Bayern-Aus zum Jahresende: Uli Hoeneß bringt Karl-Heinz Rummenigge für DFB in Stellung

Duisburg - Nicht immer werden Länderspiele gegen Island zu Sternstunden der deutschen TV-Geschichte. Die Rede ist von "Weißbier-Waldi" Hartmann, der nach einem schrecklichen 0:0 der DFB-Auswahl im September 2003 vom damaligen Bundestrainer Rudi Völler kräftig einen eingeschenkt bekam.
Nach der Kritik des ARD-Experten Günter Netzer setzte Völler zu seiner legendären "Scheißdreck-Mist-Käse"-Schimpftirade an. Waldemar, so sein wirklicher Vorname, Hartmann ertrug den Völler’schen Lockenkopf-Ausbruch ("Du sitzt hier bequem auf deinem Stuhl, hast drei Weizenbier getrunken und bist schön locker!") mit Anstand und erfreute sich später lukrativer Werbeverträge in der Weißbierbranche.
Fernsehgeschichte, immer wieder gern gesehen.
Uli Hoeneß läuft erst in der Nachspielzeit warm
Am Donnerstag schalteten die TV-Zuschauer wohl nicht wegen der kantigen Isländer ein. Die Neugierde der bis zu 7,42 Millionen Menschen (Durchschnittswert 6,78 Millionen, Marktanteil 23,1 Prozent) speiste sich aus der Frage, wie die DFB-Auswahl das 0:6 im November in Spanien wettmachen wollte – und vor allem, wie sich der RTL-Fang Uli Hoeneß präsentieren würde. Für die drei WM-Qualifikationsspiele im März hat sich der Sender einen ganz dicken Fisch geangelt, den Polarisierungsweltmeister vom Tegernsee.
Bei seinem ersten Auftritt war der Ex-Bayern-Präsident als Experte im TV-Studio jedoch relativ zahm, man musste schon bis zur "Nachspielzeit", etwa 23.15 Uhr, warten. Erst dann, weit nach Spielende, wurde aus dem zuvor milden und sanftmütigen Uli Hoeneß – vor allem mit Blick auf den scheidenden Bundestrainer Joachim Löw, dem er zuflötete: "Jogi, ich wünsche dir ein tolles Abschiedsvierteljahr!" – jener Uli Hoeneß, der einst die Abteilung Attacke der Bayern meist als alleinige Speerspitze anführte. Als es um den DFB und das dortige Chaos in der Führungsebene ging, kam der 69-Jährige langsam auf Betriebstemperatur.
"Ein Trauerspiel": Uli Hoeneß watscht den DFB ab
Moderator Florian König musste nur einen Köder zum Reizthema geben, das Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge eint wie sonst nur die Liebe zum FC Bayern. Es sei "ein Trauerspiel", was der Verband biete, hob Hoeneß auf den Zoff zwischen Präsident Fritz Keller und Generalsekretär Friedrich Curtius ab, die "streiten sich wie die Besenbinder. Es geht nicht mehr um Fußball. Es geht um Postenschacherei, Aufwandsentschädigungen und Machtspiele. So kann es nicht weitergehen."
Dann ging es ans Eingemachte. Hoeneß watschte alle DFB-Personalien im Schnelldurchgang ab. Generalsekretär Curtius? "Völlig überfordert!" Vize-Chef Rainer Koch? "Glaubt ja, dass er eigentlich der geeignete Präsident wäre." Schatzmeister Stephan Osnabrügge nannte Hoeneß nicht einmal beim Namen, spottete über den – Zitat "Arbeitsrechtler".
Hoeneß brachte dann Bayerns Vorstandsvorsitzenden Rummenigge als Lösung für alle Personalprobleme ins Spiel. Ob der sich über das Vertrauensvotum überhaupt freute? Schließlich lehnte Rummenigge eine Verbandsfunktion bisher stets kategorisch ab. Hoeneß legte gegen den Verband nach: Überhaupt gehe beim DFB die Steuerfahndung so oft ein- und aus "wie der Briefträger". Nun ja – Hoeneß und die Steuer, das war ja einst eine folgenreiche Brieffreundschaft.
Nach Hoeneß-Attacke: DFB wehrt sich
Die Antwort des DFB auf den Rundumschlag war kurz und schmallippig: "Der DFB weist die subjektiv motivierten pauschalen persönlichen Angriffe zurück und kommentiert diese auch nicht weiter."
Dass Hansi Flick, Bayerns Sextuple-Coach, im Sommer an der Säbener Straße wegen des Jobs als Bundestrainer und Jogi-Erbe um Freigabe aus seinem Vertrag bittet, um zum DFB überzusiedeln, lässt Hoeneß kalt: "Dem FC Bayern ist das eigene Hemd näher als die Hose. Es ist klar, dass wenn ein Trainer erfolgreich ist, ein Abgang für den Verein gar kein Thema ist." Heißer erschien da ein Zwischenton, mit dem Hoeneß das einstige Interesse an Zlatan Ibrahimovic verriet.
Am Sonntag ist Hoeneß erneut im Einsatz
Hoeneß über den Schweden-Star, der am Donnerstag nach fünf Jahren sein Comeback in der Nationalmannschaft feierte, en passant: "Er ist ein großer Spieler, aber seine Gehaltsvorstellungen waren auch göttlich." 2001 muss das gewesen sein als "Ibrakadabra" noch in seiner Heimat bei Malmö FF kickte. "Wir waren mal interessiert", sagte Hoeneß, "aber sind nicht einmal bis zur Hauptspeise gekommen."
Am Sonntag öffnet RTL wieder seine Zitate-Kantine rund ums Rumänien-Spiel. Wie sehr wird Hoeneß die Sendung diesmal würzen? Und: Was hat er eigentlich noch im Köcher?