücktritt von allen Ämtern beim FC Bayern – keine 24 Stunden, nachdem er vom Landgericht München II zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt worden war. Die prompte Reaktion erstaunte, der Inhalt jedoch nicht.
Der 62-Jährige ließ eine persönliche Erklärung verbreiten, darin heißt es: „Außerdem lege ich mit sofortiger Wirkung die Ämter des Präsidenten des FC Bayern München e.V. und des Aufsichtsratsvorsitzenden der FC Bayern München AG nieder. Ich möchte damit Schaden vom meinem Verein abwenden. Der FC Bayern München ist mein Lebenswerk und er wird es immer bleiben. Ich werde diesem großartigen Verein und seinen Menschen auf andere Weise verbunden bleiben, solange ich lebe. Meinen persönlichen Freunden und den Anhängern des FC Bayern München danke ich von Herzen für ihre Unterstützung.“
Um 12.31 Uhr folgte per Mail eine Stellungnahme des Aufsichtsrats der FC Bayern AG, das Ergebnis einer Telefonkonferenz. Die Hoeneß-Nachfolge wird auf zwei Schultern verteilt: Herbert Hainer (59), Vorstandsvorsitzender der „adidas AG“ und bisher stellvertretender Vorsitzender des Bayern-Aufsichtsrates, ist ab sofort bis auf weiteres Vorsitzender des Aufsichtsrates.
Und zweitens: Karl Hopfner (61), erster Vizepräsident des e.V. und Mitglied des Aufsichtsrates der AG, ist ebenfalls einstimmig bis auf weiteres in den Präsidialausschuss des Aufsichtsrates gewählt worden. Doch was bedeutet dies? Die AZ klärt die wichtigsten Fragen:
Wer leitet aktuell die Geschicke des Vereins? Die neue Doppelspitze Hainer/Hopfner. Die Ernennung war der größtmögliche gemeinsame Nenner, um wieder Ruhe in den Verein zu bringen. Herbert Hainer (59), der seit mehr als 13 Jahren an der Spitze von „Adidas“ steht, könnte zur Dauerlösung werden. Der gebürtige Niederbayer kam nach seinem Betriebswirtschaft-Studium und mehreren Jobs zum Sportartikelhersteller in Herzogenaurach, wurde dort 1997 in den Vorstand berufen. Bei Bayern genießt er durch seine ruhige, umsichtige Art höchstes Ansehen. Eine logische Wahl.
Warum die Doppelspitze? Aus dem Verein heißt es, die Last der Verantwortung und der Umfang der Aufgaben wären einem „Neuling“ aktuell nicht zuzumuten. Hoeneß hatte beide Ämter bekleidet, alles an sich gezogen. Besonders Hainer müsse erst seinen Terminkalender sortieren.
Wird Hopfner Präsident? Aktuell ist der 61-Jährige Interimspräsident. Er gilt als Favorit. Der Verwaltungsbeirat hat der Mitgliederversammlung laut Satzung einen Wahlvorschlag zu unterbreiten und fasste dazu auf einer Sitzung am Freitagabend einstimmig den Beschluss, Karl Hopfner als neuen Präsidenten vorzuschlagen. Außerdem fürs Präsidium vorgeschlagen: Rudolf Schels (1. Vizepräsident) und Prof. Dr. Dieter Maier (2. Vizepräsident). "Wir sind überzeugt, dass mit den vorgeschlagenen Herren die Geschlossenheit des FC Bayern München e.V. und die Kontinuität in der Führung des Klubs gewährleistet ist", erklärte Edmund Stoiber, Vorsitzender des Verwaltungsbeirates. Auch Bayerns ehemaliger Ministerpräsident wäre eine Option, gilt jedoch nicht als mehrheitsfähig. Wenig realistisch sind dagegen Markenbotschafter Paul Breitner, Ehrenpräsident Franz Beckenbauer (wohl eher ausgeschlossen) und Karl-Heinz Rummenigge, der aber Vorstandschef des FC Bayern bleiben will.
Wann wird gewählt? Über die Nachfolge von Hoeneß im Amt des Präsidenten muss laut Satzung eine außerordentliche Mitgliederversammlung entscheiden: Die geht am Freitag, 2. Mai ab im Audi Dome über die Bühne.
Wie wird gewählt? Der Verwaltungsbeirat (mit Stoiber als Vorsitzendem) muss den Mitgliedern einen Vorschlag aus den anwesenden Mitgliedern machen (theoretisch kann sich jedes Mitglied für den Vorschlagsliste bewerben). Bei der Wahl durch die Mitglieder reicht die einfache Mehrheit. Bedingung: Der Präsident muss der Fußballabteilung entstammen.
Wie sieht das neue Machtgefüge aus? Schon seit April letzten Jahres, als die Steueraffäre seinen Anfang nahm, hatte sich Hoeneß mit markanten Sprüchen zurückgehalten, die Abteilung Attacke war verstummt. Für Kontroverses fühlte sich Sportvorstand Matthias Sammer berufen, der zuletzt die gesamte Liga gegen sich aufgebracht hatte. Sammer war von Hoeneß im Juli 2012 geholt worden, könnte nun an Einfluss verlieren. Der starke Mann im Verein ist Vorstandsboss Rummenigge.
Was passiert am Samstag im Stadion? Laut „Sport1“-Informationen will Hoeneß zum Heimspiel gegen Leverkusen (18.30 Uhr) in die Allianz Arena kommen. "Bild" glaubt zu wissen, dass er erstmals seit Urzeiten auf ein Heimspiel verzichtet. Allerdings: Viele Bayern-Spiele dürfte er bis zum Antritt seiner Haftstrafe nicht mehr sehen können – womöglich aber noch bis Saisonende auf der Tribüne sitzen. Laut der Sprecherin des Münchner Landgerichts kann es sein, dass Hoeneß erst im Juni ins Gefängnis muss.
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