"Bayern schafft Jobs in der Comedy-Szene"

Matthäus, Podolski oder Toni – der Komiker Oliver Pocher liebt Witze auf Kosten des Rekordmeisters. Kein Wunder, ist er doch bekennender Anhänger von Hannover 96. Die AZ hat Pocher vor dem Spiel der Bayern in Hannover interviewt.
von  Abendzeitung
„Ich bin indirekt dafür verantwortlich, dass die WM nach Deutschland und nach Hannover kam“: Oliver Pocher, WM-Botschafter seiner Heimatstadt
„Ich bin indirekt dafür verantwortlich, dass die WM nach Deutschland und nach Hannover kam“: Oliver Pocher, WM-Botschafter seiner Heimatstadt © firo/Augenklick

Matthäus, Podolski oder Toni – der Komiker Oliver Pocher liebt Witze auf Kosten des Rekordmeisters. Kein Wunder, ist er doch bekennender Anhänger von Hannover 96. Die AZ hat Pocher vor dem Spiel der Bayern in Hannover interviewt.

AZ: Herr Pocher, dass Sie fanatischer Anhänger von Hannover 96 sind, weiß man ja, aber wie haben Sie es bitte geschafft, dass Ihr Fernsehpartner Harald Schmidt auch Mitglied bei den „Roten“ wurde? Er ist ja weder jung, noch brauchte er das Geld!

OLIVER POCHER: Da haben Sie recht! Aber ein freundliches Wort meinerseits reichte. Außerdem ist es ja nur ausgleichende Gerechtigkeit, schließlich ist Harald Mitglied bei den Bayern. Aber zu seiner Ehrenrettung muss ich sagen, dass er das nur ist, weil ihm Thomas Helmer den Beitrag zahlt. Der war eines Tages Gast in der Sendung, brachte einen Mitgliedsantrag mit und hat für Schmidt auch gleich den Beitrag entrichtet. Also habe ich das gegen ihn verwendet und Schmidt zu einem Fünfjahresvertrag bei Hannover verpflichtet.

Klären Sie uns doch mal über die Hintergründe Ihres Fan-Daseins auf. Ist die 96-er-Anhängerschaft Ihre Art der Buße, weil Sie sonst immer der sind, der mit frechen Sprüchen die anderen leiden lässt?

Soweit würde ich nicht gehen. Ich wurde eben in Hannover geboren, da war der Weg zum 96er-Fan nicht so weit. Jetzt bin ich seit über 20 Jahren auf dem rechten Weg. Von der ersten Liga runter in die dritte – und wieder zurück. Da ist man abgehärtet. Und klar, man leidet, wenn man als Fan drittklassig ist, auf der anderen Seite, war es sensationell, wenn man die anderen teilweise 12:0 abgeschossen hat.

Wie muss man Sie sich als Fan vorstellen?

Hardcore, das volle Programm! Ich bin auch songtechnisch auf der Höhe.

Das letzte ganz große Duell Hannover gegen Bayern gab es 2002: Gerhard Schröder gegen Edmund Stoiber.

Das hatte etwas ManU-eskes. So wie die Bayern 1999 in der Champions League bis zur Nachspielzeit geführt und dann doch verloren haben, so war das für Stoiber.

Sie dagegen sind ja kaisertreu. Franz Beckenbauer war der Botschafter der WM 2006 und Sie sein Landesfürst, WM-Botschafter für Hannover.

Ja, eigentlich bin ich indirekt dafür verantwortlich, dass die WM nach Hannover kam, Ja, das haben Sie sehr gut herausgearbeitet.

Danke für das Sommermärchen!

Gern geschehen. Und ich verrate jetzt mal was, wir bleiben auch für 2010 dran! Für den Fall, dass Südafrika seine sechs WM-Stadien doch nicht fertigkriegt, stehen wir parat.

Und die EM in Österreich ist ja gleich nebenan, fast ein Heimspiel.

