Bayern-Bosse feuern Van Gaal: Nachgetreten!
Noch am Abend nach dem 1:1 in Nürnberg entlassen die Bayern Louis van Gaal. Vor allem Präsident Hoeneß erhebt schwere Vorwürfe. So kam es zur Trennung.
München - Irgendwo auf der A9 zwischen Nürnberg und München fiel der Entschluss. Gemeinsam, in einem Auto, fuhren der Vorstand des FC Bayern und Präsident Uli Hoeneß am Samstag vom 1:1 in Nürnberg zurück, da war Louis van Gaal praktisch entlassen.
Angekommen an der Säbener Straße, bestellte man am späten Abend noch Kapitän Philipp Lahm und seinen Vize Bastian Schweinsteiger ein, um das Meinungsbild zu zementieren. „Es fand die volle Zustimmung der Kapitäne”, berichtete Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge.
Aus dem Feierbiest wurde das Feierabendbiest. Dem Holländer wurde noch am Abend telefonisch mitgeteilt, dass er von nun an beurlaubt ist – er soll es emotionslos hingenommen haben.
Sein bisheriger Assistent Andries Jonker wurde befördert. Im 22. Monat endet die Ära Louis van Gaal – und das nicht etwa nach einer Niederlage wie vor fünf Wochen in Hannover (1:3), sondern nach einem 1:1 in Nürnberg. Dennoch: „Das Fass war übergelaufen”, sagte Uli Hoeneß am Sonntag. Und: „Der Krug geht so lange zum Brunnen, bis er bricht. Jetzt ist er gebrochen.”
Hoeneß nutzte die Pressekonferenz nicht nur zu Erklärungen, er trat auch nach gegen den noch im Mai 2010 (Double plus Champions-League-Finale) gefeierten Trainers. Viel hatte sich seit Monaten aufgestaut. Die Vorwürfe:
Mit dem doppelten Punktverlust in Nürnberg trotz Führung (Thomas Müller) rutscht man wieder auf Rang vier, fünf Spieltage vor Saisonende fehlt ein Punkt auf Hannover 96. Im Pokal-Halbfinale verlor man gegen Schalke (0:1), im Champions-League-Achtelfinale flog man gegen Inter Mailand (1:0/2:3) trotz überlegenem Spiel raus. In der Liga setzte es insgesamt sieben Niederlagen, der Rückstand auf Tabellenführer Dortmund beträgt 14 (!) Punkte.
„Erfolg ist das eine. Aber der Spaß hat in diesem Verein seit langer Zeit gefehlt. Nicht nur bei uns, sondern auch bei den Spielern”, schimpfte Hoeneß am Sonntag. In den letzten Partien seien die Spieler gelähmt gewesen aus Angst vor dem strengen Regiment des Holländers, der manchen Profi auf Wochen und Monate zum Bankdrücker degradierte (erst Toni, Demichelis, später Butt, van Buyten, Klose, Altintop). Hoeneß: „Wenn man den ein oder anderen seit Wochen beobachtet, hat man das Gefühl, dass die pure Angst die Aktionen begleitet und ich gehe davon aus, dass das ab sofort beendet ist.”
Die Meuterei der Mannschaft: „Dass die Spieler hinter van Gaal standen, ist ein Märchen”, meinte Hoeneß. Fachlich jedoch gab es keine Klagen, auch das Training wurde von den Profis geschätzt. Mit Franck Ribéry gab es seit Dienstantritt van Gaals im Juli 2009 Reibereien, zuletzt trauerte Arjen Robben dem – erzwungenen – Abgang von Kapitän Mark van Bommel nach, zu dessen Freundeskreis die abservierten Butt und Klose zählten. Hoeneß: Ich erwarte, dass die Zwangsjacke, in der die Spieler seit Monaten stecken, abgestreift wird.” Beweistermin ist ausgerechnet das Heimspiel Sonntag gegen Leverkusen mit Bald-Trainer Jupp Heynckes.
Zu Beginn des Jahres überraschte, nein schockte, van Gaal die Bosse mit der Beförderung des Talents Thomas Kraft zur Nummer eins anstelle des erfahrenen Jörg Butt. „Damit ging die Scheiße los”, polterte Hoeneß, „der Vorstand hat Louis van Gaal auf diese Problematik hingewiesen und er hat es trotzdem gemacht. Der gestrige Tag war das Ende eine Kette, und deswegen musste der Vorstand gestern reagieren. Denn das kann man sich nicht länger anschauen.” Ab sofort spielt wieder Butt.
Längst steht der Schalker Nationaltorwart bei Bayern im Wort, der Übergang von Butt sollte ein sanfter sein – was Gaal mit Kraft torpedierte. Hoeneß: „Das Thema Neuer hätte sich hier nie so hochgeschaukelt. Wir haben uns Probleme gemacht, die völlig unnötig waren und den ganzen Verein total durcheinander gebracht haben.” Wir? Hoeneß meinte: Louis van Gaal. Ob er der Alleinschuldige ist?