Bayern-Pleite in Bochum: Julian Nagelsmann gibt sich selbstkritisch

Der FC Bayern leistete sich bei Aufsteiger VfL Bochum nicht zum ersten Mal in dieser Saison einen Blackout. Trainer Julian Nagelsmann machte viele Schuldige aus.
Marco Heibel, SID |
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Die Reaktion sagt wohl alles: Bayern-Trainer Julian Nagelsmann auf der Bank im Bochumer Stadion.
Die Reaktion sagt wohl alles: Bayern-Trainer Julian Nagelsmann auf der Bank im Bochumer Stadion. © Bernd Thissen/dpa

Bochum/München - Wut und Fassungslosigkeit standen Julian Nagelsmann ins Gesicht geschrieben, seine Analyse fiel entsprechend unverblümt aus. Von "Grütze" sprach der Trainer des FC Bayern nach dem zweiten unerklärlichen Blackout der Saison, ein "beschissenes Spiel" habe seine Mannschaft beim 2:4 (1:4) in Bochum abgeliefert.

Dem ist nicht zu widersprechen: Erstmals seit fast zwölf Jahren verlor der Branchenprimus wieder gegen einen Aufsteiger, erstmals seit 1975 kassierte der deutsche Rekordmeister in der Bundesliga vier Gegentore in den ersten 45 Minuten.

"Wir haben einen Plan gehabt, der nicht aufging", hielt Nagelsmann fest – und rechnete auch mit sich selbst ab. "Ich", betonte der 34-Jährige, "hätte früher reagieren und umstellen müssen". Als er das schließlich tat und bei Wiederanpfiff Mittelfeldspieler Corentin Tolisso für den überforderten Abwehrchef Dayot Upamecano brachte, war es schon zu spät.

Mittelfeld-Anführer Joshua Kimmich läutete die Alarmglocken. "Wir haben unsere schlechteste Saisonleistung gezeigt", schimpfte der Nationalspieler: "Wir müssen uns fragen, ob das die Mentalität ist, die der FC Bayern verkörpern will." Von seiner Kritik nahm Kimmich den Trainer explizit aus und dafür die gesamte Mannschaft in die Pflicht, was wiederum Nagelsmann gefiel: "Wenn Josh sich so äußert, wird ein Funken Wahrheit dahinterstecken. Das sollte für alle eine Lehre sein."

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Die zweite bittere Bayern-Klatsche der Saison

Nur: Es ist ja nicht so, dass der FC Bayern am Samstag erstmals in dieser Saison auf unerklärliche Weise kollabierte. Ende Oktober im DFB-Pokal ging der Meister der letzten neun Jahre in Mönchengladbach 0:5 unter, die erste Titelchance war dahin. "Zum Glück ist heute nicht so viel passiert, weil wir ein paar Punkte Vorsprung haben", sagte Kimmich mit Blick auf die Bundesliga-Tabelle.

Am Mittwoch aber haben die Bayern keine Knautschzone. Im Achtelfinal-Hinspiel der Champions League bei Red Bull Salzburg hätte eine neuerliche Vorstellung wie in Bochum soviel Sprengkraft, dass die gesamte Saison mit einem Mal infrage stünde. Was, wenn den stolzen Bayern und auch Nagelsmann in seiner ersten Saison womöglich wieder "nur" die Meisterschaft bliebe?

Einzig Weltfußballer Robert Lewandowski, dem beide Bayern-Tore gelangen (9./75.), erreichte aufseiten des hohen Favoriten Normalform. Der Rest der Mannschaft fand kaum ins Spiel – auch deshalb gelang keine Aufholjagd mehr wie 1976, als Beckenbauer, Müller, Hoeneß und Co. an gleicher Stelle gar ein 0:4 in ein 6:5 verwandelten.

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Bayern wurde von den Bochumern förmlich überrannt

Doch diesmal gingen es die Bayern gegen einen wild entschlossenen Underdog zu lasch an – dem allerdings auch praktisch alles gelang, wie bei den Traumtoren von Cristian Gamboa (40.) und Gerrit Holtmann (44.) in den Winkel. Hinzu kamen der lehrbuchmäßige Konter vor dem 1:1 durch Christopher Antwi-Adjei (14.) und der verwandelte Handelfmeter von Jürgen Locadia (38.).