Auch, aber da muss man aufpassen, das sind politische Sachen und das kann ganz schnell zum Ausschluss aus dem Dschungel-Camp führen.

Was halten Sei denn von Beckenbauer und den Bayern-Bossen?

Wenn es die nicht geben würde, müsste man sie erfinden. Der FC Bayern hat Potenzial ohne Ende. Er schafft Arbeitsplätze – in der Comedy-Szene. Die hat dadurch immer was zu tun. Bei Bayern ist fast jeder parodiewürdig. Von der zurückhaltenden Art des Miro Klose bis zum kaum verständlichen Podolski – oder frühere Leuchten wie Effenberg, Brehme, Matthäus, Trapattoni – irgendwie landen alle Sprachkünstler irgendwann bei Bayern.

Fußballer sind ja oft unfreiwillig komisch. Wie lautet Ihr Lieblingsspruch?

Im Moment ist es mehr eine Szene. Wenn ich mir die Situation vorstelle, dass der freche Ribéry dem Podolski Zahnpasta auf die Türklinke schmiert, der Poldi ihm dafür die Meinung geigen will, daraufhin Klose schlichtend einschreitet und am Ende Olli Kahn ein Machtwort spricht, das ist für die Bühne inszeniert. Das ist große Bühne, nicht nur Kleinkunst.

Der FC Bayern hat vor der Saison eine Charme- und PR-Offensive gestartet und für viel Geld den Italo-Beau Luca Toni und den Franzosen Franck Ribéry verpflichtet. Dem haben Sie sogar verschwiegen, dass man bei Bayern nach dem 1:0 nur noch das Ergebnis verwaltet.

Bei Toni frage ich mich schon immer, was diese Handbewegung nach dem Tor soll. Hält er sich eine Muschel ans Ohr und lauscht dem Meeresrauschen oder sagt er, die anderen haben nicht alle Tassen im Schrank, dass sie mich treffen lassen? Ribéry, der hat ja losgelegt, gerade gegen Hannover, der hat uns ja alleine vorgeführt, aber danach hat er sich doch auch dem Alltagstrott ergeben. Es wäre wichtig, dass die beiden mal was auf Deutsch sagen. Podolski hat ja ehrenwert vorgemacht: Man muss Sprachen nicht komplett beherrschen, um sie zu sprechen.

Was halten Sie von Schweinsteiger? So wie der rumläuft, mit lackierten Fingernägeln, könnte man meinen, Bundeskanzlerin Angela Merkel habe ihn zum Randgruppenintregtationsbeauftragten der Bundesregierung ernannt.

Absolut! Aber eigentlich müsste es für einen Spieler doch viel geiler sein, durch Tore aufzufallen, als dass man nur bemerkt wird, weil ich wieder die Nägel umlackiert habe.

Sie haben aber was mit vielen Fußballern gemein: Sie daten ein Model.

Also bei mir war das nicht so, dass ich mich dauernd in der Modelszene rumgetrieben hätte, um eine abzukriegen, obwohl das für mich als Ex-Topmodel ein leichtes gewesen wäre. 20-jährige Kicker sind vielleicht hin und weg, wenn sie eine kennenlernen, die auch schon mal im Otto-Katalog war. Ich war doch etwas älter, als ich meine Freundin kennenlernte, da achtet man auf anderes.

Und was sagen Sie, der als Zeuge Jehova groß gezogen wurde und später austrat, zu den Jubelszenen nach Toren? Gott muss für einiges herhalten.

Da bin ich Purist, ich finde es tausend Mal cooler, wenn ein Manuel Friedrich das wichtige 1:1 gegen den HSV gelassen feiert, als wenn zum 34. Mal einer mit Schaum vor dem Mund zur Eckfahne läuft und diese niedertritt. Alle erdenklichen Beischlafszenen, die das Kamasutra so hergibt, wurden auch schon nachgestellt, und auch das Schnuller-rausziehen aus der Unterhose ist nicht mehr neu.

Interview: MATTHIAS KERBER

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