Barca führt die Bayern vor - Klinsi, das war's!

BARCELONA - Eine historische Schmach hat Bayern München aus allen Champions-League-Träumen gerissen und das gesamte „Projekt Klinsmann“ ins Wanken gebracht. Der deutsche Fußball-Meister kassierte am Mittwochabend mit einem 0:4 (0:4) beim FC Barcelona die höchste Pleite in der europäischen Königsklasse.
Demontiert, vorgeführt, gedemütigt: Ein chancenloser FC Bayern München hat bei einer der höchsten Pleiten seiner Europapokal-Geschichte eine Lehrstunde erteilt bekommen und kann das Champions-League-Halbfinale eigentlich bereits abhaken. Von den phasenweise brillierenden Fußball-Künstlern des FC Barcelona wurde der deutsche Rekordmeister am Mittwochabend im ausverkauften Camp Nou beim 0:4 (0:4) regelrecht auseinandergenommen. Lionel Messi mit einem Doppelpack (9. Minute und 38.), Samuel Eto'o (13.) und Thierry Henry (43.) besiegelten vor 96 000 berauschten Barcelona- Anhängern den Untergang der Bayern.
In der zweiten Hälfte ließen es die Gastgeber etwas lockerer angehen, trotzdem musste Butt mit einer Weltklasseparade gegen Messi retten (58.). Erschreckend schwach dagegen die Münchner Angriffsbemühungen, jeder Spieler gab eine klägliche Figur ab. Beim Sieger überragten neben Messi Mittelfeldspieler Xavi und Henry.
Klinsmann kickt Rensing raus
Die erste Hammermeldung aus Barcelona hatte München schon Stunden vor dem Anpfiff erreicht. Trainer Jürgen Klinsmann hatte sich offensichtlich zur Torhüter-Rotation entschlossen. Klinsi zwingt den bisherigen Stammkeeper Michael Rensing (24) raus, stellt Ersatzmann Jörg Butt (34) zwischen die Pfosten!
Klinsmann sicherte aber immerhin zu, dass Rensing am Wochenende gegen Eintracht Frankfurt (Samstag, 15.30 Uhr, AZ-Liveticker) wieder im Tor stehen werde. Der Trainer wies Interpretationen zurück, wonach es sich bei der Verbannung Rensings auf die Ersatzbank um eine "Demontage" handelt.
Rensing aber offenbar nicht meisterklassen-tauglich für Klinsmann. Acht lange Jahre hatte Rensing gewartet, bis er zu Saisonbeginn endlich in die Fußstapfen von Torwart-Legende Oliver Kahn treten konnte und die Nummer eins im Bayern-Tor wurde. Doch die Fußstapfen vom "Titan" erwiesen sich logischerweise als zu groß. Immer wieder wurde Rensing wegen seiner mangelnden Strafraumbeherrschung kritisiert. Bayern-Präsident Franz Beckenbauer schimpfte den Kahn-Nachfolger sogar einmal "amateurhaft".
Die Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge, Manager Uli Hoeneß und Trainer Jürgen Klinsmann beteuerten gebetsmühlenartig unisono, dass die neue Nummer eins "das uneingeschränkte Vertrauen" genieße.
Bis Mittwoch. Bis zum wichtigsten Spiel der Saison, bis zum Champions-League-Kracher gegen den FC Barcelona. Für die Weltklasse-Stürmer Messi, Eto'o und Henry war Rensing anscheinend doch nicht gut genug. Klinsmann wollte offenbar auf Routine setzen. Obwohl Butt nur ein Pflichtspiel bestritten hat - beim 7:1 der Bayern im Achtelfinal-Rückspiel gegen Sporting Lissabon. Nachdem die Münchner das Hinspiel schon 5:0 gewonnen hatten.
Trotzdem bekam Butt, der früher für Bayer Leverkusen schon 40 Champions-League-Partien bestritten hatte, gegen Barca zum Einsatz. Für Rensing eine Wahnsinns-Watschn, beim Top-Event zuschauen zu müssen. Obwohl er beim 1:5-Debakel am letzten Wochenende in Wolfsburg sicher nicht die Hauptschuld trug. Sepp Maier, Rensings Torwart-Trainer bis Ende der letzten Saison, schimpfte auf Klinsmann: „Das gibt natürlich einen Rückschlag für Rensing. Ich finde es unfair, dass man Michael Rensing die Schuld für das 1:5 in Wolfsburg in die Schuhe schiebt." Rensing raus - damit ist seine Reputaion in der Mannschaft ruiniert, eigentlich kann er nur noch die Flucht aus München ergreifen.
Klinsmann - und die Bayern-Keeper. Anscheind eine unendliche und unseelige Geschichte. Schon vor der WM 2006 hatte Bundestrainer Klinsmann Bayern-Torwart Kahn zur Nummer zwei degradiert, Jens Lehmann zur Nummer eins befördert. Nun rasiert er Rensing.