Bayern-Gala gegen Bayer Leverkusen: Vier Brustlöser für Nagelsmann

München - Viel stand auf dem Spiel bei diesem einstigen Meisterschaftsduell zwischen dem FC Bayern und Bayer Leverkusen, weil die Partie am Freitagabend in der Allianz Arena diesmal zum Krisengipfel zwischen dem Tabellen-Fünften und 15. der Liga geriet.
Beide Teams wollten eine Trendwende, beide Trainer brauchten einen Stimmungsumschwung - glückte dank des überlegenen 4:0 nur den Bayern und ihrem Chefcoach Julian Nagelsmann.
Für Gerardo Seoane und die Leverkusener, ein Champions-League-Teilnehmer, hat spätestens nach acht Spieltagen (fast einem Viertel der Saison) der Abstiegskampf begonnen. Fragt sich, wie lange der Schweizer sich diesem noch entgegenstemmen darf.
Vor dem Spiel erklärte Kahn den Sieg zur Pflicht
Aus Sicht der Münchner wurde es zur Einstimmung aufs letzte Wiesn-Wochenende das perfekte Last-Minute-September-Fest. Die Treffer erzielten Leroy Sané, Jamal Musiala, Sadio Mané und Thomas Müller - die ersten drei Treffer allesamt in Halbzeit eins und allesamt abgefälscht, dennoch das Ergebnis wiedererstarkter bayerischer Entschlossenheit. Beim 4:0 legte Leverkusens Torhüter Lukas Hradecky unfreiwillig strauchelnd vor, ein Sinnbild der Werkself-Krise. So oder so - vier Wiesn-Hits für die Bayern.
Nach der Sieglos-Serie von vier Bundesliga-Partien mit dem negativen Höhepunkt vor zwei Wochen, dem 0:1 bei Abstiegskandidat FC Augsburg, legten die Münchner in ihren Oktoberfest-Trikots sehr engagiert und zielstrebig los.
Intern muss es klare Botschaften gegeben haben, die Vorstandsboss Oliver Kahn bei DAZN nach außen so proklamierte: "Wir sind hier bei Bayern München, wir haben seit vier Spielen nicht mehr gewonnen und für die Mannschaft gibt es heute nur ein einziges Ziel - und das heißt Sieg."
FC Bayern: Endlich stimmt auch die Chancenverwertung
Klare Worte, klarer Auftrag. Und siehe da: Die Chancenverwertung, der große Makel der letzten Wochen, stimmte diesmal. Nach der schnellen Führung lösten sich die Fesseln der (Versagens-) Angst, die Mannschaft befreite sich selbst.
Nagelsmann gab sich vor der Partie am DAZN-Mikrofon aufgeräumt und gelassen, sagte auf den wachsenden Druck angesprochen: "Natürlich spürt man Druck. Der macht mich aber auch nicht kaputt. Es ist ja kein Druck, der mein Leben bedroht. Da geht's um einen Job, den ich unbedingt machen wollte. Bayern-München-Trainer sein, den Job würde ich gerne viele Jahre machen." Etwas mehr als dreieinhalb Jahre läuft sein Fünfjahres-Vertrag bis 2026 noch.
Und doch offenbarte er, dass er sich angegriffen fühlt: "Ich habe kein Problem, wenn über sportliche Dinge diskutiert wird. Aber wenn man schreibt, dass ich mit dem Skateboard fahre oder ob ich einen weißen Schuh oder lila Schuh anhabe und das dann der Grund dafür ist, dass man in Augsburg nicht gewinnt, finde ich es etwas übertrieben."
Nagelsmann war die Erleichterung deutlich anzumerken
Es wurde viel gesprochen und debattiert in der Länderspiel-Pause an der Säbener Straße, das verrieten die Worte von Kahn. "Es ist ganz wichtig, dass wir kritisch miteinander umgehen. Und mit Julian kann man das auch machen. Natürlich muss man hier und da auch ein bisschen vorsichtig sein, aber er ist jemand, der in diesen Gesprächen auch kritikfähig ist, der das aufsaugen kann, der sich dann auch weiterentwickeln kann." Will sagen: Der Trainer ist ein Lernender.
Nagelsmann, ohnehin ein sehr aktiver Coach an der Seitenlinie, ging vom Anpfiff an noch einen Tick engagierter mit als sonst, als wolle er dem Team demonstrieren: mein Plan, mein Werk - und zugleich bin ich euer 12. Mann.
Auffällig: Wie emotional Nagelsmann die Treffer feierte - dabei aber auch sich selbst. Er brüllte angestauten Frust heraus, klopfte sich heftig auf die Brust. Die Bayern hatten leichtes Spiel gegen schwache, gerne gesehene Gäste in Sachen Krisenbewältigung.
Nächsten Dienstag geht es in der Königsklasse gegen Viktoria Pilsen. Der nächste Aufbaugegner vor dem Duell am 8. Oktober in Dortmund?