Bayern-Stars mittendrin: Dem DFB droht eine Generation der Verlierer

München - Es muss eine harte Zeit für Lina Meyer gewesen sein, damals im Juli 2018. Joshua Kimmich, seit Juni mit seiner Lina verheiratet, nannte die Wochen nach der WM in Russland gar "eine furchtbare Zeit". Er habe sich "wie ein Zombie" gefühlt und "keine Minute" der WM mehr gesehen. "Es ging einfach nicht. So down war ich im Fußball noch nie." So äußerte sich der Bayern-Profi im Rückblick auf das blamable Vorrunden-Aus bei der WM 2018.
Harter Schlag für Bayern-Star Joshua Kimmich
Die Geschichte hat sich wiederholt. Ganz so blamabel war das Abschneiden der deutschen Nationalelf bei der WM in Katar zwar nicht, aber unerwartet – und daher so enttäuschend. Auf die restlichen Spiele der Endrunde im TV kann Kimmich verzichten, das wäre "wie ein Aufkratzen einer Wunde", meinte er vergangene Woche, "ich glaube nicht, dass ich mir da einen Gefallen tue".

Nach dem 4:2 gegen Costa Rica, dem unnützesten Sieg einer deutschen Mannschaft in der WM-Geschichte, sprach der 27-Jährige vom "schwierigsten Tag meiner Karriere" und erklärte: "Das ist für mich nicht einfach zu verkraften, weil ich persönlich mit dem Misserfolg in Verbindung gebracht werde. Das ist nichts, wofür man stehen möchte."
Kurz vor der EM 2016 in Frankreich feierte Kimmich sein Nationalelf-Debüt. Er stieg im Turnier vom Ersatz- zum Stammspieler auf. Im Halbfinale war Endstation, 0:2 gegen den Gastgeber. Der damals 21 Jahre alte Rechtsverteidiger hätte sich nicht träumen lassen, dass er bei den nächsten drei Turnieren (als Stammkraft) kolossal scheitern würde. Zwischen beiden WM-Enttäuschungen steht das Aus im EM-Achtelfinale 2021 (0:2 gegen England). Und, das soll nicht verschwiegen werden: Der Erfolg beim Confederations Cup 2017, das Joachim Löws Perspektiv-Team mit einem 1:0 im Finale gegen Chile gewann.
Gnabry, Sané und Co.: Die Generation nix für den DFB
Damals noch galten Kimmich sowie sein enger Kumpel Serge Gnabry, Leon Goretzka, Niklas Süle (alle Jahrgang 1995) und Leroy Sané (Jahrgang 1996) als die Zukunft des DFB, wurden als Goldene Generation gefeiert.
Der bei der WM verletzt fehlende Timo Werner sowie Julian Brandt, Thilo Kehrer und Lukas Klostermann gehörten ebenfalls zu den Jahrgängen der Hoffnungsträger. "Wir haben so viel Talent in der Mannschaft", meinte Gnabry in Al Khor und senkte den Kopf. Die ehemalige Boy Group um Kimmich & Co. steht am Scheideweg: Geht sie als "Generation Nix" in die DFB-Historie ein oder folgt bei der Heim-EM 2024 der ultimative Showdown? Die Jüngsten sind sie auch nicht mehr.
Bayern-Stars scheitern in der DFB-Elf
Doch warum klappt bei Bayern, was ihnen im Nationaldress misslingt? Unter Hansi Flick gewannen Kimmich, Gnabry, Goretzka und Süle sieben Titel, als Krönung 2020 die Champions League und 2021 (dann mit Sané) die Fifa-Klub-WM – übrigens auch in Doha. Der Trainer kann es also nicht sein.
"Viel Talent, alles schön und gut, aber da gehört einfach mehr dazu", schimpfte Antonio Rüdiger von Real Madrid (mit 1993 ein älteres Baujahr) in Doha und benannte die Mängel konkret: "Die letzte Gier, dieses etwas Dreckige fehlt uns." Dabei hatte gerade das doch die Bayern ausgezeichnet, die in der laufenden Saison ihrem Rekord-Titel Nummer elf in Serie entgegenstreben – wieder einmal ohne allzu großen Widerstand der Liga-Konkurrenz.
Hat Bayern dank der Franzosen um Kingsley Coman, Benjamin Pavard und Lucas Hernández, dem kanadischen Shootingstar Alphonso Davies sowie vor allem dank Top-Torjäger und Fifa-Weltfußballer Robert Lewandowski (wechselte im Sommer zum FC Barcelona) in den letzten Jahren eine Weltauswahl gehabt, die besser aufgestellt ist als Kimmich & Co. mit ihren DFB-Kollegen?
In der Abwehr ja, auf der Mittelstürmer-Position sowieso. Er habe "Angst davor, in ein Loch zu fallen", sagte Kimmich nach dem WM-Aus in Katar. Doch erstens trifft er am 3. Januar an der Säbener Straße wieder all seine Mitspieler bei Bayern und zweitens: Der Mann hat drei Kinder, die schönste Hauptsache der Welt.