Bayern in Stuttgart: Die Simulation
Die Wunden von Bordeaux sind noch längst nicht verheilt. Bayern-Trainer Louis van Gaal nutzt die Partie am Samstag beim VfB Stuttgart zum Testlauf. Van Gaal: „Ein Sieg ist wichtig, wir können da nicht verlieren“
MÜNCHEN Diese unnötige Gelb-Rote Karte für Müller! Diese Gegentore nach simplen Standards! Diese Pleite trotz Führung! Und das alles, weil seine Spieler die Ordnung verloren, ihre Positionen nicht gehalten hatten. Das 4:0 im Pokal in Frankfurt hatte Louis van Gaal schnell abgehakt, aber diese Niederlage in Bordeaux, obwohl schon neun Tage her, schmerzt wie keine zweite. „Wir haben dort 60 Minuten mit zehn Spielern absolviert – und mit zehn waren wir besser als mit elf“, sagte der Bayern-Trainer am Freitagvormittag. Wenn er über das 1:2 von Bordeaux spricht, drückt seine Mimik eine seiner Lieblingsvokabeln aus: „Unglaublich!“
Und das einen Tag vor dem Südderby beim VfB Stuttgart am Samstag (15.30 Uhr, Liveticker bei abendzeitung.de). In einer Situation, in der jeder Trainer der Welt die alte Leier herunterbetet – ob er daran glaubt oder nicht: „Ich konzentriere mich nur auf das nächste Spiel.“ Bei van Gaal ist das anders. Schon in Frankfurt betonte er: „Ich beschäftige mich schon mit Bordeaux.“
Nun bekräftigte er mit Blick auf das Rückspiel am Dienstag: „Das hat einen hohen Stellenwert. Ein Sieg dort ist wichtig, wir können da nicht verlieren. Wenn wir in Stuttgart verlieren, haben wir noch viele Spiele in der Liga, um das zu korrigieren.“ Denn dann stünde man vor dem all zu frühzeitigen Aus in der Champions League. Ein irreparables Missgeschick, das nicht einmal Jürgen Klinsmann widerfahren war und mit dem Motivationslehrer möchte sich Fußball-Trainer van Gaal schon gar nicht messen lassen. Also wird das VfB-Spiel die Generalprobe für Bordeaux, mehr noch: Eine Simulation.
Die Schwaben als Franzosen. Auch wenn sie derzeit verunsichert sind, „aber sie können die Bälle trotzdem ins Netz schießen. Das ist auch Fußball“, sagte van Gaal. Und gab ein holländisches Sprichwort zum Besten: „Eine Katze in einem engem Raum macht komische Sprünge.“ Die Bayern sind in der Champions-League in die Enge getrieben, van Gaal wird hauptsächlich am Abschneiden in diesem Prestige-Wettbewerb gemessen werden. „Ich bin ein Trainer mit einem langfristigen Ziel“, sagte er, der vor kurzem analysiert hatte, noch zwei Jahre vom anderen FCB entfernt zu sein, vom FC Barcelona.
So dienen die Stuttgarter als Testgegner, all zu offensiv und stürmisch werden sie auch nicht auftreten. Van Gaal wird umstellen. Da van Buyten und Müller gegen Bordeaux gesperrt sind, soll sich eine Mannschaft für Dienstag einspielen. Demichelis in der Innenverteidigung, Braafheid auf links, Pranjic wird – je nach Spielverlauf – für Müller in die Mannschaft kommen.
Und da ist ja noch Arjen Robben. „Ich werde vorsichtig mit ihm umgehen“, sagte van Gaal. „Ich verzichte lieber gegen den VfB auf ihn, damit er dann fit ist gegen Bordeaux.“ Immer wieder Bordeaux. Daran hängt seine Zukunft. van Gaal weiß: „Es geht in erster Linie immer um den FC Bayern. Zweitens um die Mannschaft. Drittens um die individuellen Spieler. Und wer hat die vierte Stelle? Der arme Junge Louis van Gaal.“
Patrick Strasser