Bayern-Angstgegner Gladbach: Werden die Fohlen zum Meister-Konkurrenten?

München - Beim FC Bayern korrelieren Atmosphäre und Stimmung nicht immer zwangsläufig mit dem Tabellenstand, sonst würde seit über zehn Jahren stets "Eitel Sonnenschein" herrschen.
Der Sowieso-Wieder-Tabellenführer-Trainer Julian Nagelsmann war am Freitag bester Laune an der Säbener Straße - die hat der 35-Jährige ohnehin meistens. Gelöst meinte er gegen Ende der Fragerunde im Pressekonferenzraum: "Ich schaue gleich zu Brazzo (Sportvorstand Hasan Salihamidzic, d. Red.) ins Büro und hoffe, dass die Espresso-Maschine schon warmgelaufen ist, dazu esse ich noch 15 Kekse." Ja, ja, die gefräßigen Bayern. Vier Siege in vier Pflichtspielen, 15:1 Tore in der Bundesliga, 15 Kekse.
Nagelsmann noch ohne Sieg gegen Gladbach als Bayern-Coach
Schlechte Laune machte Nagelsmann in der vergangenen Saison mit nur einem Titel, der in München stets fest eingeplanten Meisterschaft, vor allem in der Rückrunde die eigene Mannschaft sowie lästige Gegner namens Villarreal oder Gladbach. Ein gelbes U-Boot und grün-weiße Fohlen.
Gleich drei Mal ärgerten diese die Platzhirsche aus München. Zum 0:5-Desaster in der zweiten Pokalrunde kamen in der Bundesliga ein 1:1 am Niederrhein und das 1:2 in der Allianz Arena zum Rückrundenstart - damals waren die Bayern allerdings durch Coronafälle arg dezimiert.
Nur ein Punkt aus zwei Liga-Partien. Negativ war ansonsten nur die Bilanz gegen Mainz (2:1/1:3), ausgeglichen gegen Frankfurt (1:2/1:0) und Augsburg (1:2/1:0). Zur Verdeutlichung: Je zwei Erfolge gelangen acht Mal, und zwar gegen Borussia Dortmund, RB Leipzig, SC Freiburg, Union Berlin, Hertha BSC und Köln sowie die am Ende als Absteiger feststehenden Greuther Fürth und Arminia Bielefeld.
Kommt also der Angstgegner der Bayern am Samstag (18.30 Uhr, live bei Sky und im AZ-Liveticker) in die Arena zum Duell Erster gegen Zweiter? Von den letzten 17 Pflichtspielen der früheren Rivalen in den 70er Jahren hat Gladbach acht gewonnen, Bayern nur sechs. Kein anderer Klub holte seit der Saison 2011/12 mehr Punkte (31) gegen den Branchenprimus. Kein anderer Verein konnte seit 2017/18 stets mindestens ein Spiel pro Saison gegen den Abo-Meister gewinnen.
Wird Gladbach ein ernsthafter Konkurrent für die Bayern?
Das ist zwar nur Statistik, die sich im Hinterkopf der Spieler beider Vereine festsetzen kann, andererseits zählt vielmehr die Frage: Ist der Angstgegner, letztes Jahr weiter unter den eigenen Ansprüchen lediglich Tabellen-Zehnter, in dieser Saison vielleicht sogar ein ernsthafter Konkurrent?
Gerade jetzt, da die vermeintlichen Bayern-Widersacher, die andere Borussia aus Dortmund (2:3-Schock nach 2:0-Führung gegen Aufsteiger Bremen), RB Leipzig (noch kein Pflichtspiel-Sieg) und Bayer Leverkusen (aktuell auf einem direkten Abstiegsrang), allesamt am dritten Spieltag verloren?
"Es ist ein Spitzenspiel, wenn man die aktuelle Tabellensituation sieht", meinte Nagelsmann, "ich gehe davon aus, dass die Gladbacher mitmachen, also mitspielen wollen. Es gehören immer zwei Mannschaften dazu." Ob er Angst hat vor dem vermeintlichen Angstgegner? Nagelsmann, der als Bayern-Trainer (14 Monate im Amt) nur gegen Gladbach - in den drei Versuchen - nicht gewinnen konnte: "Wir haben grundsätzlich vor keinem Gegner Angst, die Spieler auch nicht. Generell vor nix im Fußball, höchstens außerhalb. Vielleicht hat einer 'ne Spinnenphobie."
"Bayern aktuell das wohl formstärkste und heißeste Team Europas"
Oder 'ne Fohlen-Phobie? "Wir können uns nichts für diese Erfolge kaufen, ganz im Gegenteil. Die Sinne von Bayern sind jetzt besonders geschärft", befürchtet Gladbach-Trainer Daniel Farke (45): "Wir werden nicht die weiße Fahne schwenken, wollen auch Unrealistisches schaffen." Dennoch: Die Bayern seien "aktuell das wohl formstärkste und heißeste Team Europas. Ihr Start war sehr beeindruckend", sagt Farke.
Rekordnationalspieler Lothar Matthäus (61), der einst für beide Vereine spielte, meinte: "Mönchengladbach hat gar nichts zu verlieren. Aber der eindeutige Favorit sind die Bayern. Ich tippe auf einen klaren Sieg." Und überhaupt: "Mit der Meisterschaft wird es wieder etwas langweiliger werden als mit den anderen Plätzen."
Kennt man ja. Darauf einen Espresso. Und ein paar Kekse, Anzahl nach Wahl.