Bayern gegen Porto: "So ein Tor gibt’s nur alle 100 Jahre"
AZ: Herr Pfaff, Sie haben doch bestimmt Zeit, um mit uns über das Bayern-Spiel gegen den FC Porto zu reden?
Jean-Marie Pfaff: Natürlich. Ich muss nur gerade den Swimmingpool für unsere Kinder sauber machen. Aber um über den FC Bayern zu reden, dafür habe ich immer Zeit!
AZ: Es geht natürlich um das Finale im Europapokal der Landesmeister in Wien: FC Bayern gegen den FC Porto. Erinnern Sie sich noch an den 27.Mai 1987?
Jean-Marie Pfaff: Na klar, ist aber schon ganz schön lange her. Das war ein sehr trauriger Moment für den Verein, die Spieler und die Fans. Da blieb uns nichts anderes übrig, als aus der Niederlage zu lernen. Wenn man gewinnt, sieht man die Fehler ja nicht. Wir kamen mit einem tollen Sieg gegen Real Madrid ins Finale, gegen eine Mannschaft aus Porto, die man kaum kannte. Aber dann hat Madjer dieses Tor geschossen und ist weltberühmt geworden.
AZ: Wie lief das Finale aus Ihrer Sicht?
Jean-Marie Pfaff: Wir haben sehr gut angefangen, in der 25. Minute durch Wiggerl Kögl das erste Tor geschossen – und waren nach dem Hackentrick von Madjer in der 78. Minute wie gelähmt, total kraftlos. Zwei Minuten später fiel dann noch das zweite Tor durch Juary, und es war vorbei.
AZ: Beschreiben Sie doch mal diesen Hackentrick, diesen Geniestreich von Madjer!
Jean-Marie Pfaff: So ein Tor fällt einmal in hundert Jahren! Porto war eine gefährliche Konter-Mannschaft, und als die Flanke von außen kam, lief Madjer auf den ersten Pfosten – allerdings ein bisschen zu weit. Da hat er gemerkt: ‘Oh, oh, ich bin zu weit, ich kriege den Ball in den Rücken. Dann probier’ ich das mal mit der Hacke.’ Normalerweise dreht sich ein Stürmer und schießt dann erst. So ein Tor sieht man in solchen Spielen eigentlich nie. Jeder dachte: ‘Das kann nicht wahr sein!’
Bayerns Personalnöte: Sammer sieht Chance
AZ: Da steht man als Torwart ziemlich blöd da. Sie waren 1987 ja auch noch Welttorhüter des Jahres...
Jean-Marie Pfaff: Ach, wissen Sie, das Leben ist schön, aber sehr hart. Im Sport ist das auch so. Auch Manuel Neuer hat super Paraden wie der Sepp Maier und ich – und lässt dann trotzdem mal einen Ball rein, bei dem man denkt: ‘Wie kann das denn passieren?’ Das Tor von Madjer war natürlich eine Katastrophe. Damals stand Bayern nicht ständig im Finale, so wie jetzt in den vergangenen Jahren. Und dann sieht man den Pokal vor dem Spiel schon da stehen – und darf am Ende doch nicht zum Weltpokalfinale nach Tokio fahren.
AZ: Wie stehen Ihrer Ansicht nach aktuell die Chancen des FC Bayern gegen den FC Porto nun im Viertelfinale der Champions League?
Jean-Marie Pfaff: In zwei Spielen ist das kein Problem. Aber man darf nicht so denken, wie wir damals gedacht haben. Porto ist Porto: immer eine gut organisierte Mannschaft, konterstark, gefährlich bei Freistößen und Eckbällen. Die können schnell umschalten, aber auch ein Spiel lahmlegen, das Tempo raus nehmen. Man darf die aber auch nicht spielen lassen, sonst ergeht es den Bayern wie im vergangenen Jahr beim 0:4 gegen Madrid. Die können auch tic-tac und bumm spielen – und schon sind sie weiter. Aber in zwei Spielen schaffen das die Bayern auf jeden Fall. An das Spiel von 1987 sollten sie am besten einfach gar nicht denken.
AZ: Haben Sie Ihren Peiniger Madjer eigentlich später nochmal getroffen?
Jean-Marie Pfaff: Oh ja! Vor vier Jahren haben wir für den arabischen Sender Al Jazeera die Szene nochmal nachgestellt, im Ernst-Happel-Stadion von Wien.
AZ: Und? Hat er es noch drauf mit der Hacke?
Jean-Marie Pfaff: Nee, diesmal hab’ ich den Ball gefangen!