Bayern-Coach van Gaal sieht's ein: "Bin kein Gott"

MÜNCHEN - Bayerns Cheftrainer van Gaal gibt sich vor dem wegweisenden Spiel gegen Frankfurt plötzlich ganz sanft und zahm. Der Holländer sieht sich als Kommunikator – und nicht als Diktator.
Die Eröffnungsworte sprach Bayerns Pressesprecher Markus Hörwick. Trainer Louis van Gaal saß bereits zu seiner Linken, faltete die Hände und lauschte. Der Coach war im Klubanzug erschienen – samt roter Krawatte. Als wolle er dem für ihn bedeutsamen Termin die passende Optik geben. Diese Presserunde für die Printreporter – und später auch die TV-Journalisten – wollte er nicht im Trainingsanzug und in Badeschlappen abhalten, wie sonst des öfteren geschehen.
Hörwick wies am Freitagmittag darauf hin, dass es nicht selbstverständlich, nein sogar ziemlich professionell sei vom Trainer, dass er sich angesichts der „morgendlichen Lektüre“ stelle. „Götterdämmerung“ hatte die Abendzeitung nach dem 1:2 in der Champions League in Bordeaux in Bezug auf das Zitat „Ich bin wie Gott. Ich werde nie krank und ich habe immer recht“ geschrieben, „Bild“ auf der Titelseite die Frage gestellt: „Fliegt van Gaal schneller als Klinsi?
Wer nun einen Tag vor dem wegweisenden Heimspiel gegen Eintracht Frankfurt am Samstag (15.30 Uhr, Liveticker bei abendzeitung.de) einen wütenden, aggressiven, eben dominanten und arroganten Trainer erwartet hatte, lag völlig daneben. Van Gaal wirkte gefasst, sprach mit Bedacht, ruhig und sachlich. Eine Verteidigung als Anwalt seiner selbst. Punkt eins: „Ich habe auf meiner Pressekonferenz zum Einstand gesagt, dass ich arrogant bin. Aber für mich ist das nichts Schlechtes – nur für die deutschen Medien. Arrogant heißt in Holland, dass ich viel Selbstvertrauen habe.“ Das hat er, keine Frage. Aber es lag ihm auch einiges daran, dies nun klarzustellen. „Ich bin eine Analyse-Person“, sagte er noch und fügte hinzu, „ich kann viel erklären.
Tat er dann auch. Punkt zwei: Die Sache mit Gott. Van Gaal fühlt sich falsch verstanden, anders interpretiert worden wäre ein Satz, den er in der Kabine gegenüber der Mannschaft gesagt haben soll. Der Coach bestritt nicht, dies gesagt zu haben, er zeigte sich reumütig und demütig zugleich. Am Freitag stellte van Gaal klar: „Wenn ich ein Gott wäre, dann gewinne ich alles. Ich bin kein Gott. Ich bin ein Trainer, der hart arbeitet und sich um die Spieler kümmert.“ Van Gaal erkennt: Ich bin nicht Gott.
Es war ein bemerkenswerter Auftritt des Trainers. Er demonstrierte Stärke, in dem er eben nicht ständig auf seine Stärken verwies. Ob er sich dessen selbst bewusst wurde, dass eine andere Tonart von nun an angebrachter wäre oder ob es einen sanften Hinweis seitens des Vorstands in dieser Sache gegeben hat, ist nicht bekannt. Van Gaal spürt, dass die Schonfrist vorbei ist, sich diese aber nur verlängert, wenn er sich umgänglicher und nicht so stur und selbstverliebt zeigt. Sei es im Umgang mit den Medien oder den Spielern.
„Mein Mittel ist die Kommunikation. Wenn wir verloren haben, um so mehr. Ich spreche viel mit den Spielern“, sagte van Gaal als wolle er noch einmal herausstreichen, dass bei ihm nicht die Kultur des Monologs vorherrsche: „Ich bin kein Diktator.“ Und nicht ohne Fehler. Es würden nur die Ergebnisse fehlen. Mit all seiner Erfahrung seiner Jobs bei Ajax und bei Barcelona weiß er: „Es geht im Fußball immer um Ergebnisse.“
Als der Holländer gefragt wurde, ob er sich denn nun unter Druck wähne angesichts des Statements von Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge („Wir brauchen nun zwei Siege in der Champions League“) und der Medien-Berichterstattung, antwortete er: „Wenn ich Ihnen darauf eine Antwort gebe, gelte ich wieder als arrogant. Aber das darf ich nicht.“ Damit lautete seine eigentliche, unausgesprochene Antwort: Nein.
Patrick Strasser