„Bald steht in meinem Büro auch ein Computer“
Bayern-Manager Uli Hoeneß lernt von Klinsmann. „Wir im Vorstand sind doch keine alten Säcke, die sich nichts mehr beibringen lassen wollen“, sagt er im großen AZ-Interview.
AZ: Herr Hoeneß, Sie haben gesungen. Oder etwa nicht? Ein schönes Ständchen für Ihren Trainer Jürgen Klinsmann, der auf dem elfstündigen Flug von München nach Tokio seinen Geburtstag gefeiert hat?
ULI HOENESS: Nein, wir haben doch alle geschlafen. Außerdem wussten wir ja gar nicht, wann Jürgen aufgrund der Zeitverschiebung dann wirklich ein Jahr älter geworden ist. Wir haben später bei einem schönen Abendessen in Downtown Tokio ganz in Ruhe angestoßen – und dann auch gesungen.
Auf das erste Klinsmann-Jahr als Trainer beim FC Bayern. Sind Sie so richtig entspannt? Gänzlich aufgeräumt und zuversichtlich?
Der Flug hat mir nichts ausgemacht, ich bin fit und ausgeruht. Mir geht’s richtig gut derzeit.
Gut, das ist die eine Seite. Auch mit Blick auf die Saison, auf diese mehrmonatige Reise ins Ungewisse?
Ich bin ziemlich ruhig. Es kann natürlich zu Beginn der Saison ein wenig holprig laufen, weil die Spieler durch die EM einen unterschiedlichen Start in die Vorbereitung hatten und weil wir einige Verletzte haben – aber, was ich seit vier Wochen im Training sehe, stimmt mich sehr zuversichtlich.
Mit allen Risiken und Nebenwirkungen? Jürgen Klinsmann ist ja gerade dabei, den „Laden Säbener Straße“ nicht nur sprichwörtlich auseinanderzunehmen. Aus einem Trainingsgelände wurde ein Leistungszentrum.
Jürgen hat von uns große Freiheiten bekommen, seine Ideen umzusetzen. Natürlich haben wir vom Vorstand ein Wort mitgeredet, vor allem der Karl Hopfner (der Finanzvorstand, d.Red.), der das alles bezahlen muss (lacht).
Gefällt Ihnen denn die neue Innenausstattung?
Das ist alles modern und zeitgemäß, dazu sehr praktisch. Die jungen Leute sollen sich wohl fühlen und das tun sie auch. Das ist Sinn und Zweck.
Und die Buddha-Figuren wachen über alle Aktivitäten im Hause.
Ach, diese Buddhas! Das ist doch nur eine Zierde, Schmuckstücke sind das. Ja glauben Sie denn, wir wollen eine neue Glaubensrichtung beim FC Bayern einführen? Keinesfalls. Aber wir haben tatsächlich Briefe bekommen mit dem Vorwurf, wir würden versuchen, die Spieler einem anderen Glauben näherzubringen. Es gab Leute, die haben sich um die Christlichkeit beim FC Bayern Sorgen gemacht – da waren auch ein paar Pfarrer dabei, aber die konnten wir mit unseren Antworten beruhigen. Alles bestens. Alles entspannt.
Alles im Sinne der Buddhas. Es wirkt so, als ruhten Sie momentan in sich, Herr Hoeneß. Das schafft Raum für Neues. Haben Sie schon darüber nachgedacht, sich für einen der Sprachkurse anzumelden?
Ich kann relativ gut Englisch, etwas Französisch. Das ist schon okay.
Darf’s vielleicht ein PC-Kurs sein? Sie gelten ja – pardon – als Mail-Muffel.
Ich bevorzuge immer noch das direkte Gespräch, von Angesicht zu Angesicht oder am Telefon. Meine Frau und meine Kinder sind in diesen Computerdingen ganz firm. Ich hätte kein Problem, mich nun mehr damit auseinanderzusetzen. Ich habe schon einen PC zu Hause, nur befürchte ich immer: Wenn ich ständig meine 200 oder wie viele Mails auch immer abrufe, habe ich ein Problem. Ich habe keine Zeit mehr zu arbeiten.
Also muss ein PC in Ihr Büro an der Säbener Straße.
Da werde ich bald einen haben, ja.
Eine Revolution!
Warum denn? Ich habe noch nie in meinem Leben etwas abgelehnt, was mir vernünftig erschien und mich auch nicht dem Neuen gegenüber verschlossen. Wir im Vorstand sind doch keine alten Säcke, keine Idioten, die sich nichts mehr sagen und beibringen lassen wollen. Nein, nein. Außerdem ist doch klar, dass wir Jürgens Ideen goutieren. Schließlich bezahlen wir das Ganze ja.
Das klingt so fatalistisch.
Es geht doch darum: Als wir über Jürgen Klinsmann nachgedacht haben, war uns allen klar: Entweder ganz oder gar nicht. Dazwischen gibt’s nichts. Entweder man verpflichtet den Jürgen mitsamt seinen Plänen und seiner Philosophie – oder man lässt es gleich bleiben. Wir wissen aber auch: Das alles schießt keine Tore. Es führen verschiedene Wege nach Rom. Das ist ein Weg, ein neuer Weg. Wir wollten die alten, eingefahrenen Wege verlassen.
Interview: Patrick Strasser