Bayern: Gerland, der gezähmte Tiger

Der kultig-kauzige Coach und Liebling der Bayern-Fans, hat sich in seiner neuen Rolle als van Gaals Assistent verändert. Ganz dezent ist er jetzt. „Ein Co-Trainer hat sich im Hintergrund aufzuhalten.“
von  Abendzeitung
Hermann Gerland könnte mit seinen Spielern bald in Aschheim spielen.
Hermann Gerland könnte mit seinen Spielern bald in Aschheim spielen. © dpa

Der kultig-kauzige Coach und Liebling der Bayern-Fans, hat sich in seiner neuen Rolle als van Gaals Assistent verändert. Ganz dezent ist er jetzt. „Ein Co-Trainer hat sich im Hintergrund aufzuhalten.“

DONAUESCHINGEN Hermann Gerland muss jetzt mehr laufen. Fehlt irgendetwas auf dem Platz während des Trainingslagers in Donaueschingen, ein Kleidungsstück oder ein Übungsutensil, springt der 55-Jährige zum Wagen des Zeugwarts oder geht mal eben zurück ins Hotel. Da kennt Gerland nichts. Befehl ist Befehl. Und Job ist Job.

Hermann Gerland ist aufgestiegen. Der vormalige Drittliga-Coach arbeitet jetzt mit den Profis des FC Bayern, mit Weltklassespielern, er ist im Bundesliga-Geschäft, in der Champions League, reist um die Welt, immer an der Seite von Louis van Gaal, dem neuen Coach. Der sagt über ihn: „Hermann ist wie auch Andries Jonker mein Assistent im allgemeinen Sinn, der aber auch die Verbindung mit der Jugendabteilung koordinieren wird. Das ist mir wichtig.“ Gerland soll Kontakt halten zu seinem Nachfolger bei den Amateuren, zu Trainer Mehmet Scholl und dessen Team, das Samstag beim FC Ingolstadt in die neue Drittliga-Saison startet. Mit Gerlands Jungs, den Zöglingen des Tigers.

Man könnte aber auch sagen, Hermann Gerland ist abgestiegen. Er ist nicht mehr Chefcoach, nicht mehr allein verantwortlich wie all die Jahre auf dem hinteren Platz an der Säbener Straße, als er trainieren und toben konnte, erziehen und loben. Das war seine Welt, sie schien unverrückbar. Bis Jürgen Klinsmann im April entlassen wurde. Als Jupp Heynckes die zwischenzeitliche Fünf-Wochen-Lösung wurde, suchte er sich Gerland als Assistenten aus, den Kult-Co.

Wenig später ging es darum, van Gaals Wünsche zu erfüllen. Der Holländer brachte drei Holländer mit, neben Jonkers noch Jos van Dijk für die Trainingssteuerung und mit Max Reckers einen Videospezialisten. Es fehlte die deutsche, die FC-Bayern-Komponente. Ein Mann für die Fans, für die gute Stimmung. „Als Uli Hoeneß mich fragte, konnte ich nicht nein sagen. Da fühle ich mich geehrt, wenn mir mein Arbeitgeber so etwas anbietet“, sagt Gerland zur AZ. Was die Verantwortung betrifft, hat er einen Rückschritt gemacht. Abgestiegen für den Aufstieg.

Dieser Tage im Schwarzwald steht Gerland auch viel rum, wenn es nichts zu tun oder zu organisieren gibt. Er hält die Hände hinter dem Rücken verschränkt, die Kappe als Sonnenschutz aufgezogen. Er stellt Hütchen auf, markiert Linien, sammelt Hütchen ein. Und beobachtet. Er greift aber kaum ein, hier und da mal ein nettes Wort in einer Trainingspause – das war's. Er wirkt ein wenig gebremst, ausgerechnet er, der nicht umsonst Tiger genannt wird. Er, der gezähmte Tiger.

Gerland selbst sieht das nicht so. „Die Arbeit macht mir sehr viel Spaß“, sagt er. Dass sein Job auf den ersten Blick recht passiv wirkt, findet er „normal“ und meint: „Es ist die Definition, die Jobbeschreibung des Co-Trainers, dass er immer zur Verfügung steht, assistiert und loyal dem Chef gegenüber ist. Ein Co-Trainer hat sich im Hintergrund aufzuhalten. In meiner Karriere war es doch oftmals genau umgekehrt, als ich eine Cheftrainer-Stelle hatte. Da hatte ich das Sagen und die Assistenten hatten sich zu fügen.“

Er ist ein Teil des Teams, und sieht sich als Lehrling. Gerland: „Ich habe doch schon ein betagtes Alter, aber bei den verschiedenen Übungen von van Gaal konnte auch ich noch etwas dazulernen, da waren viele Dinge dabei, die ich noch nicht kannte.“ Vielleicht kann er sie mal auch als Chef anwenden, irgendwann.

Patrick Strasser

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