Bayern-Bosse schämen sich
Die Bayern-Fans provozieren Schalkes Keeper, den potenziellen Zugang. Hinterher geht Präsident Hoeneß persönlich zum Nationaltorwart – und Boss Rummenigge schämt sich für die Anhänger.
München - Dass der Empfang nicht freundlich ausfallen würde, war klar. Manuel Neuer konnte nichts anderes erwarten in München. An jenem Ort, an dem er einst Oliver Kahns Eckfahnenjubel bei einem Schalker Bundesligasieg 2009 nachgeahmt hatte. Der Mann mit dem Copyright auf diesen extrovertiertesten aller Torwartjubler meinte dazu als Analyst im ZDF: „Da hat der Neuer versucht, mich zu imitieren, das hat er ganz gut gemacht. Wohl auch daher kommt der Unmut der Bayern-Fans, aber das muss den Manuel nur motivieren, dass er hier eine Weltklasse-Leistung zeigt." Kahn weiß aus seiner Karriere, dass Antipathie anspornt.
„Koan Neuer!” stand auf tausenden Zetteln, die Fans in der Südkurve vor der Pokal-Pleite gegen Schalke hoch hielten – nicht zum ersten Mal, sie mussten diese Protest-Schreiben nur aus dem Keller holen, schon im Dezember hatte man so gegen einen Transfer des Nationaltorwarts demonstriert.
Weitere Anti-Neuer-Sprüche: Auf einem Transparent in weiß auf rot: „Thomas Kraft statt Neuers Lobby." Oder: „Neuer – du bist und bleibst Gast.” Schließlich: „Kraft gewinnt Spiele in Mailand. Neuer verliert sie in Gladbach.” Oder er gewinnt sie in der Allianz Arena. Wie gestern bei Schalkes Pokal-Triumph.
Den Bayern-Bossen war’s hinterher sicht- und hörbar peinlich. Boss Karl-Heinz Rummenigge sagte: „Ich finde das nicht okay von den Fans. Hierfür will ich mich im Namen des FC Bayern in aller Form bei Manuel Neuer entschuldigen.” Kein Wunder, gilt der Nationalkeeper doch als potenzieller Bayern-Keeper. Entweder ab Sommer oder ab 2012.
Der Angefeindete selbst ging mit den Plakaten, den permanenten Pfiffen und den derben Rufen („Neuer, du A...!”) höchst gelassen um. Nach dem Sieg feierte er mit den Kollegen und meinte: „Wichtig für mich ist, dass ich auf dem Platz auf den Ball schaue und nicht auf irgendwelche Plakate. Ich denke, ich habe ein solides Spiel gemacht, das war mir wichtig.” Und dann berichtete er noch, dass Bayerns Präsident höchstselbst in den Katakomben zu ihm geeilt sei. „Uli Hoeneß kam persönlich zu mir, um sich im Namen des Vereins bei mir zu entschuldigen.”
Die Bosse wollen verhindern, dass die Anfeindungen durch den Anhang den angestrebten Transfer verhindern. Denn wie gut er ist, das zeigte der 24-Jährige auch am Mittwoch wieder. Bereits nach 74 Sekunden schnappte er sich den ersten Ball. In Minute sechs eine Einlage: Neuer nahm einen Ball volley vor seinem Strafraum und schoss ihn rüber – bis zu Thomas Kraft, dem Liebling der Fans, dem Platzhalter bis Sommer?
"Vier Minuten Deutscher Meister"
Dass der die Nummer eins bleibt, ist eher unrealistisch, genauso wie ein Wechsel Neuers zu Manchester United, die nun ein Angebot eingereicht haben.
Zu Beginn der zweiten Halbzeit, als Neuer vor das Tor der Südkurve musste, wurde er wieder verhöhnt: „Du willst kommen, um Titel zu holen? Du warst doch schon vier Minuten Deutscher Meister!" Damals 2001 – als Fan. Bundestorwartrainer Andreas Köpke empfand die Schmähungen als „unfair". Köpke bei Sky: „Er hat den Bayern nichts getan. Klar, die Fans wollen ihren Torwart schützen, aber es ist doch gar nicht klar, ob Manuel überhaupt wechselt.”
Dies bestätigte dann auch der Torwart selbst. Gefragt, ob er denn zu einem Verein wechseln wolle, dessen Fans ihn ablehnen, fragte er: „Wer sagt denn, dass ich zu diesem Verein wechseln will?”