Bayerischer Kontrollverlust: Bei den Münchnern rumort es aus drei Gründen
München - Stuttgart wird für die Stars des FC Bayern zum Charaktertest - das ist seit den Ereignissen des vergangenen Wochenendes klar.
Die enttäuschende Leistung beim 1:3 in Mainz und die anschließende Reise des Großteils der Mannschaft auf die Party-Insel Ibiza haben bei Konkurrenten aus der Bundesliga für Kopfschütteln gesorgt - und auch intern Diskussionen ausgelöst.
Der Zeitpunkt des Trips wird im Trainerteam als maximal unglücklich angesehen, daher erwartet Julian Nagelsmann am Sonntag (17.30 Uhr bei DAZN und im AZ-Liveticker) gegen den abstiegsbedrohten VfB eine Reaktion. Auch deshalb, um den Vorwurf der möglichen Wettbewerbsverzerrung zu entkräften.
Matthäus geht es auch um die Außendarstellung des FC Bayern
"Die Saison geht bis zum letzten Spieltag für alle Mannschaften", hatte Hertha-Trainer Felix Magath, der mit seinem Team ebenfalls noch gegen den Abstieg kämpft, nach Bayerns Mainz-Niederlage kritisiert: "Ich weiß nicht, warum eine Mannschaft dann sagen kann, wir spielen in dieser Saison nicht bis zum Ende und machen drei Wochen vorher Schluss."
An der Stelle der Münchner hätte Sky-Experte Lothar Matthäus die Ibiza-Reise verboten, "auch wegen der Außendarstellung des FC Bayern", wie er sagte: "Die Bayern-Fans ärgern sich - und dann fahren die Spieler in den Urlaub..."
Noch bedenklicher als die Reise an sich ist der Gesamteindruck, der sich nun gegen Ende der ersten Nagelsmann-Saison verfestigt. Der Coach und seine Vorgesetzten Hasan Salihamidzic und Oliver Kahn scheinen das Team nicht immer im Griff zu haben. Kann das lange gut gehen? Die AZ erklärt den bayerischen Kontrollverlust.
FC Bayern: Wie steht es um die Disziplin der Spieler?
Erst am Donnerstag erfuhr Nagelsmann nach AZ-Infos von den Ibiza-Plänen der Mannschaft, er ließ seine Spieler gewähren. Aber warum eigentlich? Was wäre es für ein starkes Statement von ihm gewesen, den Trip nach dem desolaten Auftritt in Mainz zu untersagen - Nagelsmann hätte sich beim Team vielleicht nicht beliebter gemacht, aber dafür an Autorität gewonnen.
Kaum vorstellbar, dass sich die Initiatoren Joshua Kimmich, Serge Gnabry und Lucas Hernández unter Hansi Flick oder Jupp Heynckes überhaupt getraut hätten, einen solchen Kurzurlaub während der Saison zu organisieren.
Zum unglücklichen Außenbild kam noch hinzu, dass Salihamidzic die Reise als wertvolle "teambildende Maßnahme" verkaufen wollte. Während das Trainerteam ganz anderer Meinung war, den Trip kritisch sah. Da gibt es auch bei der internen Kommunikation Verbesserungsbedarf. Zumal Salihamidzic die Reise als Sportvorstand auch vorab schon hätte untersagen können - oder müssen.
FC Bayern: Wie geht man mit der Formschwäche einiger Leistungsträger um?
Die zehnte Meisterschaft in Folge hat Bayern zwar gewonnen, am Sonntag nach dem Stuttgart-Spiel nimmt Kapitän Manuel Neuer die Schale in Empfang. Im DFB-Pokal und in der Champions League schieden die Münchner aber angesichts der hohen eigenen Ansprüche deutlich zu früh aus. Wegen unerklärlicher Blackouts des gesamten Teams wie beim 0:5 in Gladbach und beim 0:1 in Villarreal - und wegen Formschwächen von Stars wie Leroy Sané, Kimmich, Gnabry, Dayot Upamecano, oder Thomas Müller im Laufe der Saison.
Nagelsmann wirkte bei seinen Analysen zu den Schwankungen seiner Stars teilweise ratlos, er hatte allerdings auch nicht die qualitativ starken Alternativen auf der Bank. Für den Kader sind Salihamidzic und Kahn verantwortlich.
FC Bayern: Wie moderiert man das leidige Thema Vertragsverlängerungen?
Mit Müller hat eine unverzichtbare Größe der Mannschaft bis 2024 verlängert, doch bei anderen Personalien tun sich die Bosse schwer: Wann unterschreiben die Ajax-Profis Ryan Gravenberch und Noussair Mazraoui?
Wann verlängert Neuer? Und was passiert mit Gnabry und Robert Lewandowski? Es wird Zeit für die Bayern-Verantwortlichen, wieder die Kontrolle zu erlangen - auf allen Ebenen.