Kommentar

Bayern-Star Joshua Kimmich hat Corona: Das Damoklesschwert ist gefallen

AZ-Sportreporter Bernhard Lackner zur Impf-Debatte und der Corona-Infektion von Joshua Kimmich.
von  Bernhard Lackner

Nun ist das Damoklesschwert also gefallen. Joshua Kimmich, in den vergangenen Wochen nicht ganz unverschuldet zum Gesicht der Impf-Skeptiker geworden, hat sich mit dem Coronavirus infiziert.

Dabei schien das Vermeidbare angesichts der explodierenden Corona-Zahlen in den vergangenen Tagen ohnehin nicht mehr vermeidbar. "Wahrscheinlich wird am Ende des Winters so ziemlich jeder in Deutschland geimpft, genesen oder gestorben sein", meinte Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) zuletzt einigermaßen unverblümt. Ein harter Satz. Aber eben einer, in dem sehr viel Wahrheit steckt.

Dies musste nun auch Kimmich, der sich nach Kontakten zu Corona-Infizierten in den vergangenen drei Wochen gleich zwei Mal in Quarantäne begeben musste, erfahren. Er habe noch Bedenken hinsichtlich (vermeintlich!) fehlender Langzeitstudien und wolle mit einer Impfung noch abwarten, begründete der Mittelfeld-Star des FC Bayern und der Nationalmannschaft seine Entscheidung. In einem gemeinsamen Gespräch wollte Bundestrainer Hansi Flick nun ein Umdenken bei seinem Schützling wahrgenommen haben. Der Sinneswandel kam zu spät, die Zeit ist abgelaufen.

Joshua Kimmich: Vom Saubermann zum Buhmann

So steht Kimmich, der seiner Vorbildfunktion als internationaler Fußball-Star noch zu Beginn der Pandemie mit seiner Initiative "We kick Corona" zusammen mit Teamkollege Leon Goretzka voll gerecht geworden war, nun als einer der prominentesten Verlierer dieser nun schon mehr als eineinhalb Jahre andauernden Krise da. Vom Saubermann zum Buhmann. Vom Buhmann zum Infizierten. Ein bemerkenswerter Imagewandel. Und das vor den Augen des ganzen, in Sachen Corona ohnehin schon äußerst aufgeheizten, Landes.

Spott und Häme sind freilich auch in der Causa Kimmich alles andere als angebracht. Schon seit seiner erzwungenen Positionierung zum Impfthema - es war schließlich ein Medienbericht und nicht Kimmichs eigenes Anliegen, öffentlich zu seinem Impfstatus Stellung zu beziehen - befand sich der 26-Jährige massiv unter dem Brennglas der Öffentlichkeit.

Kimmich rückte bei Impf-Debatte massiv in den Fokus

Von Kanzleramtschef Helge Braun über Bayerns Ministerpräsident Markus Söder bis hin zum deutschen Ethikrat fühlte sich zuletzt so ziemlich jeder bemüßigt, seine Meinung zum Nationalspieler zum Besten zu geben. Uli Hoeneß sprach in seiner ureigenen Art gar von einem medialen "Tsunami", der den 26-Jährigen überrollt habe. Die vergangenen Wochen dürften die schwierigsten in Kimmichs Karriere gewesen sein – und das in Zukunft hoffentlich auch bleiben.

Was dabei fast in Vergessenheit gerät: Der Mittelfeldspieler stand mit seiner Entscheidung gegen eine Impfung nie alleine da. Im 26-köpfigen Kader des deutschen Rekordmeisters fanden sich bis zuletzt fünf ungeimpfte Spieler, in Eric Maxim Choupo-Moting hat sich einer davon sogar ebenfalls infiziert.

Von den anderen Impfmuffeln nahm derweil aber kaum jemand Notiz. Anders als von Kimmich, der als designierter Kapitän des FC Bayern und der deutschen Nationalmannschaft in der öffentlichen Wahrnehmung schlicht einen komplett anderen Stellenwert besitzt. Damit muss eine meinungsstarke Führungspersönlichkeit wie er - egal ob im Sport oder sonst wo - allerdings leben.

Eine Corona-Infektion ist auch für Profi-Sportler nicht zu unterschätzen

Unabhängig davon geht es für den gebürtigen Schwaben nun darum, die Konsequenzen für das eigene Handeln zu tragen – und die sind kaum absehbar. Bei durchtrainierten Profisportlern reicht der Verlauf einer Corona-Infektion ebenfalls von symptomlos bis tödlich. Auch die Gefahr des Long-Covid-Syndroms ist (Stichwort fehlende Langzeitstudien!) noch nicht ansatzweise erforscht.

All jene Gefahren wären freilich auch mit einer Impfung nicht gänzlich ausgeschlossen gewesen, das Risiko aber nachweislich deutlich geringer. Für Kimmich hat sich das Thema nun aber ohnehin erstmal erledigt. Das Damoklesschwert ist gefallen. Es war fast schon absehbar.

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