Bayern rüttelt am europäischen Thron
Während englische und italienische Vereine schwächeln, sehen sich die Münchner näher an den Topklubs Barcelona und Real Madrid. Kroos: „Wir können gegen jede Mannschaft weiterkommen”.
München - AC Mailand, Manchester United oder der FC Chelsea: Einer dieser Spitzen-Klubs könnte im Achtelfinale der Champions League Gegner des FC Bayern werden. Doch bange ist beim deutschen Rekordmeister keinem vor der Auslosung. „Wenn wir Manchester United kriegen, dann ist es eben so”, sagt Toni Kroos, „wir können gegen jede Mannschaft weiterkommen.” Hört, hört!
Die Teams der englischen Premier League scheinen ihren Schrecken verloren zu haben. Wenn die Tageszeitung „The Sun” auf der Titelseite himmlischen Beistand einfordert, muss die Lage wirklich ernst sein. „It’s time to pray”, also „Es ist Zeit, zu beten”, lautete die Schlagzeile nach dem fünften Spieltag der Champions League.
Der englische Vize-Meister FC Chelsea hatte am Abend zuvor 1:2 bei Bayer Leverkusen verloren und war somit noch ein Stück tiefer in die Krise gerutscht. Ex-Chelsea-Spieler Michael Ballack meinte: „Chelsea ist nicht in der Form, wie sie sein könnten. Man hat gemerkt, dass eine Verunsicherung da ist. Es fehlt das Selbstvertrauen. Das ist nicht der beste Moment für sie. Für die Ambitionen, die sie haben, ist es etwas wenig.”
Die oft als „stärkste Liga der Welt” bezeichnete Premier League schwächelt. Vorbei die Zeiten, als die Teams von der Insel das Halbfinale der Königsklasse mehr oder weniger unter sich ausmachten. Heuer sieht es vor dem Ende der Vorrunde anders aus: Manchester City? So gut wie draußen. FC Chelsea? So gut wie draußen. Manchester United? Darf beim überraschend starken FC Basel nicht verlieren. FC Arsenal? Mit Dusel gegen Dortmund weiter. Schoss aber auch nur sechs Tore in fünf Spielen.
Den anderen europäischen Größen geht es ähnlich: Inter Mailand? Gruppenerster, allerdings mit der mageren Bilanz von 7:5 Toren. AC Mailand? Immerhin vor Viktoria Pilsen und Bate Borissow. FC Porto? Abgeschlagen hinter den bereits qualifizierten Zyprioten von Apoel Nikosia.
Und doch wird in der Champions League auch hochklassiger Fußball gespielt: wie nicht anders zu erwarten vom Titelverteidiger FC Barcelona, vom unter Zuchtmeister Mourinho wieder erstarkten Real Madrid – und vom nur über die Qualifikation ins Konzert der Großen reingerutschten FC Bayern. Während bei Real mit 16:2 und bei Barca mit 16:4 Treffern in je fünf Spielen am meisten Spektakel zu bewundern war, schafften die Münchner immerhin eine Bilanz von 11:4 Toren – in der so genannten Todesgruppe mit Manchester City, dem SSC Neapel und Villarreal. Toni Kroos, einer der Hauptverantwortlichen für den aktuellen Höhenflug der Bayern, meinte: „Wenn man in dieser Gruppe 13 von möglichen 15 Punkten holt und sich auch gegen Manchester City, das die beste Liga der Welt dominiert, durchsetzt, kann man schon sehr zufrieden sein. Das war eine ideale Vorrunde.”
In allen fünf Spielen waren die Bayern die klar überlegene Mannschaft. In drei Partien gingen sie sogar innerhalb der ersten sieben Minuten in Führung, erzielten neun von elf Toren vor der Halbzeit. Ein weiterer wichtiger Faktor: die Passsicherheit. 91 Prozent der Pässe auf die Mitteldistanz kamen an – das schaffen sonst nur Barcas Kreiselkönige.
Von ihnen wähnen sich die Bayern nicht mehr weit entfernt. Franck Ribéry meinte: „Wenn alle Spieler fit sind, können wir gegen Real oder Barca mithalten.” Auch Franz Beckenbauer gab sich optimistisch: „Es ist eine günstige Phase, Barcelona vom Thron zu holen.” Na dann: los!