Bayern: Harmonie, bitte!

Rechtzeitig zur Jahreshauptversammlung schöpfen die taumelnden Bayern neue Hoffnung. Das Comeback von „Mia san mia“ liegt in der Luft.
von  Abendzeitung
Die Mannschaft feiert den Sieg über Haifa, oben auf der Tribüne freuen sich die Vorstandsmitglieder Karl Hopfner (hinten l.) und Uli Hoeneß.Fotos: ddp, sampics/Augenklick
Die Mannschaft feiert den Sieg über Haifa, oben auf der Tribüne freuen sich die Vorstandsmitglieder Karl Hopfner (hinten l.) und Uli Hoeneß.Fotos: ddp, sampics/Augenklick © Bongats/Getty Images

Rechtzeitig zur Jahreshauptversammlung schöpfen die taumelnden Bayern neue Hoffnung. Das Comeback von „Mia san mia“ liegt in der Luft.

MÜNCHEN Aus dem Süden des Stadions drang schon der Galgenhumor durch. „FC Bayern, wir fahren nach Ham-burg! Schalalalala-lalalala! Wir fahren nach Hamburg!“ Kein Fanklubausflug war mit den ironischen Gesängen gemeint, nein, das Finale der Europa League kommenden Mai in Hamburg. Lange, als es noch 0:0 gegen die harmlosen Gäste Maccabi Haifa stand, sah es so aus, dass die Bayern auf Rang drei ihrer Gruppe hinter Bordeaux und Juventus stecken bleiben und ausscheiden würden – bis erst die Franzosen und dann der Kroate Ivica Olic alle erlöste.

Als „Focus“-Chef Helmut Markwort, Mitglied des Aufsichtsrats, die Meldung vom 1:0 in Bordeaux gegen Juventus Turin aufs Handy bekam, informierte er auf der Ehrentribüne den hinter ihm sitzenden Uli Hoeneß. Der atmete tief durch, strahlte und klopfte Markwort anerkennend auf die Schulter – gut gemacht, Helmut. Am Ende des Tages hieß es 1:0 für Bayern, 2:0 für Bordeaux – und 3:0 für die Stimmung.

Die Bayern und ihr Trainer Louis van Gaal haben das nächste Endspiel erreicht, am 8. Dezember bei Juventus Turin. Mit einem Sieg ziehen sie doch noch ins Achtelfinale der Champions League ein. Das Überwintern im Prestige-Wettbewerb ist der Gradmesser der alljährlichen weihnachtlichen Bayern-Befindlichkeit. Und die Jahreshauptversammlung der atmosphärische Test, was die Gedanken und Sorgen der Mitglieder betrifft. Am Freitag findet in der Halle C1 der Messe München die Jahreshauptversammlung statt. Franz Beckenbauer wird als Präsident verabschiedet, Uli Hoeneß nach 30 Jahren Managertätigkeit sein Nachfolger und Aufsichtsratsvorsitzender (siehe nächste Seite).

„Jeder im Verein ist nach diesem Erfolg gegen Haifa glücklicher, die Versammlung wird schöner“, sagte Torschütze Olic, der Party-Retter, am Donnerstag. Und tatsächlich, schon kurz nach dem Spiel bemühten sich alle um Milde, um ein geselliges Miteinander. Das Motto: Harmonie, bitte. Und das nach den letzten Wochen voller Zerwürfnisse, Zoff und Erfolglosigkeit.

Der letzte Sieg trug den Beinamen Oktober, das letzte wirklich überzeugende Spiel: eine Sommer-Erinnerung. Philipp Lahm startete einen Alleingang, kritisierte Verein samt Philosophie und Strategie heftig. Er wurde abgemahnt und abgestraft. Als nächster scherte Luca Toni aus – doch selbst Abmahnungen und Abstrafungen führten nicht dazu, dass er sich beim Trainer entschuldigt. Die Beziehung scheint am Ende. Kurz vor Mitternacht bemühte sich Beckenbauer, die Rolle des Mediators einzunehmen. „Ich versuche da zu vermitteln auf beiden Seiten. Ich denke, dass wir da schon eine kleine Bindung hinkriegen.“ Streicheleinheiten allüberall.

Die Bayern auf Kuschelkurs, damit die Wortmeldungen nicht zu unangenehm ausfallen am Freitag und es weniger Pfiffe als befürchtet gibt für Mannschaft und Trainerstab. Anders als zunächst geplant werden sich alle auf der Messe München zeigen. Ein Neuanfang soll es werden, ein neues Miteinander. Am Mittwoch war Oliver Kahn auf der Tribüne, Lothar Matthäus auch. Sie plauderten mit Hoeneß, Rummenigge, Beckenbauer – die große Bayern-Familie, von der alle immer träumen. Es liegt was in der Luft. Das Comeback von „Mia san mia“.

Patrick Strasser

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