Die robusten Innenverteidiger Upamecano und der nach Dortmund abwandernde Niklas Süle hatten eklatante Geschwindigkeitsnachteile, sie wurden förmlich überrannt. Thomas Müller, diesmal weder auf dem Platz noch am Mikrofon ein Faktor, gab bei Instagram die Marschroute vor. "Immer weiter", kommentierte er das ernüchternde Ergebnis.

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3 Kommentare
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  • Südstern7 am 14.02.2022 22:26 Uhr / Bewertung:

    Der Beitrag von Radio Pähl zeigt mir, dass Kritik nicht mit Häme einhergehen muss.

    "Er hat noch viel Luft nach oben! Zu echten Top-Trainern wie Tuchel, Klopp oder Guardiola fehlen ihm noch Welten."

    Eine grausame erste Halbzeit wie in Bochum kann immer mal passieren. Aber dann muss nach dem Wechsel auch was "kommen". Hohes Pressen, Tempoverschärfung, dem Gegner die Luft nehmen um ihn zu Fehlern zu zwingen. Davon war aber auch nach dem Wechsel nichts zu sehen. Dass es etwas besser aussah lag daran, dass Bochum es ruhiger angehen ließ, sich Pausen nahm.

    Außer der - sicherlich richtigen - Maßnahme nach der Halbzeit mit einem Akteur mehr im Mittelfeld zu spielen, war keine Veränderung im Verhalten der Spieler zu sehen. Jedenfalls nicht für mich als Laie. Da drängt sich mir der Verdacht auf, dass die Kabinenansprache nicht sehr ertragreich war. Honi soit qui mal y pense.

  • Radio Pähl am 13.02.2022 23:30 Uhr / Bewertung:

    Selbsterkenntnis! Ist doch Klasse! Damit unterscheidet er sich schon mal positiv vom Bundes-Eierkrauler Jogi. Der ist mmer 90 min. am Seitenrand rumgestanden und hat komische Sachen gemacht, aber nie eingegriffen, wenn es nicht lief und in den letzten vier Jahren hat es nie gelaufen! Der Nagelsmann hat also bloß 45 min. doof geguckt, bevor er in der Halbzeit reagiert hat! Immerhin! Aber das ordnet ihn ein: Er hat noch viel Luft nach oben! Zu echten Top-Trainern wie Tuchel, Klopp oder Guardiola fehlen ihm noch Welten. Der Guardiola hat einmal in einer Halbzeit dreimal die Formation gewechselt, bis sie den Gegner unter Kontrolle und zerlegt haben.

  • Südstern7 am 15.02.2022 08:55 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von Radio Pähl

    Niemals war der Fußball beim FC Bayern perfekter als unter Guardiola! Ich war ein Riesenfan, habe atemlos zugeschaut wenn der FC Bayern gespielt hat. Lahm mal als Rechtsaußen, dann wieder im zentralen Mittelfeld, ein anderes Mal wieder linker Verteidiger. Man hat es sich geleistet oft nur mit 1 Verteidiger abzusichern, weil alle anderen Feldspieler schon in den Gegners Hälfte defensiv unterwegs waren. 90 Minuten Lauf- und Kopfarbeit für die Spieler. Sicher, auch Guardiola hat in wichtigen Spielen zu viel gewollt, hat sich sehr oft spekuliert. Aber das tun andere Trainer auch, wenn man auf Augenhöhe sich trifft. Da muss man auch was riskieren, wie beim 0:4 gegen Real.
    Andere, wie der Kovac, haben in Liverpool Beton angerührt und ein 0:0 ermauert. Ziemlich einfallslos.

    Ich weiß, dass Pep der Ruf vorausgeht Spieler zu verheizen, sie zu überfordern, zu überborden mit taktischen Aufgaben. Aber das ist wieder ein anderes Kapitel, das man mal bei Gelegenheit aufschlagen kann ..

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