Bayern kontra Wolfsburg: Ohne Balkon habt ihr keine Chance
Wolfsburg gegen Bayern, das ist der Gipfel. Die Gegner sind punkt- und sogar torgleich. Dabei trennt sie doch so einiges. Die AZ macht den Check – er fällt eindeutig aus.
MÜNCHEN Der FC Bayern in Wolfsburg: Sogar der sonst so nüchterne Felix Magath muss zugeben: „Ja, es ist ein besonderes Spiel. Ich kann das nicht mehr wegreden.“ Dass der Tabellenführer gerade Hertha heißt – geschenkt. FCB oder VfL, wer am Samstag gewinnt, ist Titelfavorit. Punkt- und torgleich sind die Kontrahenten. Und doch so verschieden. Ein Überblick:
Image: „Wolfsburg ist der marketingtechnische Newcomer der Saison“, sagt PR-Berater Peter Ehm, „nach langer Durststrecke hat man sich von der grauen Maus zum internationalen Player, zur starken Marke entwickelt. Schlüssel ist die mediale Vermarktung, die „Ein Herz für Kinder“-Kooperation mit dem Springer-Verlag und das clevere Understatement eines verschmitzten Top-Verkäufers Felix Magath. Aber Bayern ist die wertvollste Marke im deutschen Fußball, und das seit vielen Jahren, vor allem dank Uli Hoeneß.“ 1:0 Bayern
Presse: Der FC Bayern beschäftigt ein halbes Dutzend Angestellte, um den Ansturm zu bändigen. Für Wolfsburg ist das neu: Als Magath am Donnerstag den Presseraum betrat und statt der üblichen Vertreter der beiden Lokalzeitungen ein ganzes Reporterrudel sah, sagte er: „Ich dachte, der G-20-Gipfel wäre in London.“ Zum ersten Mal wird die Pressetribüne voll sein; statt 30 Fotografen haben sich diesmal 60 angemeldet. 2:0 Bayern
Trainingsanlagen: Während der FC Bayern im Sommer an- und umgebaut hat, um Trainer und Spielern einen Acht-Stunden-Arbeitstag inklusive intellektueller Fortbildung zu ermöglichen, setzt Magath komplett auf Fitness. Nahe des Stadions kam ein zweites Trainingsareal dazu. Vor ein paar Wochen weihte man dort den „Meister-Hügel“ ein. Maximale Steigung: 24 Prozent. Das schlaucht. Ist aber nicht annähernd so luxuriös wie Klinsmanns Auditorium mit Simultan-Dolmetschern für ausländische Spieler. 3:0 Bayern
Nachwuchs: Schweinsteiger, Rensing, Kroos, Nerlinger, Babbel, Kuffour, Trochowski, Misimovic – aus den Absolventen des Bayern-Internats ließe sich eine hübsche Elf bauen. In Wolfsburg wurde vor zwei Jahren investiert und die bestehende Anlage des Bezirksligisten FC Wolfsburg zum Nachwuchszentrum mit 26 Appartements umgebaut. 4:0 Bayern
Traditionsteam: Während beim VfL Siggi Reich, Holger Ballwanz und Roy Präger auflaufen, schlüpfen bei den „FC Bayern All Stars“ Spieler wie Kohler, Brehme, Basler, Herzog, Nerlinger, Rummenigge, Scholl, Matthäus, Augenthaler und Elber ins Trikot. Keine Frage also: 5:0 Bayern
Fans: Weit mehr als 2000 Fanklubs weltweit, über 150000 Vereinsmitglieder - da kommt Wolfsburg bei Weitem nicht ran: In 128 Fanklubs sind dort mehr als 8000 Anhänger organisiert. In Kürze wird ein so genanntes Fan-Haus mit Gastronomie, Museum und Räumen für Fanbetreuer eröffnet. 6:0 Bayern
Hymnen: In der VW-Arena werden zwei Songs gesungen: „Immer nur du, VfL“ und „Grün Weiß VfL“, in München meist nur Willy Astors „Stern des Südens“. Vielfalt siegt. Deshalb nur noch 6:1 Bayern
Stadionwurst: In Wolfsburg gibt’s einen Kantinen-Hit: die markenrechtlich geschützte „VW Currywurst“ für 4,90 Euro mit Pommes und „VW Ketchup“. In München geht der Trend zur schnöden Schnitzelsemmel. 6:2 Bayern
Der Bus: Die Team-Gefährte unterscheiden sich nur in der Lackierung: der MAN Lion’s Coach L Supreme verfügt über 480 PS, exklusive Ledersitze, drei 15-Zoll-Bildschirme, Acht-Kanal-Audioanlage an jedem Sitz, DVD-Anlage und W-LAN-Vorbereitung. Kosten: je 600000 Euro. Unentschieden, also: 7:3 Bayern
Dienstwagen: Felix Magath fährt VW Phaeton, Jürgen Klinsmann Audi Q7. Beides gut und teuer. Geschmackssache. 8:4 Bayern
Maskottchen: „Wölfi“ antwortet auf die Frage, mit wem er mal im Fahrstuhl steckenbleiben will: „Mit Geißbock Hennes vom 1. FC Köln – lecker!“ In München ging „Bazi“ vor fünf Jahren in Rente; Nachfolger ist der eher brave Bär „Berni“. 8:5 Bayern
Rathausbalkon: Weltbekannt in München, nicht existent in Wolfsburg. Im Fall der Fälle will ein Sponsor vorm schnöden 50er-Jahre-Bau für die VfL-Party eine Holzempore über den Eingang zimmern. Klarer Fall: 9:5 Bayern
Thomas Becker